Das helle Licht von Kultur und Aufklärung: Nicht nur die Albertina in Wien profitierte von den Geldflüssen von Gazprombank und Sberbank.

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Die heimische Hochkultur als potenzielles Einfallstor für spendierfreudige Kreml-Jünger und Putin-Freundinnen: ein Dilemma, mit dem sich nicht nur die Salzburger Festspiele herumschlagen müssen, sondern nun auch der hiesige Kulturbetrieb. Auch deshalb, weil langjährige Sponsoren auf den sukzessive erweiterten Sanktionslisten landeten.

In welchem Ausmaß staatsnahe russische Unternehmen, Oligarchen oder russische Millionäre über die Jahre Gelder in den österreichischen Kunstbetrieb pumpten und wer zu welchem Anlass davon profitierte? Angaben darüber gibt es nicht. Sie schlummern in den Tiefen der für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Bilanzen der jährlich mit Steuermillionen subventionierten Häuser.

Ein Mangel an Transparenz, dem die Neos-Abgeordnete Julia Seidl Ende April mit einer parlamentarischen Anfrage beizukommen versuchte. Anlass gaben STANDARD-Berichte über die enge Verzahnung zwischen russischen Künstlerinnen und Künstlern, Geschäftsleuten sowie aktiven oder ehemaligen Politikern und Politikerinnen.

Nichts als Beobachter

Seit kurzem liegt die Beantwortung des Vizekanzlers und Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlicher Dienst und Sport (BMKÖS), Werner Kogler, vor. Darin wird der laufende, enge Austausch mit Entscheidungsträgern betont, und man beruft sich auf eine Art Beobachterrolle.

Geht es um konkrete Geldflüsse in staatliche Kulturbetriebe, liegt nun erstmals Zahlenmaterial für den Zeitraum vor Kriegsbeginn vor. Konkret für die Wiener Staatsoper, den KHM-Museumsverband und die Albertina, die als einzige Bundeskultureinrichtungen in der Vergangenheit zum Zug kamen. Im Falle der Staatsoper geht es um Spenden im Zusammenhang mit dem Opernball sowie um die für Karten und für Logen anfallenden Kosten. Der russische Ölkonzern Lukoil überwies dafür von 2012 bis inklusive vergangenen Jahres insgesamt etwas mehr als 400.000 Euro. Ein bereits für die Spielzeit 2022/23 bezahlter "Bene factor-Beitrag" von insgesamt knapp 65.000 Euro wurde rücküberwiesen, wie aus der Anfragebeantwortung hervorgeht.

Deutlich geringer als erwartet fällt die Bilanz des KHM-Museumsverbands mit rund 189.000 Euro aus, die russischen Geschäftsleute von 2018 bis 2022 für Fundraising-Dinners oder für Kooperationen spendierten. 33.700 Euro davon kamen von Dmitri Aksenow, jenem russischen Geschäftsmann, der in der Szene nicht nur als Eigentümer der Kunstmesse Vienna Contemporary bekannt ist, aus der er sich jüngst zurückgezogen hat. 2013 begründete er sowohl im Umfeld der Salzburger Festspiele als auch in der Albertina jeweils russische Fördervereine, über die in der Folge Gelder flossen. Der Albertina überwies er im Laufe der Jahre knapp 110.000 Euro.

Mit einem Gesamtvolumen von fast 1,7 Millionen Euro gehört das seit mehr als zwei Jahrzehnten von Klaus Albrecht Schröder geleitete Haus zu den mit Abstand größten Profiteuren russischer Sponsorentätigkeit. Von der Gazprombank flossen 2013 rund 212.000 Euro, von der Sberbank kamen im gleichen Jahr stolze 250.000 Euro für das Gastspiel der Albertina in der Eremitage Sankt Petersburg.

"Fachlich" zuständig

Den höchsten Einzelbetrag ließ mit 800.000 Euro ein gewisser Grigori Berjoskin für die Restaurierung der Prunkräume springen, bis 2021 weitere 88.000 Euro. Im Frühjahr landete der Vorstandsvorsitzende der russischen ESN Group auf der Sanktionsliste. Klaus Albrecht Schröder will den Geschäftsmann nur als Besitzer einer U-Bahn-Zeitung gekannt haben.

Details zu Geldflüssen an die Salzburger Festspiele, die von Bund, Land und Stadt sowie vom Tourismusförderungsfonds zuletzt fast 19 Millionen Euro bezogen, liegen bislang nicht vor. Das BMKÖS verweist hier nur auf eine "fachliche" Zuständigkeit. In dem 1950 verabschiedeten Festspielfondsgesetz liest sich das allerdings anders. Dort gehört die "Überprüfung und Überwachung der laufenden Gebarung", zu der auch der Abschluss von Subventionsverträgen gehört, zu den Aufgaben des Kuratoriums, in dem zwei vom Bund entsandte Mitglieder stimmberechtigt sind.

Julia Seidls vorläufiges Fazit: "Die Einflussnahme von 'Kreml-Freund:innen' im österreichischen Kulturbetrieb braucht in Zukunft viel mehr Kontrolle und Transparenz." Die angekündigten Richtlinien im Umgang mit Kultursponsoring sind ein erster Anfang. (Olga Kronsteiner, 18.7.2022)