Die Körner, die den Dijon-Senf zum Dijon-Senf machen, kommen aus Kanada – nun stocken wegen schlechter Ernten die Lieferungen.

Foto: Land schafft Leben

Sie sind klein, rotbraun bis schwarz; sie schmecken im Frühstadium bitter und zum Schluss stechend scharf: Die Körner des Dijon-Senfs gelten nicht zu Unrecht als weltberühmte Delikatesse. Jetzt werden sie zu einem Barometer für die planetaren Probleme. In vielen französischen Supermärkten findet man sie derzeit nur noch mit Mühe, und wenn, dann mit einem saftigen Preisaufschlag.

Das ist nicht der Fehler der Produzenten in der Burgunder-Stadt Dijon. Der schwarze Senf stammt zu 80 Prozent aus Kanada. Dort ist aber die Produktion wegen der Hitzewelle des letzten Jahres eingebrochen. Und zwar so stark, dass man in Dijon mit Ausfällen bis 2024 rechnet. Das Umsatteln auf die weißen, etwas milderen Senfkörner kommt für die Burgunder schon aus Prinzip nicht in Frage. Zumal dieses Senfgut aus Russland und Ukraine stammt und wegen des Krieges ebenfalls unter Lieferengpässen leidet.

Franzosen schaffen Anbauflächen

Die großen Produzenten von Dijon-Senf wie Amora-Maille, Reine de Dijon oder Fallot warten aber nicht, bis sich die klimatischen und geopolitischen Bedingungen gebessert haben. Sie wollen den heimischen Anbau, der seit dem Zweiten Weltkrieg aus dem Burgund wegverlagert und teils durch Weinberge ersetzt wurde, neu forcieren. Das geschieht nicht nur aus eigenem Antrieb; auch die Supermarktketten haben sie gebeten, für die Ernte 2023 mindestens 10.000 Hektar des gut einen Meter hohen Senfgutes zu pflanzen.

Der Vorteil sticht ins Auge, wenn nicht in die Geschmackspapillen: Der Transport schwarzer Senfkörner über tausende von Kilometern ist teuer und unökologisch, und zudem verwenden die Kanadier uneingeschränkt Pestizide. In Frankreich wollen die Neo-Senfbauern auf Bioanbau setzen. Sie sind sicher, dass die Konsumenten für ein Edelprodukt wie Dijon-Senf gerne etwas mehr ausgeben, wenn die Herkunft klarer und nachhaltiger ist.

Ausgeglichenes Angebot

Der Branchenverband "Moutarde de Bourgogne" will den lokal produzierten Senf sobald wie möglich herstellen. "In zwei bis drei Jahren werden die Franzosen auf ihren Tellern einen Dijon-Senf haben, der zu hundert Prozent ‚Made in France‘ sein wird", erklärte Verbandspräsident Luc Vandermaesen dem Ökoportal Reporterre.

Der Burgunder sieht nur Vorteile im Zurückholen der Senfgutproduktion ins Mutterland der "moutarde": Wenn in Frankreich immer mehr Landwirte auf den Geschmack des Senfgutanbaus kämen und immer mehr Parzellen dafür verwendeten, sagt Vandermaesen, dann würden die Ernten naturgemäß ausgeglichener ausfallen. Leere Senfregale wie derzeit sollten dann nicht mehr vorkommen. (Stefan Brändle aus Paris, 19.7.2022)