"Sorgen Sie dafür, dass meine Entscheidung richtig war." – Ja, auch ein Macher braucht andere, die "ins Tun kommen". Und das kommt spätestens bei der Umsetzung voll zum Tragen. Selbst eine goldrichtige Entscheidung kann in der Implementierung zu Schrott werden. Ein Beispiel bieten M&A-Prozesse (Mergers & Acquisitions), die verbreitetste Wachstumsstrategie.

Im Jahr 2019 wurde in Europa dabei mit ca. 991 Mrd. US-Dollar jongliert. Kolportiert wird, dass mehr als 70 Prozent der Fusionen erfolglos verlaufen. Fundierte Analysen sind schwierig, weil Anfang und Ende der Aktionen nicht scharf abzugrenzen sind und Erfolgskriterien eine Frage der Sichtweise sind. Oft wird schon der Kauf vergeigt, meist wird der nachfolgende Integrationsprozess der Firmen zu wenig wichtig genommen. Soft Facts (wie Betriebsklima, Führungsstil etc.) und der Zusammenprall unterschiedlicher Kulturen sind übliche Hürden.

Dass die lästige Umsetzung als Schwanz mit dem Hund wedelt, zeigen auch große IT-Projekte: Zeit- und Kostenüberschreitungen und teure Serviceverträge sind üblich. Die Softwareentscheidung des Bundesheers ist ein Beispiel für so ein "Millionengrab". Unvernünftig sind jedenfalls Entscheidungen, die getroffen werden, ohne sich mit Vorstellungen zu belasten, wie man sie umsetzen könnte: Die Kassenreform führt nicht zur versprochenen "Patientenmilliarde", sondern zu einem Mehraufwand. Die Umsetzung der digitalen Bildung krankt auch an zu wenig Laptops in Schulen. Das "Kaufhaus Österreich" ist ein bekannter Fall; auch das könnte aus Schilda stammen.

Dass der Fokus des Managements vor allem nach außen gerichtet ist, wird ein Grund sein, warum die Implementierung von Entscheidungen oft nur als lästige Hürde angesehen wird.
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Interne Bedingungen

Doch so beliebt Listen sogenannter "Erfolgsfaktoren" sind, sie helfen wenig. Vorrangig für einen möglichen Erfolg ist die Konzentration auf drei Bedingungen:

  • Störungen der globalen Lieferketten zeigen, wie rasch die Versorgung mit wichtigen Ressourcen ins Schleudern kommen kann. Der Mangel an erfolgskritischen Mitteln oder fehlende Zugangsmöglichkeiten bringen jedes Projekt in Schwierigkeiten. Das betrifft nicht nur handfeste Dinge, wie z.B. Kohle für das Kraftwerk Mellach. Wichtige Kapitalien sind auch Informationen und die Kompetenz, die Lage angemessen einschätzen zu können.
  • Beziehungsnetze werden durch die Herkunft, Vereinszugehörigkeiten und in Arbeitsverhältnissen geknüpft. In Organisationen drücken sie sich in Kommunikationswegen aus, in Trampelpfaden und inoffiziellen Netzen sowie in Kontaktmustern mit der Außenwelt. Daher sind Stakeholder-Analysen ein Muss. Aber man sollte auch wissen, wer in welchem Netzwerk welche Position hat, wer Zugang zu wichtigen anderen (Befürwortern und Gegnern) hat, zu Informationen etc. Beziehungen sind wichtig und unerlässlich, haben aber auch Schattenseiten: Bei klandestinen Vorhaben oder in angstbesetzten Situationen sind Vertrauen und Abhängigkeit die Kriterien für eine Mitgliedschaft, nicht Kompetenzen. Kartellbildungen sind ein Musterbeispiel.
  • Entscheiden erfordert Macht. Wer hat Macht, um das Verhalten anderer zu beeinflussen, einen politischen Prozess in Gang zu setzen? Wer kann für seine Entscheidungen andere verantwortlich machen? Jemand, der dank anderer eine starke Position in Beziehungsnetzen hat, über wichtige Kompetenzen verfügt, Ressourcen verteilen und verweigern kann. Die aktuelle Lage in Europa ruft noch einen anderen Aspekt überdeutlich in Erinnerung: Macht hat, wer anderen Sicherheit bietet oder Ungewissheit ausnützen und erzeugen kann.

Ressourcen, Beziehungen und Machtverteilung stecken den Rahmen für jede Entscheidung und ihre Umsetzung ab. Diese internen Bedingungen können zwar das Scheitern verhindern, nicht aber den Erfolg garantieren. Der Erfolg zeigt sich auf Märkten, in Aktienkursen, bei Wählerinnen oder Bürgern, also in der Außenwelt. Konzentriert man sich nur auf eine Seite, verliert man die andere aus den Augen. Dass der Fokus des Managements vor allem nach außen gerichtet ist, wird ein Grund sein, warum die Implementierung von Entscheidungen oft nur als lästige Hürde angesehen wird. (Stefan Titscher, 19.7.2022)