Bei der Frankfurter Eintracht stehen aktuell vier österreichische Teamspielerinnen unter Vertrag. Verena Hanshaw (Mitte) spielt bei den Hessen eine tragende Rolle.

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Man kennt einander. Sogar sehr gut. Wenn Österreichs Fußballerinnen am Donnerstag im Viertelfinale der Euro auf Deutschland treffen (21 Uhr, ORF 1), gibt es schon im Vorfeld quasi keine Geheimnisse. 14 Spielerinnen des 23-Frau-Kaders sind in Deutschland engagiert. Und da sind dann noch Spielerinnen wie Carina Wenninger, die den FC Bayern und die deutsche Liga seit 2007, also wie ihre Westentasche kennt.

Die Steirerin wechselt für eine Saison leihweise zur AS Roma. Auch Manuela Zinsberger (Bayern), Viktoria Schnaderbeck (Bayern) und Laura Wienroither (Hoffenheim) haben fußballerische Erfahrungen in Österreichs Nachbarland gesammelt. Es ist übrigens eine Einbahnstraße: Keine deutsche Kickerin steht in der österreichischen Liga unter Vertrag.

Die deutsche Liga ist also für österreichische Spielerinnen quasi immer der nächste Karriereschritt. Einerseits, weil die Wege in die Heimat oder zur Familie kürzer sind, aber auch, weil die Sprachbarriere nicht ganz so eklatant ist wie in anderen Ländern. Ein kleines Epizentrum der Österreicherinnen ist übrigens Frankfurt.

Sammelsurium

Bei der Eintracht sind aktuell Barbara Dunst, Verena Hanshaw, Virginia Kirchberger und Laura Feiersinger engagiert. Sie treffen am Donnerstag auf ihre Klubkolleginnen Sara Doorsoun, Sophia Kleinherne, Nicole Anyomi und Laura Freigang. Zudem stand bis Sommer auch die deutsche Einsertorfrau Merle Frohms bei der Eintracht unter Vertrag. "Wir verstehen uns alle generell sehr gut. Am Donnerstag muss man das aber alles ein bisschen weglassen", sagte Feiersinger.

Das Team von Cheftrainerin Irene Fuhrmann machte während der Gruppenphase nicht nur spielerisch auf sich aufmerksam. Pressekonferenzen wurden gestürmt, Polonaisen in Stadien getanzt. Das Team wurde zum Hit in den sozialen Medien. Man muss die Feste eben feiern, wie sie fallen. Für Deutschlands Stürmerin Laura Freigang war das keine Überraschung. "Ich kenne die Leute von zu Hause, weiß, wie verrückt sie sind. Es hat mich gar nicht überrascht, Barbara Dunst mit dem Stuhl über dem Kopf zu sehen, das sind Bilder, die kenne ich schon", sagte Freigang.

Frankfurt wurde 2021/22 Dritter hinter den Dominatoren Wolfsburg und Bayern. "Die beiden Teams sind über Jahre konstant oben, dieses Jahr ist erstmals alles ein bisschen näher zusammengerückt", sagte Feiersinger. Für sie habe die deutsche Liga "nach wie vor hohe Qualität" und zähle zu den stärksten Ligen. Dass sie nicht die Nummer eins ist, wird daran deutlich, dass der letzte deutsche Champions-League-Triumph 2015 Frankfurt gelang. Seit damals ist die "Königsklasse" fest in der Hand von Lyon, das nur 2021 (FC Barcelona) nicht den Pokal holte.

Keine Anfeindungen

Die Kommunikation ist beidseitig: "Wir unterstützen uns ja immer so ein bisschen gegenseitig, aber jetzt hoffe ich, dass wir ihnen einen kleinen Strich durch die Rechnung machen können", sagte Freigang. Doch auch Österreichs Team weiß Bescheid. "Ich kenne viele Spielerinnen und ihre Stärken, weiß aber auch, dass sie nicht unsterblich sind", sagte Feiersinger, die seit 2018 bei der Eintracht kickt. Davor stand sie bei Bayern und dem SC Sand unter Vertrag. Für die 29-jährige Tochter von Ex-Teamspieler Wolfgang Feiersinger ist Deutschland "ein ideales Sprungbrett aus Österreich".

Einen bleibenden Eindruck hat auch Teamspielerin Sarah Zadrazil hinterlassen. Die Salzburgerin wechselte 2020 von Turbine Potsdam zu den Bayern und war dort als Backup-Spielerin vorgesehen. Zadrazil setzte sich aber durch und erkämpfte sich einen Stammplatz. Die 29-Jährige ist ein Gesicht der Bayern-Frauen. Anfeindungen gibt es vor dem Duell nicht: "Wir haben uns mit ihnen gefreut, sie haben sich mit uns gefreut. Aber am Donnerstag gibt es keine Freundschaften. Wir freuen uns, dass wir ihnen einen richtig guten Kampf bieten können", sagte Zadrazil. (Andreas Hagenauer aus London, 18.7.2022)