Die iranische Führung lässt zahlreiche unliebsame Personen verhaften.

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Während der Iran das große Thema bei der Nahost-Reise von US-Präsident Joe Biden ist, steht das Land selbst unter dem Eindruck einer Verhaftungswelle. Zuerst traf es die auch im Ausland bekannten Filmemacher und Regisseure Jafar Panahi, Mohammad Rasoulof und Mostafa Aleahmad, sie sollen gegen die Islamische Republik agitiert haben. Kurz danach erlitten mehrere Frauen das gleiche Schicksal, sie waren öffentlich gegen das Tragen des Kopftuchs (Hijab) aufgetreten und wurden verhaftet.

Immer wieder kommt es zu Protesten gegen die obligatorische Kopfbedeckung. In Städten wie Teheran gehen viele Frauen einfach ohne Hijab auf die Straße, trotz Ermahnungen und Festnahmen ist diese Form von zivilem Ungehorsam nicht mehr kontrollierbar. Und genau an dem Tag, den die Regierung ausgewählt hatte, um Propaganda für die islamische Verhüllung der weiblichen Haare zu machen, nahmen viele Frauen das Kopftuch ab und veröffentlichten ihre Bilder in den Sozialen Medien.

Das ist nicht die einzige Front. Inzwischen verstärkt die Regierung auch den Druck auf Familienmitglieder von vor 34 Jahren – 1988, zu Ende des Iran-Irak-Kriegs – hingerichteten Gefangenen. Mehrere Tausend Menschen wurden damals unter dem Vorwand, die Islamische Republik angegriffen zu haben, ohne Gerichtsverhandlung exekutiert. Im dafür verantwortlichen Komitee saß unter anderem auch Ebrahim Raisi, der derzeitige Präsident.

Verurteilung in Schweden

Am Donnerstag hat ein schwedisches Gericht einen Iraner wegen seiner Beteiligung an diesen Hinrichtungen zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Das Urteil ist ein starkes Signal, es könnte die Justiz auch anderer Staaten ermutigten, vergangene iranische Regimeverbrechen aufzugreifen.

Durch das Vorgehen gegen Frauen will die Regierung wohl von der wachsenden sozialen Unzufriedenheit ablenken, aber es gelingt ihr nicht. Gegen die steigende Inflation und den Verfall der Währung hat sie keine Lösung. Die Proteste zahlreicher Berufsgruppen – Lehrerinnen, Arbeiter, aber auch Pensionisten und Pensionistinnen – verlagern sich dabei immer mehr in die Sozialen Medien.

Mit wenig Interesse wird der kommende Präsidentengipfel am Dienstag aufgenommen, auch von den Medien, mit Ausnahme der konservativen Zeitung "Keyhan". Die Präsidenten Russlands und der Türkei, Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdoğan, kommen nach Teheran. Die Iraner und Iranerinnen haben andere Sorgen. (red, 15.7.2022)