Die dichte Atmosphäre des Spiels zieht einen schnell in den Bann – auch als Nicht-Katzenliebhaber.

Foto: Annapurna Interactive

"Miau", tönt es aus dem Playstation-Controller. Auf Tastendruck kann der Spieler der namenlosen Katze, die gleichzeitig die Protagonistin des Spiels "Stray" ist, den typischen Tierlaut entlocken. Welchen Zweck diese Funktion erfüllt, weiß man zu Beginn des rund sechsstündigen Abenteuers noch nicht – genau wie man viele andere Geheimnisse der düsteren Cyberpunk-Welt erst erkunden muss.

Trotz ihrer großen Popularität finden sich Katzen selten in der Rolle des Avatars in einem Videospiel. Umso größer war die Freude, als "Stray" das erste Mal vor zwei Jahren vorgestellt wurde. Das Indie-Projekt glänzte damals schon mit eindrucksvollen, neon-beleuchteten Umgebungen und realistischen Katzenanimationen. Am Dienstag erscheint das Spiel nun offiziell für Playstation 4, Playstation 5 und PC.

PlayStation

Cyberpunk Katze

"Stray" ist vor allem ein Rätselspiel mit einer sehr dichten Atmosphäre. Zu Beginn des Spiels verliert man seine Katzenfamilie aus den Augen und stürzt in eine unbekannte Welt, die von humanoiden Robotern besiedelt ist, ab. Nun gilt es die Geheimnisse dieser fremden Umgebung zu erkunden und gleichzeitig einen Weg zurück zu seiner Familie zu finden.

Die Möglichkeiten einer Katze sind eingeschränkt. In erster Linie läuft man durch die engen Gassen und vollgepackten Räume von "Stray", kann mit dem Maul kleine Dinge aufheben und mit dezenten Kratzbewegungen so manches Hindernis überwinden. Die größte Stärke der Katze ist allerdings ihre Sprungkraft, mit der man sich auch auf höher gelegene Ebenen in der Umgebung begeben kann. So springt man von Blechdach zu Blechdach, von externem Klimagerät zum nächsten kleinen Mauervorsprung. Timing beziehungsweise Geschicklichkeit ist dabei nicht wichtig, da ihr nur an bestimmte Stellen springen könnt und der Sprung dann automatisch vollführt wird, sobald ihr die richtige Taste gedrückt habt.

Mit diesen Möglichkeiten ausgestattet, lernt man langsam, aber sicher die Welt besser kennen und trifft schon nach kurzer Zeit B12, einen kleinen Roboter, der uns künftig hilft, mit den Einwohnern der Stadt zu kommunizieren – die sind nämlich ebenfalls ausschließlich Roboter. So lernt man nach und nach über die Geschichte der Stadt, warum es keine Menschen mehr gibt und wie man in dieser Welt Tauschgeschäfte durchführt. Die Rätsel des Spiels beinhalten nämlich nicht nur kleine Sprungpassagen und Sucheinlagen, sondern auch das Finden bestimmter Gegenstände, die durch Weitergabe an die richtige Person das Ziel des Spiels etwas näher rückt.

In Unterhaltungen – auf Wunsch auch in deutscher Sprache – erfährt man mehr über die heruntergekommene Welt des Spiels.
Foto: Annapurna Interactive

Action-Einlagen

Die meiste Zeit läuft das zumeist lineare und sich nur selten in größere Umgebung öffnende Spiel sehr ruhig ab. Man hat Zeit zu erkunden und den nächsten Puzzlestein zu finden. Nur manchmal tauchen Widersacher auf, denen man besser entkommt, bevor sie einem das Fell über die Ohren ziehen. Erst später im Spiel lernt man, wie man sich diesen "Zurks" effektiv in den Weg stellt. Begleitet werden sowohl diese etwas stressigeren Einlagen als auch der Rest des Spiels mit wunderbaren, mysteriös klingenden Tönen, die schnell in die dystopische Welt ziehen.

Auch optisch kann man dem Spiel wenig vorwerfen. Der überschaubare Umfang von maximal sechs bis acht Stunden, das Fehlen von aufwendigen Zwischensequenzen und einige Grafikfehler lassen die Indie-Wurzeln nicht ganz vergessen, aber das macht das Spiel locker mit der dichten Atmosphäre wieder wett und zeigt, wie wenig es manchmal braucht, um solch eine Stimmung zu erzeugen.

Der Erkundungsdrang lässt einen gerne jeden Winkel des Spiels erkunden.
Foto: Annapurna Interactive

Fazit

"Stray" ist eine wunderbare Erfahrung geworden, die vor allem spielbegeisterte Katzenfans schnell abholen wird. Die liebevollen Animationen, auch wenn sich das Tier an manchen Stellen für ein kurzes Nickerchen zusammenrollt, sind herzallerliebst, das Spiel selbst ausreichend interessant gestaltet, dass man wissen will, wie die mysteriöse Geschichte endet.

Bedenkt man die sehr lange Entwicklungszeit von knapp sechs Jahren, hätte man vielleicht ein etwas komplexeres Spiel erwartet, aber aufgrund des sehr kleinen Teams darf man auch nicht unverschämt sein. Stattdessen darf man sich als Spieler daran erfreuen, dass die Entwickler offenbar ausreichend Zeit für ihr Herzensprojekt bekommen haben.

Die knapp 30 Euro, die das Spiel für die zwei Playstation-Systeme kostet, sind in jedem Fall gerechtfertigt. Freudig in die Katzenpfoten klatschen dürfen Extra- und Premium-Kunden des Plus-Abos, denn hier wandert das Spiel am Erscheinungstag in das Abo-Angebot. Die Windows PC Version kostet bei Steam aktuell 26,99 Euro.

Für den Test wurde dem STANDARD von den Entwicklern eine PS5-Version zur Verfügung gestellt. (Alexander Amon, 19.7.2022)