Am Montag präsentierten Innenminister Gerhard Karner und Finanzminister Magnus Brunner (beide ÖVP) im Rahmen einer Pressekonferenz die Jahresbilanz 2021 zu Sozialleistungsbetrug.

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Wien – Seit der Einrichtung einer Taskforce gegen Sozialleistungsbetrug im Juli 2018 haben die Behörden bei über 11.000 Anzeigen eine Schadenssumme von rund 60 Millionen Euro aufgedeckt. Umfasst sind dabei Delikte wie der Bezug von Mindestsicherung, Arbeitslosengeld oder Pension ohne tatsächlichen Anspruch.

Bei dem Missbrauch von Sozialleistungen handelt es sich Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) zufolge um ein klassisches Kontrolldelikt, wie er im Rahmen einer Pressekonferenz am Montag sagte: je höher der Fahndungsdruck, umso mehr Fälle werden auch bekannt. Vergangenes Jahr wurde eine Schadenssumme von rund 19,1 Millionen Euro ermittelt. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sagte, dass Solidarität zwar ein Grundpfeiler der Gesellschaft sei, diese müsse aber auch für die Steuerzahler gelten, die diese Leistungen finanzieren. "Solidarität ist keine Einbahnstraße" sagte Brunner.

Systematischer Betrug durch Supermarktkette

Das größte Problem beim Sozialleistungsbetrug sind aber nicht Einzelpersonen, sondern Unternehmen, die das in großem Stil betreiben, wie der Leiter der Finanzpolizei Wilfried Lehner erklärte. "Was wir immer öfter feststellen können, ist, dass die Fälle größer werden, dass sie systemischer werden und dass es Teil eines Gesamtplans ist", sagt Lehner. Transferzahlungen würden ganz bewusst als Teil des Lohns miteinkalkuliert, um sich damit unlauter Wettbewerbsvorteile zu erschleichen.

Lehner berichtete etwa von einer Supermarktkette, bei der 1.100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter großteils geringfügig angestellt waren, obwohl sie voll gearbeitet hatten. Hier war das Arbeitslosengeld Teil des Geschäftsmodells, es war Teil der Entlohnung, so Lehner.

In der Vergangenheit pochten bereits NGOs wie die Armutskonferenz im Rahmen der Diskussion um die Taskforce auf Differenzierung. "Wäre nicht genauer zu fragen, wie es zu diesem Sozialbetrug kommt? Geht es um 'Bereicherung' oder darum, in prekären Lebenssituationen alles zu versuchen, um die notwendigsten Ausgaben des täglichen Lebens decken zu können?", sagte etwa Elisabeth Kocher, Sprecherin der Salzburger Armutskonferenz.

Brunner: Geld fehlt bei anderen Projekten

Laut dem Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung von Schlepperkriminalität, Gerald Tatzgern, gab es in dem Zeitraum 50 verschiedene Begehungsformen in dem Bereich Sozialleistungsbetrug. Die Hauptkategorien waren unter anderem die Erschleichung der Mindestsicherung trotz ausreichenden Vermögens, der Missbrauch von Pensionsleistungen durch die Vortäuschung eines Scheinwohnsitzes, der widerrechtliche Erhalt der Familienbeihilfe oder die Erschleichung der Grundversorgung mittels falscher Identität. Innenminister Karner zufolge seien 30 Prozent der Delikte von Inländern, 70 Prozent von Ausländern begangen worden.

Seitens der Behörden wurde betont, den Kampf gegen die Erschleichung von Sozialleistungen weiter aufrechtzuerhalten. Schließlich fehle dieses Geld bei "anderen Projekten, die wir umsetzen wollen", wie Brunner sagte. (APA, red, 18.7.2022)