1984 lebt, aber nicht ganz so, wie man es sich erwartet hätte. Der Report der Magd lebt auch. Mehr oder minder exakt so, wie man es sich vorgestellt hat. Kontrolle und Überwachung thematisieren freilich beide. Was diese doch so unterschiedlichen Pole verbindet: Sex.
In einem Fall erwünscht, um das rechtlose Gefäß namens Frau zu befüllen. Im anderen das genaue Gegenteil: Gedankenkontrolle will dort ansetzen, wo die Anarchie lauert – im menschlichen Gehirn, Schwerpunkt Lustzentrum. Wer begehrlich wird, womöglich leidenschaftlich, der ist nicht mehr so leicht gleichzuschalten.
Denkt man sich jedenfalls in China, wo man sicherheitshalber den Antipornohelm entwickelt hat. Wovon der Pornojäger Humer nur feucht träumte, dem dürfen nun Pornozensoren mithilfe von künstlicher Intelligenz nachgehen. Ein kleiner Stolperstein auf dem dornigen Weg dürfte die Tatsache sein, dass auch die Zensoren nur Zensiertes vorgeführt bekommen, um zu entscheiden, was gelöscht werden muss – schließlich ist in China Pornografie verboten.
Aber die Entwickler versichern, dass auch dies kein großes Hindernis auf dem Weg zur Gedankenkontrolle sei. Die Hände auf der Bettdecke waren gestern. Heute bohrt man gleich eine Liveschaltung ins Hirn. So oder so scheint der Ausweg aus der totalen Kontrolle nur Folgendes zu sein: autarkes Onanieren für die Freiheit. (Julya Rabinowich, 17.7.2022)