Versiegelte Oberflächen in Ballungszentren speichern Wärme und führen zu extrem hohen Temperaturen. In Wien verschaffen etwa Sprühnebel-Anlagen Abkühlung.

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Das Leben in Großstädten bringt für gewöhnlich einige Vorteile mit sich. Menschen schätzen das reiche Kulturangebot ebenso wie die beispielsweise in Wien hervorragende Struktur öffentlicher Verkehrsmittel.

Dass das Stadtleben auch zur Herausforderung werden kann, zeigt sich insbesondere während sommerlicher Hitzewellen. Denn dann entstehen in dicht verbauten Gebieten städtische Wärmeinseln, die Temperaturen von Luft und Boden klettern deutlich höher als im Umland.

Beton, Asphalt und Wärmeinseln

Bei der Entstehung von Wärme- beziehungsweise Hitzeinseln spielen mehrere Faktoren eine Rolle, allen voran die baulichen Gegebenheiten. Denn mit Beton und Asphalt versiegelte Böden absorbieren Sonneneinstrahlung und leiten die Wärme auch in tiefere Schichten weiter, wo sie länger gespeichert bleibt.

Darüber hinaus können auch Wohnbauten und andere Gebäude die Entstehung extremer Temperaturen in Städten begünstigen, da sie jene Oberflächen vergrößern, in denen Wärme gespeichert wird.

Abgase verstärken Hitze

Dicht verbaute Stadtteile schränken darüber hinaus die großflächige Luftzirkulation und den Luftaustausch ein. Bemerkbar machen sich die Folgen insbesondere auch nachts, wenn die Hitze in den Straßenschluchten zu stehen scheint.

Erschwerend kommen Abgase aus dem Verkehr, der Industrie sowie vom Heizen, aber auch Kühlen von Gebäuden hinzu, die die städtische Hitze noch weiter verstärken. Durch die häufig spärliche Vegetation in manchen Stadtteilen verdunstet weniger Wasser. In puncto Stadtbegrünung gibt es allerdings auch gute Nachrichten, denn schon ein einzelner Baum kann für hitzegeplagte Städterinnen und Städter einen gewaltigen Unterschied machen.

Bäume kühlen natürlich

Ein großer Baum verdunstet im Sommer bis zu tausend Liter Wasser pro Tag und kann den Asphalt unter seiner Krone um bis zu 20 Grad abkühlen. Als angenehmen Nebeneffekt verbessern Bäume außerdem die Luftqualität und können Schadstoffe wie das gesundheitsschädliche Ozon relativ rasch neutralisieren. Bis zum Jahr 2025 sollen in Wien 400.000 Quadratmeter neue Parkflächen entstehen, zusätzlich sollen 25.000 neue Stadtbäume angepflanzt werden.

Information als Akuthilfe

Fest steht allerdings, dass die Hitze bereits jetzt akut ist und Maßnahmen wie Baumpflanzungen nicht von heute auf morgen im großen Rahmen abgewickelt werden können. Daher braucht es auch kurzfristig greifende Strategien, um die Auswirkungen von Hitzewellen in der Stadt zu minimieren.

"Die beste kurzfristige Maßnahme bei Hitzewellen ist die Information über die Hitze", sagt Andreas Matzarakis vom Zentrum für Medizin-Meteorologische Forschung Freiburg (ZMMF). Dem stimmt auch Jörn Birkmann, Leiter des Instituts für Raumordnung und Entwicklungsplanung an der Universität Stuttgart, zu.

Kühle Orte ausschildern

Die frühzeitige Risikokommunikation müsse sich auch insbesondere an vulnerable Gruppen richten, die durch Extremtemperaturen einem besonderen Risiko ausgesetzt sind. Dazu zählen neben älteren Menschen und jenen mit Vorerkrankungen auch Kleinkinder und Menschen, die im Freien arbeiten.

"Neben dem Aufzeigen des hitzeangepassten Verhaltens sollte die Zugänglichkeit von Coolspots – wie Grünflächen, Wasserflächen, aber auch kühle Gebäude wie Bibliotheken oder Kirchen – durch Wegweiser und digitale Kartentools verbessert werden", plädiert Birkmann.

Anpassung im Städtebau

Um Städte auch auf lange Sicht für zunehmende Hitze zu rüsten, sind städtebauliche Maßnahmen unumgänglich. Fachleute raten zu ausreichender Begrünung, etwa durch Bäume oder kleine Parks in Wohngebieten, aber auch durch Fassaden- und Dachbegrünungen. Damit die Verdunstung von Feuchtigkeit aus dem Boden möglich bleibt, sollten keine weiteren Flächen versiegelt werden. Denn Verdunstung bindet einen Teil der Energie der einfallenden Sonnenstrahlung, der dann nicht mehr zur Erwärmung beiträgt.

Helle Gebäude und Fassaden können daneben ebenfalls einen Teil des Sonnenlichts reflektieren, bevor dieses für weitere Erwärmung sorgt. Nicht oder wenig verbaute Frischluftschneisen können helfen, kühlere Luft aus dem Umland in Städte strömen zu lassen. Ein frischer Hauch würde wohl vielen Stadtmenschen zupasskommen. (Marlene Erhart, 19.7.2022)

DER STANDARD