Der chinesische Smartphonehersteller Vivo – das mittlerweile eigenständige Unternehmen gehörte einst zum Elektronikriesen BBK Electronics – ist auf Expansionskurs. Im letzten Jahr hat man eine Reihe neuer Märkte erschlossen, darunter auch Österreich, wo man als erstes Highendgerät das x60 Pro einführte. Die x70-Reihe übersprang man allerdings in vielen Ländern. Das vor kurzem erschienene Flaggschiff für Frühjahr und Sommer hat es aber in unsere Breitengrade geschafft.

Es ist das Vivo x80 Pro, für das man eine Kooperation mit dem deutschen Optikspezialisten Zeiss eingegangen ist. Ein Umstand, den man auf dem auffällig gestalteten Kameramodul sehr deutlich zur Geltung bringt. Neben schönen Fotos und Videos soll das Handy natürlich auch in diversen anderen Bereichen glänzen. Ob es das tut, hat DER STANDARD in diesem Test herausgefunden.

Basics

Das Vivo x80 Pro zeigt sich in einem 164,6 x 75,3 x 9,1 mm großen Gehäuse aus Glas und Metall. Auf Höhe des Kameramodus darf man rund zwei Millimeter zur Dicke hinzurechnen, denn dieses steht deutlich hervor. Das Handy wiegt 215 Gramm.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Die Rückseite weist einen "aufgerauhten" Look auf und ist praktisch immun gegen Fingerabdrücke, was man vom großen, verglasten Kameramodul allerdings nicht behaupten kann. Sie ist aber dennoch recht rutschig, weswegen sich das Anlegen des beigelegten Schutzcovers in Faux-Leder-Optik oder einer anderen Hülle empfiehlt. Da es sich um ein recht großes Smartphone handelt, ist einhändige Bedienung selten eine Option. Die Ein/Aus-Taste ist noch gut erreichbar, die Lautstärkewippe erfordert bei kleineren Händen etwas Fingerakrobatik. Das Gehäuse hat ein IP68-Rating, womit das Innenleben des Telefons wenigstens 30 Minuten bei einer Süßwassertiefe von 1,5 Meter abgesichert sein sollte.

Die Vorderseite dominiert ein seitlich gekrümmtes 6,8-Zoll-Display. Es handelt sich um ein AMOLED-Panel mit Unterstützung für adaptive Bildwiederholrate bis 120 Hz und HDR10+. Als maximale Helligkeit nennt der Hersteller 1.500 nit. In der Praxis macht es eine gute Figur. Die Farben sind intensiv, ohne zu knallig zu werden und in Sachen Kontraste ist der Bildschirm auch über alle Zweifel erhaben. Die nominelle Auflösung liegt bei 3.200 x 1.440 Pixel. Diese muss man, wenn man sie nutzen will, aber manuell einschalten. Vorkonfiguriert ist der Bildschirm auf 2.400 x 1.080 Pixel.

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Beim Prozessor setzt Vivo hier auf einen Qualcomm Snapdragon 8 Gen1, also das derzeitige Spitzenprodukt der US-Chipschmiede, wenn es um Mobilgeräte geht. Dazu gibt es, je nach Modell, 8 bis 12 GB Arbeitsspeicher und 256 bis 512 Datenspeicher. Außerdem können bei Bedarf bis zu 4 GB des normalen Flashspeichers als Auslagerungsraum für den Arbeitsspeicher reserviert werden. Das getestete Gerät bietet eine Speicherkombination von 256/12 GB. Dies ist auch die einzige Konfiguration, in der das Vivo x80 Pro hierzulande angeboten wird.

In Sachen Konnektivität befindet sich das Handy auf dem aktuellen Stand. Es unterstützt 5G, Wifi 6 (802.11ax), Bluetooth 5.2 und NFC. Eingelegt werden können zwei nanoSIM-Karten, eine Speichererweiterung per microSD-Karte ist allerdings nicht vorgesehen. Die Kabelanbindung läuft über einen USB-C-Port (USB 3.1). Dazu kommt auch noch ein Infrarot-Transceiver für die Nutzung als Fernbedienung. Kopfhörer und Lautsprecher muss man entweder per Bluetooth oder mittels passenden Adapters an dem Smartphone anhängen, denn eine 3,5-mm-Klinkenbuchse gibt es nicht.

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Heimliches Killerfeature

Was es allerdings gibt, ist ein Ultraschall-Fingerabdrucksensor neuer Generation unter dem Bildschirm. Vivo spricht von einem "3D-Ultraschall"-Verfahren, das die Abdeckung eines größeren Bereichs ermöglicht. Inwiefern sich der Scan vom "herkömmlichen" ultraschallbasiertem Fingerscan unterscheidet, den es auf Handys seit circa drei Jahren gibt, ließ sich nicht eruieren. Sehr wohl aber die Tatsache, dass der Erfassungsbereich deutlich größer ist, als man es üblicherweise kennt. Er belegt zumindest das Vier- bis Fünffache an Platz im Vergleich zu anderen Smartphones.

In Kombination mit flotter Erkennung macht ihn das zum heimlichen Highlight des x80 Pro. Denn auch wenn es vordergründig vielleicht nicht besonders wichtig ist, sind die Erlebnisse mit anderen Fingerabdruckscannern mitunter recht frustrierend. Das Handy "blind" zu entsperren ist auf diesen oft eine Geduldsübung, auf Vivos neuem Spitzengerät aber fast immer ohne Probleme möglich. Und das, ohne dass man die Fingerkuppe bei der Einrichtung ein Dutzend Mal auflegen muss. Hier dauert der Konfigurationsvorgang bloß ein paar Sekunden.

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In Sachen Performance scheint es beim Handy allerdings noch ein wenig Optimierungsbedarf zu geben. In Benchmarks landet es nämlich auf dem Niveau der Vorjahresflaggschiffe mit dem Snapdragon 888. Setzt man es mit Grafikbenchmarks länger unter Stress, kann es passieren, dass diese den Testlauf aufgrund zu starker (und außen deutlich spürbarer) Erwärmung abbrechen.

Synthetische Leistungswerte sind aber freilich nur eine Seite der Medaille. Im Alltag bekommt man von diesem Defizit nur etwas mit, wenn man leistungshungrige und grafisch aufwendigere Games spielt. Dreht man etwa die Einstellungen in "Diablo Immortal" hoch, erwärmt sich das Handy binnen fünf bis zehn Minuten sehr deutlich und unangenehm (sofern man keine Hülle verwendet). Leistungseinbußen in Form von Aussetzern oder sichtbaren Framerate-Einbrüchen sind allerdings nicht zu bemerken.

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Die Systemsoftware selber trägt den Namen "Funtouch OS" und basiert auf Android 12. In der Standardeinstellung halten sich die ästhetischen Eingriffe durch Vivo in Grenzen. Wer will, kann über die "Design"-App verschiedenste Aspekte des Systems anpassen. Dabei gibt es freilich auch vorgefertigte Themes mit Sperrbildschirmen, Hintergrundbildern und unterschiedlichen Icon-Stilen für Apps zur Auswahl. Der Katalog ist allerdings etwas buggy. Gibt man in die Suchleiste zwei bis drei Buchstaben ein, so wird das Ergebnis basierend darauf bereits aktualisiert. Dabei wird jedoch das Keyboard ausgeblendet und lässt sich auch mit erneutem Klicken ins Suchfeld nicht mehr einblenden.

Auch ein eigener Modus für Spiele fehlt nicht, der nicht nur das temporäre Deaktivieren von Pop-up-Benachrichtigungen beherrscht, sondern auch verspricht, die Ressourcen des Geräts so weit wie möglichst dem jeweils aktiven Game zuzuführen. Letzteres Versprechen scheint praktisch aber keinen relevanten Unterschied zu machen. Negativ anzumerken ist, dass mehrere Drittanbieter-Apps – etwa Tiktok, Linkedin oder Facebook – vorinstalliert sind. Diese lassen sich aber immerhin anstandslos deinstallieren.

Was Updateversprechen angeht, enttäuscht Vivo etwas. Für das Smartphone, für das die Preisempfehlung bei knapp 1.100 Euro liegt, sichert man Android-Versionsupdates und Sicherheitspatches über drei Jahre zu. So mancher Konkurrent ist hier deutlich ambitionierter.

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Kamera

Wie bei den meisten Smartphones ist natürlich auch beim Vivo x80 Pro die Kamera das erklärte Prunkstück. Immerhin hat man gleich vier verschiedene Sensoren ins Hauptmodul gesteckt. Für den Weitwinkel setzt man auf eine 50-MP-Kamera mit Phase-Detection- und Laser-Autofokus. Den Ultraweitwinkel übernimmt ein 48-MP-Modus. Hinzu kommen ein 12-MP-Telefoto-Modul für den zweifachen Zoom sowie eine 8-MP-Periskop-Kamera für die Fünffach-Zoomfunktion. Das Smartphone verfügt über optische Bildstabilisierung, wobei besonders die Telefotokamera durch einen miniaturisierten Gimbal-Mechanismus profitieren soll.

Damit realisiert werden etwa eine 360-Grad-Videostabilisierung, die es erlaubt, das Telefon zu rotieren, während die Aufnahme im ursprünglichen Blickwinkel mithilfe der Stabilisierung sowie "Softwaremagie" beibehalten wird. Im Alltag dürfte ein solches Feature zwar selten Verwendung finden, praktisch erweisen dürfte es sich aber für die Verwendung des Handys als Actionkamera. Ebenfalls dabei ist ein Modus für "cineastische" Aufnahmen, in denen das Smartphone versucht, durch dynamischen Fokuswechsel Filmatmosphäre zu erzeugen. Hier haben die Entwickler aber noch etwas Arbeit vor sich, immer wieder scheitert die Software hier an der Abgrenzung von Vorder- und Hintergrund.

Was Fotos betrifft, so leistet die Kamera sehr gute Arbeit, wobei der qualitative Output der vier Sensoren unterschiedlich zu bewerten ist. Die Aufnahmen der Ultraweitwinkelkamera sehen auf den ersten Blick hübsch aus, offenbaren aber bei genauerem Hinsehen leichte Probleme mit Kanten (chromatische Aberration) und ein seltsames, teils in gleichmäßigen Mustern auftretendes "Rauschen" in bestimmten Bereichen, wie etwa schattigen Teilen von Büschen. Auch feinere Wandstrukturen leiden mitunter, was darauf hindeutet, dass das Problem nicht nur am Sensor, sondern auch an offenbar zu aggressiv eingestelltem, softwareseitigem Postprocessing liegen dürfte. Sieht man sich die Aufnahmen unvergrößert auf dem Handy an, ist es leicht, diese Defizite zu übersehen. Auf einem PC-Monitor (im konkreten Fall 27 Zoll) bemerkt man sie mit freiem Auge.

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Die Weitwinkelkamera plagt sich zwar nicht mit Aberrationseffekten entlang von Kanten, ist aber auch von den Postprocessing-Problemen betroffen. Allerdings in geringerem Umfang. Sichtbar werden sie, wenn man etwa auf in die Ferne verlaufende Schienen zoomt, wo die Schwächen der Korrekturalgorithmen dann auffallen. Im Gegensatz zur Ultraweitkamera fallen diese Probleme auf einem großen Bildschirm aber erst erst auf, wenn man in die Problemstellen hineinzoomt.

Im Zweifach-Zoom mit der Telekamera fallen Fotos eine Spur unschärfer aus. Allerdings wirkt sich hier auch das Postprocessing kaum negativ aus. Der Fünffachvergrößerung per Periskop-Kamera merkt man vorwiegend die Limitationen der kleinen Optik an.

Diese Kritikpunkte sind freilich in Kontext zu stellen, denn sie ändern nichts an der Eingangsfeststellung, dass die Kamera insgesamt "sehr gut" funktioniert. Trotz der Probleme spielt das Vivo x80 Pro hier im Konzert der Kameragrößen wie Apple und Samsung mit, wenn auch nicht die erste Geige. Lobenswert ist die insgesamt hohe Detailtiefe und realistische Farbabbildung. Dazu ist die Farbgebung über die verschiedenen Kameras hinweg sehr konsistent, wenn man von der Telekamera absieht, die zu einer helleren Farbreproduktion neigt. Gegenlicht stellt für das Handy kaum ein Problem dar.

Auch in der Nacht gelingen gute Aufnahmen, die freilich ebenfalls nicht von den Defiziten des Postprocessings verschont bleiben. Bei dezidierten Nachtaufnahmen mit längerer Belichtung muss sich das Smartphone jedoch nicht vor der Konkurrenz verstecken.

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Die Frontkamera nutzt einen 32-MP-Weitwinkelsensor. Dessen Ergebnisse fallen in Sachen Farbgebung und Detail gut aus. Bei der Kantenerkennung zwecks Erzeugung von künstlichem Bokeh im Porträtmodus scheitert das System aber immer wieder an feineren Haarstrukturen oder anderen Elementen. Sowohl bei der Haupt- als auch bei der Selfiekamera gibt es jedenfalls Potenzial für Verbesserungen per Softwareupdates. Und gerade wenn es ums Postprocessing geht, könnten auch alternative Kamera-Apps – etwa eine auf das Gerät angepasste Portierung der Google Camera – Abhilfe schaffen.

Akustik und Akku

Was die Akustik betrifft, macht Vivos Flaggschiff eine insgesamt gute Figur. Die Stereolautsprecher des Handys sind ausreichend laut und liefern für ihre Geräteklasse sehr sauberen Klang. Defizite muss man, wie üblich, im Bass-Bereich hinnehmen. Die Sprachqualität bei Anrufen ist in beide Richtungen durchschnittlich. Sowohl man selbst als auch das Gegenüber klingen etwas dumpf, und es gibt geringe Verzerrungen. Es kommt aber auch bei Lärm auf Zimmerlautstärke nicht zu Verständnisproblemen. Die Unterdrückung von Hintergrundgeräuschen funktioniert solide.

Beim Akku setzt das x80 Pro auf eine Lithium-Polymer-Batterie mit 4.700 mAh Nennkapazität. Sofern man das Handy nicht am laufenden Band mit leistungshungrigen Spielen herausfordert, reicht das auch locker über den Tag mit Reserven, die auch den Großteil des Folgetags abdecken. Fast Charging mit bis zu 80 Watt per Kabel bzw. 50 Watt per Wireless Charging wird unterstützt. Ein passendes Ladeadapter liegt bei, eine kompatible Drahtlos-Ladestation muss jedoch separat zugekauft werden.

Versprochen wird, dass das Handy per Kabel binnen 38 Minuten von null auf vollen Ladestand gebracht werden kann. Im Test wurde dies mit etwas mehr als 40 Minuten nur knapp verfehlt.

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Fazit

Das Vivo x80 Pro ist durchaus eine Ansage an die in Österreich etabliertere Konkurrenz von Xiaomi bis Samsung und Apple. Muss es auch sein, denn mit einer Verkaufsempfehlung von fast 1.100 Euro versucht man sich offensichtlich nicht an einem Preiskampf. Bei der Performance gibt es trotz seltsamer Benchmarkergebnisse an und für sich keinen Grund zur Beschwerde, und die Kamera liefert sehr gute Fotos. Von einem Vorstoß auf Augenhöhe mit der Highendkonkurrenz wird sie eigentlich nur durch überagressives Postprocessing abgehalten.

Die Systemsoftware ist, von etwas Bloatware abgesehen, angenehm aufgeräumt. Einzig das etwas kurz geratene Updateversprechen von drei Jahren schmerzt etwas. Die Akkuleistung ist überzeugend, und mit dem flotten, zuverlässigen Fingerabdruckscanner mit dem großen Erkennungsareal hat man ein sehr feines Alleinstellungsmerkmal. (Georg Pichler, 18.7.2022)

Update: Vivo ist nach eigenen Angaben mittlerweile ein eigenständiges Unternehmen und nicht mehr im Besitz von BBK Electronics. Dies wurde berichtigt.

Testfotos

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Tageslicht
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Nacht, Frontkamera
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Nachtmodus
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Nachtmodus
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