Weißhaidinger will sich nicht aus der Ruhe bringen lassen.

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Bescheidene Unterkunft für die Athleten.

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Hier spielt es sich ab: das Hayward Field Stadium in Eugene.

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Eugene/Wien – Klein, aber oho! Das meint garantiert nicht Lukas Weißhaidinger, bei dem sich 150 Kilogramm auf 197 Zentimeter verteilen. Sehr wohl klein ist aber das österreichische Team, das Weißhaidinger bei der Leichtathletik-WM in Eugene, Oregon, anführt. Am Wochenende heben die Titelkämpfe an, und neben dem Diskuswerfer, der die Medaillenhoffnungen trägt, sind die Speerwerferin Victoria Hudson und die 400-m-Läuferin Susanne Walli in den amerikanischen Westen gereist. Ein Trio, das ist beinah WM-Tiefstand, nur in Moskau 2013 war Österreich schlechter vertreten, mit einem Duo.

Müssten da nicht die Alarmglocken schrillen? "Nein, müssen sie nicht", sagt Sonja Spendelhofer, die Präsidentin des Leichtathletikverbands (ÖLV), und erklärt, wie das Rumpfteam zustande kam. "Es ist Corona-bedingt ein spezielles Jahr", sagt die ehemalige Kugelstoßerin. "Schon in wenigen Wochen steigt mit der EM in München der nächste Höhepunkt, das gibt es in anderen Saisonen nicht." Etwa im Marathon sind zwei Starts in derart kurzer Abfolge undenkbar, da liegt eine Reise zur EM (ab 15. August) nach München näher als eine Reise nach Oregon. Zudem winkt bei einer EM klarerweise von vornherein ein besseres Resultat.

WM ohne Dadic, Mayr und Lagger

Nicht zuletzt darauf führt sich auch zurück, dass Österreich bei der WM keine einzige Mehrkämpferin am Start hat. Kürzlich sagte Ivona Dadic ab, deren Formaufbau sich wegen kleinerer Blessuren immer wieder verzögert hatte. "Sie ist recht gut drauf", sagt Spendelhofer, "aber nicht so gut, dass sie in allen sieben Disziplinen ihre Topleistung abrufen könnte."

Eine Medaille ist da außer Reichweite, ein Top-Ten-Platz könnte sich ausgehen oder auch nicht. Eine WM-Teilnahme würde Dadic jedenfalls einige Wochen ihrer EM-Vorbereitung kosten, zudem birgt jeder Wettkampf ein gewisses Verletzungsrisiko. "Bei der EM will ich mein altes Ich zeigen", sagt Dadic, die 2017 WM-Sechste und Hallen-EM-Zweite sowie 2018 Hallen-WM-Zweite war.

Auch Verena Mayr, die WM-Dritte 2019, wäre qualifiziert gewesen, doch sie wird seit einem Jahr von Oberschenkelproblemen gebremst und muss versuchen, diese bis zur EM in den Griff zu bekommen. Noch schlimmer hat es die dritte heimische Weltklasse-Mehrkämpferin Sarah Lagger erwischt, die mit einem Knochenmarksödem im Lendenwirbelbereich für die gesamte Freiluftsaison ausfällt.

"Wir werden auch wieder größere Teams haben", ist ÖLV-Präsidentin Spendelhofer überzeugt. Bei der EM ist auch mit Sprinter Markus Fuchs zu rechnen, der sich heuer dem Uraltrekord von Andreas Berger (10,15) schon auf zwei Hundertstel näherte und mit etwas Windunterstützung (2,4 m/s statt erlaubter 2,0) sogar auf sensationelle 10,09 Sekunden kam. Eine WM-Teilnahme lag für Fuchs dennoch weit weg, das internationale Limit war mit 10,05 festgesetzt.

Arge Umstände

In Eugene tritt Weißhaidinger, der bei Olympischen Spielen, WM und EM je einmal Bronze gewann, am Sonntag (Ortszeit) erstmals an. Im Finale am Dienstag wird ein Gerangel um die Medaillen erwartet. Weißhaidinger will fokussiert bleiben, trotz äußerer Umstände, die seinen Trainer Gregor Högler auf die Palme brachten. "Es ist bei jedem Kontinentalcup besser." Die Zimmer, jene des US-Teams ausgenommen, sind trotz Außentemperaturen um dreißig Grad nicht klimatisiert. Als Högler noch feststellen musste, dass das Trinkwasser im Stadion aus einem Schlauch kommt, der in der Sonne liegt, da schrillten sie dann doch noch, die Alarmglocken. "Ich habe mir nicht gedacht", sagt Högler, "dass es so arg ist." (Fritz Neumann, 15.7.2022)