Vernichten statt Wiederverwenden: Abnehmerinnen und Abnehmer für gespendete Impfdosen gäbe es laut Grüne derzeit kaum.

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Berlin – Wegen Überschreitung des Haltbarkeitsdatums muss in Deutschland mehr Corona-Impfstoff vernichtet werden als bisher befürchtet. Zwischen Dezember 2021 und Ende Juni 2022 sind 3,9 Millionen Dosen des Herstellers Moderna "auf unterschiedlichen Stufen der logistischen Lieferkette" verfallen, wie aus einer Antwort des deutschen Gesundheitsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage hervorgeht. In den Reihen von Koalition und Opposition stieß die Impfstoffvernichtung auf Kritik.

Im April war das Gesundheitsministerium nach Angaben des Redaktionsnetzwerks Deutschland noch davon ausgegangen, dass bis Ende Juni drei Millionen Dosen die Vernichtung drohe. Die Bundesregierung hat laut Ministerium im Zeitraum vom 1. Dezember 2021 bis Ende Juni 2022 insgesamt rund 134,3 Millionen Covid-19-Impfstoffdosen bestellt. Gespendet wurde davon nichts.

In der Antwort auf die parlamentarische Anfrage ließ das Gesundheitsministerium erkennen, dass die Zahl der verfallenen Dosen sogar noch höher liegen könnte: Informationen über den Verfall lägen dem Bund nur insoweit vor, wie diese von Apotheken und Ärztinnen und Ärzte an den pharmazeutischen Großhandel zurückgemeldet würden.

Keine sinnvolle Verwendung für Überschüsse

Die CSU zeigte sich "schockiert", dass erneut mehr Impfstoff als erwartet "im Müll landet". Angesichts der Vielzahl der Krisen müsse der Bund "wieder umsichtiger mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler umgehen", mahnte auch die Grüne Gesundheitspolitikerin Paula Piechotta. Das Bundesgesundheitsministerium müsse die Impfstoffe künftig "stärker an der tatsächlichen Nachfrage orientiert einkaufen", sagte die Bundestagsabgeordnete am Sonntag. Piechotta verwies darauf, dass derzeit "kaum ein Land mehr gespendeten Impfstoff abnimmt", weswegen es "keine sinnvolle Verwendung mehr für Überschüsse" gebe.

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken-Bundestagsfraktion, Kathrin Vogler, bezeichnete die abermalige Vernichtung von Millionen Impfstoffdosen als "weiteren Tiefpunkt der von organisatorischen und kommunikativen Fehlern geprägten Corona-Politik der Ampelkoalition".

Unter "Impfkampagne" verstehe Lauterbachs Ministerium "offenbar überwiegend die Beschaffung von möglichst vielen Impfstoffdosen", sagte Vogler zu AFP. Dabei komme es nicht darauf an, "möglichst viel Impfstoff zu besitzen, sondern möglichst viel davon zu verimpfen". (APA/AFP, 17.7.2022)