Am Montag gab sich Bannon vor dem Gerichtsgebäude gut gelaunt.

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Washington – Der frühere US-Präsidentenberater Steve Bannon muss sich wegen Missachtung des Parlaments vor Gericht verantworten. Am Montag begann in Washington der Prozess gegen den 68-jährigen früheren Chefstrategen von Ex-Präsident Donald Trump mit der Auswahl der Geschworenen. Bannon hatte im vergangenen Jahr eine Vorladung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Kapitol-Erstürmung vom 6. Jänner 2021 ignoriert und zudem die Übergabe von Dokumenten verweigert.

Bannon versucht, sich zu entziehen

Nach monatelanger Verweigerung vollzog der rechtspopulistische Vordenker vor kurzem eine Kehrtwende und ließ erklären, er sei nun doch zur Aussage vor dem Ausschuss bereit. Die Staatsanwaltschaft bezeichnete den Schritt als "letzten verzweifelten Versuch, sich der Verantwortung zu entziehen". Denn seine Anwälte beantragten, den Prozessauftakt zu verschieben, damit er nicht zur selben Zeit wie die öffentlichen Anhörungen zur Kapitol-Erstürmung im Untersuchungsausschuss des Parlaments stattfindet.

Ein Richter wies den Antrag vergangene Woche jedoch ab. Bei einer Verurteilung drohen Bannon – dem die Anklage zwei Fälle von Missachtung des Kongresses vorwirft – zwischen 30 Tage und einem Jahr Haft pro Anklagepunkt.

Schlüsselzeuge für Aufarbeitung

Der Untersuchungsausschuss hält Bannon für einen Schlüsselzeugen in der Aufarbeitung des Sturms auf den Sitz des US-Parlaments zwei Monate nach der Niederlage Trumps bei der Präsidentenwahl. Bannon hatte nach Angaben des Untersuchungsausschusses noch am Tag vor der Erstürmung mit Trump gesprochen. Trump hatte nach seiner Niederlage bei der Präsidentschaftswahl im November 2020 alle Hebel in Bewegung gesetzt, um an der Macht zu bleiben. Der republikanische Amtsinhaber und sein Umfeld verbreiteten unter anderem durch nichts belegte Wahlbetrugsvorwürfe.

Tiefpunkt der Kampagne war der Sturm hunderter radikaler Trump-Anhänger auf das Kapitol, als dort der Wahlsieg des Demokraten Joe Biden zertifiziert werden sollte. Bei den Ausschreitungen starben fünf Menschen. (APA, 19.7.2022)