Eduard Heger bei einer Pressekonferenz am Montag in Wien.

Foto: IMAGO/Michael Indra

Der slowakische Ministerpräsident Eduard Heger hat bei einem Besuch in Wien zugesagt, die Abhängigkeit seines Landes von russischen Brennstoffen für Atomkraftwerke beenden zu wollen. "Wir wissen nicht, wie lange es braucht. Aber wir arbeiten daran, weil uns viel daran liegt, dass wir die Abhängigkeit von russischem Brennstoff wegbekommen", sagte Heger bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP).

Die Slowakei verhandle seit mehreren Monaten mit anderen Lieferanten, um die russischen Uran-Lieferungen zu ersetzen. Der Prozess dauere für gewöhnlich drei bis sechs Jahre. Krisenzeiten zwingen die Staaten allerdings rasch zu anderen Lösungen, so Heger.

Investor, Nachbar, Freund

Beide Regierungschefs betonten die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Österreich und der Slowakei, die laut Nehammer auch ein "ehrliches Wort" zuließen. Der Kanzler bekräftigte die "andere Haltung" Österreichs zur Atomenergie. Österreich halte diese Energieform für "zu gefährlich". Wenn etwas passiert, gebe es langfristige Konsequenzen. Im Regierungsprogramm hat die türkis-grüne Bundesregierung 2020 festgeschrieben, die Inbetriebnahme der slowakischen Kernreaktoren Mochovce 3 und 4 verhindern zu wollen.

Die hohen Energiepreise, Inflation und Abhängigkeit von Ländern wie Österreich, Deutschland, Slowakei und Ungarn von russischen Energieträgern bedürften Solidarität, so Heger. Die Infrastruktur müsse für alle zugänglich und ausreichend sein. Bereits in der Coronakrise hätten einander die Nachbarländer geholfen. Heger: "Ich bin sehr froh, dass wir uns auf die Solidarität verlassen können." Er dankte Österreich außerdem dafür, dass die Indexierung der Familienbeihilfe aufgehoben wurde. Die Kürzung der Familienleistungen hatte viele Slowakinnen und Slowaken betroffen, die etwa in der Pflege in Österreich tätig sind. Die Maßnahme wurde unlängst vom Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gekippt.

Nehammer sprach davon, dass die Slowakei ein wichtiger Nachbar, Freund und Partner sei. 2.000 österreichische Unternehmen seien in der Slowakei aktiv. Österreich sei der zweitgrößte Investor. Beim Westbalkan seien beide Länder "Verbündete". Beiden Länder täten außerdem im Rahmen ihrer Möglichkeiten – Österreich als neutraler Staat und die Slowakei als Nato-Mitglied – "sehr viel für die Ukraine", so der Kanzler. Österreich leiste vor allem humanitäre Hilfe und beherberge 80.000 Ukrainer im Land. Gemeinsame Interessen gebe es auch bei der "irregulären Migration". Angesichts des steigenden "Migrationsdrucks" – Nehammer nannte die Zahl von über 30.000 Asylanträgen in Österreich – müssten die Länder "gemeinsam dagegen auftreten".

Höhere Ausgaben für Militär

Heger erklärte, dass es sehr wichtig sei, dass die Ukraine ein stabiles und freies Land sei. Es sei im Interesse nicht nur der Slowakei, sondern ganz Europas, dass "die Ukraine gewinnt". Das würde Stabilität in die Region bringen. Bratislava setzt sich stärker als Österreich für einen EU-Beitritt der Ukraine ein. Die Slowakei hat ihrem kriegsgebeutelten Nachbarland auch ihr einziges Raketenabwehrsystem geschenkt und überlässt ihm Kampfflugzeuge des sowjetischen Typs MiG-29.

Von slowakischen Journalisten auf die österreichische Neutralität angesprochen, antwortete Nehammer, dass sich hierzulande anders als in Schweden und Finnland die NATO-Diskussion "nicht stellt". Das liege an der unterschiedlichen Geschichte. Österreich engagiere sich in der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU und plane höhere Investitionen in die eigene Verteidigung. "Ich muss nur noch meinen Koalitionspartner von der Höhe an sich überzeugen", so Nehammer. (APA, 18.7.2022)