US-Präsident Joe Biden (links) bekräftigte beim Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (rechts) seine Sicht, dass an einer Zweistaatenlösung nichts vorbeiführe.

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Mit einem Loblied auf den Krankenpflegeberuf begann US-Präsident Joe Biden sein Freitagsprogramm in Ostjerusalem. Er besuchte das Augusta-Viktoria-Spital, das für die Krankenversorgung der Palästinenserinnen und Palästinenser in Ostjerusalem, dem Westjordanland und – im Fall einer Einreiseerlaubnis – in Gaza eine wichtige Rolle spielt. Das Spital leidet unter finanziellen Engpässen. Biden sagte dem Krankenhaus und fünf anderen Spitälern in Ostjerusalem zusätzliche 100 Milliarden Dollar zu.

Er selbst habe erfahren, dass es Krankenpflegerinnen waren, die ihm und seinen Angehörigen in Zeiten schwerer Krankheit "wieder Mut zum Leben machten", sagte Biden, und er holte zu einem Exkurs in seine persönliche Krankengeschichte aus. Nach der Rede lud er die Anwesenden dazu ein, ihm Fragen zu stellen, sofern es keine politischen Fragen seien. Das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Besuch in Ostjerualem hochpolitisch war. Die US-Delegation verweigerte Israelis die Eskorte, kein israelischer Beamter durfte dabei sein, auch israelische Flaggen wurden von den Autos des Konvois entfernt. "Die Israelis sind wütend", protestierten Anhänger des rechtskonservativen Parteiführers Benjamin Netanjahu: Ostjerusalem wurde von Israel annektiert, es wird als offizielle Hauptstadt betrachtet – seit Donald Trump sehen das eigentlich auch die Vereinigten Staaten so.

Nach dem Krankenhausbesuch traf Biden mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammen. Biden bekräftigte seine Sicht, dass an einer Zweistaatenlösung nichts vorbeiführe. Abbas wiederum machte die Anerkennung eines Staates Palästina zur Bedingung für Frieden. Anders als bei der Pressekonferenz in Israel war bei der Pressekonferenz in Betlehem kein Raum für Fragen der Presse.

Aktion für getötete Journalistin

Die anwesenden palästinensischen Medienvertreter machten aber auch ohne Worte klar, welche Frage sie an den Präsidenten richten wollten. Sie traten mit schwarzen T-Shirts auf, bedruckt mit dem Porträt der getöteten Journalistin Shirin Abu Akleh. Die berühmte Fernsehreporterin des Senders Al-Jazeera war am 11. Mai am Rande eines Einsatzes der israelischen Armee in Jenin durch einen Kopfschuss getötet worden. Abu Akleh war Palästinenserin mit US-Staatsbürgerschaft, die USA hatten Israel nach dem Zwischenfall zu einer gründlichen Untersuchung aufgefordert. Palästinenserinnen und Palästinenser werfen Washington vor, nicht genügend Druck auf Israel ausgeübt, sondern die offizielle Erklärung akzeptiert zu haben, wonach nicht einwandfrei geklärt werden konnte, ob Abu Akleh durch israelisches Feuer starb.

Die Journalistinnen und Journalisten ließen bei Bidens Pressekonferenz einen Sessel frei. Darauf stellten sie ein großes Porträtbild von Shirin Abu Akleh. Auch Mahmud Abbas brachte die Causa zur Sprache. "Ihr Tod ist ein großer Verlust", sagte der Präsident. Er forderte die Vereinigten Staaten auf, eine unabhängige Untersuchung der Todesumstände einzuleiten.

Ein Sessel wurde bei Bidens Pressekonferenz für die getötete Journalistin Shirin Abu Akleh freigelassen.
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Biden sagte zu, dass die USA "auf eine volle und transparente Abrechnung" mit der Erschießung von Shirin Abu Akleh bestehen würden – wobei ihm die Aussprache des Namens der prominenten Journalistin einige Schwierigkeiten bereitete.

Luftraum geöffnet

Noch vor seiner Weiterreise nach Jeddah bestätigten US-Quellen israelischen Medien zwei Ergebnisse der amerikanischen Vermittlung mit Saudi-Arabien. Der saudische Luftraum wird für israelische Flüge geöffnet. Das verkürzt nicht nur Flugrouten israelischer Flugzeuge in Richtung Osten, sondern ermöglicht muslimischen Israelis auch, die heiligen Stätten in Mekka und Medina zu besuchen und an der Hajj teilzunehmen.

Zudem werden zwei Inseln im Roten Meer von Ägypten an Saudi-Arabien transferiert. Der Transfer war seit längerem geplant, aber bislang an der Einigung Israels mit Saudi-Arabien gescheitert. (Maria Sterkl aus Jerusalem, 15.7.2022)