Ein neunjähriges Mädchen wird in Liberia aufgrund eines Ebola-Verdachts zu einer Untersuchung gebracht.
Foto: AP/Jerome Delay

Menschen auf dem afrikanischen Kontinent haben inzwischen ein deutlich erhöhtes Risiko, sich mit tierischen Krankheitserregern zu infizieren. In den vergangenen zehn Jahren hätten Tier-Mensch-Infektionen im Vergleich zur vorherigen Dekade (2001 bis 2011) um 63 Prozent zugenommen, teilte das Afrika-Büro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) am Donnerstag in Brazzaville mit. 2019 und 2020 gab es den Angaben zufolge einen besonders steilen Anstieg dieser sogenannten Zoonosen.

Hinter dieser Entwicklung stand laut WHO vor allem das Ebolavirus, das immer wieder von Tieren auf den Menschen übertragen wird. Weitere Infektionen wurden etwa durch die Pest ausgelöst oder durch das Dengue-Virus, das von Mücken übertragen wird.

Anstieg bei Affenpocken-Infektionen

Affenpocken-Infektionen nahmen laut WHO seit vergangenem April im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zu, vor allem in Nigeria und der Demokratischen Republik Kongo. Es werden zwar inzwischen auch deshalb mehr Fälle entdeckt, weil mehr getestet wird, jedoch verzeichnete Afrika schon 2020 die bis dahin höchsten monatlichen Fallzahlen bei Affenpocken.

In einigen Ländern Afrikas nahmen die Infektionen mit Affenpocken deutlich zu. Es wurde allerdings auch mehr getestet.
Foto: Apa/Männel

Dass sich Menschen in Afrika vermehrt mit ursprünglich in Tieren beheimateten Erregern anstecken, führt die WHO vor allem auf den steigenden Konsum tierischer Produkte wie Fleisch, Milch und Eier zurück. Außerdem wohnten Menschen inzwischen immer öfter in der Nähe von Wildtiergebieten, da Städte wegen des schnellen Bevölkerungswachstums größer würden. Dazu stiegen die Kontakte zwischen Menschen in Städten und auf dem Land, da das Reisen inzwischen durch bessere Straßen in vielen Gegenden einfacher geworden sei. WHO-Afrika-Direktorin Matshidiso Moeti warnte, ohne geeignete Gegenmaßnahmen könne Afrika zu einem Hotspot für Tier-Mensch-Übertragungen von Krankheiten werden.

Wildtiermarkt in Wuhan

Durch die Corona-Pandemie rückten Zoonosen verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit: Auch das Virus Sars-CoV-2 ist von Tieren auf den Menschen übergesprungen – vermutlich im Wildtiermarkt von Wuhan. Wahrscheinlicher wird die Entstehung von Zoonosen durch die vielfachen Eingriffe des Menschen in die Biosphäre. So werden beispielsweise durch Waldrodungen Lebensräume zerstört oder verlieren an Qualität. Tiere, die davon betroffen sind, werden anfälliger für Krankheiten. Gleichzeitig erschließen sie Lebensräume, die immer näher an der menschlichen Zivilisation liegen.

Die Lyme-Borreliose ist das Lehrbuchbeispiel dafür, wie eine Infektionskrankheit durch Waldzerstörung verursacht wurde.
Foto: Apa/dpa/Weißbrod

Fachleute gehen davon aus, dass rund 30 Prozent der Infektionskrankheiten auf Landnutzungsänderungen wie die Abholzung von Regenwald zurückgehen. Das Lehrbuchbeispiel einer durch Waldzerstörung befeuerten Infektionskrankheit ist die Lyme-Borreliose. Wie Wissenschafterinnen und Wissenschafter zeigen konnten, war es die Abholzung und Fragmentierung von Wäldern an der US-Ostküste, die dazu führte, dass sich kleine Nagetiere mangels Fressfeinden verstärkt ausbreiten konnten. Diese fungierten als Wirte der Lyme-Erreger, die über Zecken auf Menschen übertragen werden. Die Folge: Die Lyme-Borreliose nahm infolge der Abholzung zu. Ein weiteres gut dokumentiertes Beispiel ist die Zunahme von Malaria um knapp 50 Prozent durch die Abholzung des Amazonas-Regenwalds. (red, APA, 15.7.2022)