Heimaturlaub am Wörthersee
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Urlaubsreise schon geplant? Oder nicht? Was? Jetzt, Mitte Juli, immer noch nicht? Entspannen Sie sich. Es gibt auch Gründe, das Reisen bleiben zu lassen. Gute, philosophisch untermauerte Gründe.

Arthur Schopenhauer weist in seinen Aphorismen zur Lebensweisheit darauf hin, dass das menschliche Erleben des Genusses neben der objektiven Komponente (dem Genussobjekt) stets auch eine subjektive, individuelle Seite aufweist, die Schopenhauer für die ungleich wichtigere hält.

Er lobt den englischen Ausdruck "to enjoy one’s self", mit dem man "zum Beispiel sagt ,he enjoys himself at Paris‘, also nicht ,er genießt Paris‘, sondern ,er genießt sich in Paris‘." Und fügt hinzu: "Ist nun aber die Individualität von schlechter Beschaffenheit, so sind alle Genüsse wie köstliche Weine in einem mit Galle tingirten (hier: befeuchteten, win) Munde."

Ein interessanter Gedanke! Besonders für alle Naturgrantigen, Miesepeter, Schwarzseherinnen und sonst wie Dysphorischen, weil sie davon ausgehen können, dass sie sich in Paris ebenso anöden werden wie in Wien, der Wachau oder Wulkaprodersdorf. Warum also verreisen? Sich ansaufen oder ein paar Valium einwerfen kann man in Österreich genauso gut.

Eine verwandte Einsicht verdanken wir dem frankorumänischen Denker Emil Cioran, der darauf hinweist, dass Menschen notorisch daran scheitern, das Staunen, das einem Weltwunder und sonstige Sehenswürdigkeiten quasi brachial abnötigen, zeit- und pflichtgemäß zu empfinden.

Man fährt nach Indien, um den Taj Mahal anzuschauen, und kaum steht man vor dem Taj Mahal, merkt man, dass einem der Taj Mahal so wurscht ist wie lang. Der Bewunderungszwang überfordert einen schlicht, oder es gibt irgendwelche anderen Gründe, warum einem der Taj Mahal hinten vorbeigeht (Analoges gilt natürlich auch für die Niagarafälle, das Kolosseum, die Golden Gate Bridge oder das Goldene Dachl).

Ein weiterer starker Anreiz, auf das Reisen zu verzichten! Dabei haben wir von der Pandemie, den irren Kosten, dem schweinischen ökologischen Fußabdruck und dem 150-Kilo-Passagier mit dem Mundgeruch, der möglicherweise im Flugzeug neben einem zu sitzen kommt, noch gar nicht gesprochen. Es muss nicht Paris, San Francisco oder Dubai sein. Balkonien ist ein Reiseziel, dessen Charme oft unterschätzt wird. (17.7.2022)