In Südwestfrankreich mussten tausende Menschen evakuiert werden. Eine wirkliche Entspannung der Lage ist nicht in Sicht.

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Heiß, heißer, Europa: In mehreren europäischen Ländern breiten sich derzeit Waldbrände aus. Während in Südwestfrankreich 14.000 Menschen evakuiert werden mussten, flohen zuletzt Touristen vor den Flammen im italienischen Bibione ins Wasser. Auch in Griechenland, Spanien, Portugal oder Kroatien kämpfen Einsatzkräfte gegen die Folgen der extremen Hitze und Dürre.

Höchste Hitzewarnstufe in Frankreich

In Frankreich wurde nun in mehreren Regionen die höchste Hitzewarnstufe ausgerufen. Der Höhepunkt soll dabei am Montag erreicht werden. Besonders betroffen sind die Altantikküste und der Westen des Landes. 40 Grad Celsius und mehr – damit liegen neue Temperaturrekorde im Bereich des Möglichen, prognostizierten Wetterdienste. Sogar von einer "Hitze-Apokalypse" ist die Rede.

Luftaufnahmen zeigen das Ausmaß der Brände in Frankreich.
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In Italien und Slowenien sind Brände im Karstgebiet ausgebrochen. Die Brände wurden von den Behörden Friauls als äußerst gefährlich eingestuft. 350 Hektar Wald wurden zwischen Italien und Slowenien zerstört. Hubschrauber und Feuerwehren seien zur Löschung der Flammen im Dauereinsatz.

Höchsttemperaturen Mitte der Woche in Österreich

In Österreich wird sich die Situation laut Prognosen bis Mitte der Woche verschärfen. Dann sind bis zu 37 Grad möglich. Noch sei die Lage dank des feuchten Juni nicht dramatisch, aber die Waldbrandgefahr werde in den kommenden Tagen ansteigen, sagte Mortimer Müller vom Institut für Waldbau der Universität für Bodenkultur. Relativ gesehen sei die Brandgefahr im Flachland Ostösterreichs am höchsten, da dort aber nur wenig Waldflächen zu finden sind, bedeute das eher eine hohe Flurbrandgefahr. "Der Alpenostrand in Niederösterreich mit seinen Schwarzkiefernbeständen ist derzeit am meisten durch Waldbrände gefährdet", sagte er.

Der wegen Trockenheit und Hitze gesunkene Donau-Pegelstand wirke sich auch noch nicht auf den Schiffsverkehr auf der österreichischen Donau aus, teilte die Österreichische Wasserstraßen-Gesellschaft Via Donau mit. "Die österreichische Donau werde derzeit insbesondere von den Alpenflüssen Inn, Traun und Enns gestützt", sagte Via-Donau-Sprecher Christoph Caspar. Der trockene Sommer wird für die Binnenschifffahrt auf der Donau in Bayern aber bereits zum Problem, und der Neusiedler See hat am Montag den tiefsten Wasserstand seit Beginn der Aufzeichnungen 1965 erreicht.

Spanischer Feuerwehrmann bei Einsatz gestorben

Deutlich prekärer ist die Situation in Spanien und Portugal, wo die Temperaturen seit Tagen die 40-Grad-Marke übersteigen. Am Donnerstag wurde mit 47 Grad in Portugal ein neuer Julirekord gemessen. Mehr als 20 Waldbrände, die in ganz Spanien verteilt sind, fordern sowohl die Einsatzkräfte als auch die Bewohnerinnen und Bewohner. Bei Losacio im Nordwesten Spaniens ist ein Feuerwehrmann bei einem Einsatz gestorben, teilten die Behörden in der Nacht auf Montag mit.

Während in Portugal in der Vorwoche um 238 mehr Tote als in den Vergleichszeiträumen der Vorjahre gezählt wurden, starben in Spanien seit vergangenem Sonntag 360 Menschen infolge der hohen Temperaturen, wie Medien mit Verweis auf die Gesundheitsbehörden berichten.

Erstmals mehr als 40 Grad in Großbritannien möglich

In Großbritannien hat die Wetterbehörde erstmals die "rote" Warnstufe ausgerufen, berichtet der "Guardian". Im Süden Englands könnten die Temperaturen damit erstmalig auf über 40 Grad klettern. Die aktuelle Situation sei ein "Risiko fürs Leben", hieß es seitens der Behörden. "Uns stehen schwierige 48 Stunden bevor", sagte Staatssekretär Kit Malthouse dem Nachrichtensender BBC.

Am Montagnachmittag berichtete Sky News, dass die Royal Air Force (RAF) sämtliche Flüge am Stützpunkt Brize Norton aussetzen musste. Die Oberfläche der Landebahn sei in der Hitze "geschmolzen", wie es hieß. Die RAF versuchte etwas später zu beruhigen. Man verwende "alternative Flugfelder", so wie dies in einem schon lange etablierten Notfallplan vorgesehen sei, hieß es. Die Luftwaffenbasis Brize Norton liegt etwas westlich von Oxford und ist die größte der RAF.

Am späteren Nachmittag berichtete der Londoner Flughafen Luton auf Twitter, dass der Flugverkehr wegen Beschädigungen an der Landebahn eingestellt wurde. In den Abendstunden wurde der Betrieb schrittweise wieder aufgenommen.

Entlang der Adriaküste sind insbesondere Italien, Griechenland, aber auch Kroatien und die Nachbarstaaten auf dem Balkan von den Folgen der extremen Hitze betroffen. Berichte über Waldbrände und Ernteausfälle gibt es auch hier. In Griechenland meldete die Feuerwehr am Wochenende den Ausbruch von 71 Bränden innerhalb von 24 Stunden.

Eingeschränkter Wasserverbrauch, Probleme bei der Stromproduktion

In Kroatien gilt auf der Halbinsel Istrien deshalb ab Montag die erste Stufe des Plans zur Reduktion des Wasserverbrauchs. Das heißt, es darf kein Wasser mehr verwendet werden, um zum Beispiel Straßen bzw. Autos zu waschen oder Parks und Gärten zu bewässern. Auch die Duschen am Strand werden vorübergehend abgedreht. Die Behörden rufen Einwohner und Touristinnen dazu auf, sich an die Einschränkungen zu halten. Nachdem in der Region Šibenik mehrere Häuser Feuer gefangen hatten, mussten die Bewohner von Zaton und Raslina mit Booten in Sicherheit gebracht werden.

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Folgen für Strom- und Energieproduktion

Als wäre all das nicht genug, haben die Hitze und die anhaltende Dürre gravierende Folgen für die Strom- und Energieproduktion. Wie ORF.at berichtet, hätten ein niederschlagsarmer Winter, ein trockenes Frühjahr und ein heißer Frühsommer etwa Flüsse in Italien, Spanien oder Portugal zum Austrocknen gebracht. In etlichen Stauseen würden die Wasserbestände deutlich sinken.

Kaum besser sieht es in Frankreich aus, wo man bei der Stromproduktion vorwiegend auf Kernkraft angewiesen ist. Auch hier fehlt es wegen der Hitze und Dürre an mehreren Standorten an dringend benötigtem Kühlwasser. Einzelne Atomkraftwerke mussten – auch wegen Wartungsarbeiten – vom Netz genommen werden. (balm, 18.7.2022)

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