Die einstige Maya-Hauptstadt Mayapán auf der Halbinsel Yucatán zieren noch heute die Überreste von runden und pyramidenförmigen Tempeln.
Foto: Bradley Russell

Die Geschichte der Menschen ist eng mit der Umwelt verwoben: Krankheiten und Nahrungsmittelknappheiten, die etwa durch Extremwetter verursacht werden, sorgen seit jeher für Druck und Leid. Von der römischen Antike bis in die Neuzeit wurden Beispiele dafür studiert, vor wenigen Monaten machte eine Forschungsarbeit deutlich, dass Trockenheit die Wikinger im 15. Jahrhundert dazu veranlasste, Grönland aufzugeben. Gleichzeitig sorgte auch in Zentralamerika Dürre für enorme Probleme – und dürfte etwa zum Untergang der Maya-Hauptstadt Mayapán beigetragen haben, wie eine aktuelle Studie zeigt.

Dass sich die Klimabedingungen zum Nachteil der Maya auswirkten, ist keine ganz neue Erkenntnis. Schon in den 2000er-Jahren wurden Studien veröffentlicht, die sinkende Regenmengen mit dem Ende der klassischen Hochphase in Verbindung brachten. Auch eine vor zehn Jahren veröffentlichte Studie stützte dieses ökologische Erklärungsmodell. Das Forschungsteam gewann dafür Daten aus einem Tropfstein in Belize, mit dem sich die Entwicklung des Klimas zeitlich festmachen lässt.

Überleben in Zeiten des Trockenheitstrends

Über Generationen hinweg zog sich demnach ein Trockenheitstrend, der wohl unter anderem die Nahrungsressourcen beeinträchtigte. So verschärften sich gesellschaftliche Probleme – Kämpfe wurden ausgetragen, Gemeinschaften destabilisiert. Zwischen den Jahren 800 und 950 dürften sich die Regenmengen um bis zu 40 Prozent reduziert haben – ein Zeitraum, in den auch der Kollaps wichtiger Zentren der Maya-Kultur im zentralen Tiefland fällt.

Nicht nur in der bekannten Maya-Stadt Chichén Itzá, sondern auch in Mayapán (im Bild) findet sich eine Kukulcán-Pyramide.
Foto: Susan Milbreth

Doch auch in den folgenden Jahrhunderten entstanden neue Städte und kämpften – untereinander und gegen Umwelteinflüsse – um das Überleben. Ein Beispiel dafür ist Mayapán, das auf der Halbinsel Yucatán liegt: Die größte Maya-Hauptstadt der Region während der postklassischen Epoche entwickelte sich erst ab dem elften Jahrhundert. Hier finden sich noch immer die Ruinen beeindruckender Bauwerke, auch wenn die Kukulcán-Pyramide dieser Stadt schlichter und weniger bekannt ist als jene der Konkurrenzstadt Chichén Itzá, deren Regierung und Bevölkerung allerdings im 13. Jahrhundert von Mayapán besiegt wurden.

Gewalt und Dürre in verschiedenen Quellen

Anhand des Beispiels Mayapán zeigt nun eine Forschungsgruppe im Fachmagazin "Nature Communications", dass Dürren in der Maya-Bevölkerung vermehrt für Auseinandersetzungen sorgten. Das internationale Forschungsteam um David Hodell von der Universität Cambridge in Großbritannien stellt einen Zusammenhang dar zwischen vermehrten Niederschlägen und Bevölkerungswachstum in der Stadt – sowie zwischen Trockenperioden und Konflikten.

Dafür trug das Team Informationen aus verschiedenen Disziplinen zusammen: Untersucht wurden Skelette auf Anzeichen der Gewalteinwirkung, historische Schriftstücke aus der Kolonialzeit auf historische Dokumentationen kriegerischer Begebenheiten und Klimaindikatoren – von Stalagmiten über Baumringe bis hin zu Isotopendaten gefundener Schnecken.

Ermordete Herrscherfamilie

Aus diesen Informationen schließen die Fachleute, dass während Dürreperioden ab dem Jahr 1400 gesellschaftliche Spannungen im Zusammenspiel mit politischen Rivalitäten eskalierten. Für die Ernährung verließen sich die Ansässigen vor allem auf den Anbau von Mais, wobei es keine zentralen Speicher für längerfristige Vorsorge gab. Zusätzliche Bewässerung unabhängig von Regen war nur eingeschränkt möglich.

Infolge von Herrschaftskriegen und schwierigen Umwelt- und Nahrungsmittelbedingungen wurde Mayapán verlassen.
Foto: Bradley Russell

Hinzu kamen Konflikte zwischen den Elite-Familien, die über die Yucatán-Halbinsel herrschten. Mitglieder der führenden Familie Cocom wurden im letzten großen Massengrab von Mayapán gefunden. Letzteres wurde bedeutsam platziert, nämlich direkt vor dem Kukulcán-Tempel der Stadt, wo wichtige Rituale durchgeführt wurden.

Infolgedessen wurde die Hauptstadt Mayapán um 1450 größtenteils aufgegeben. Die Bevölkerung wanderte in kleinere Städte ab, die sich besser behaupten konnten. So blieben die politischen und wirtschaftlichen Strukturen der Maya bis ins 16. Jahrhundert erhalten.

Klimakrise kann zu Revolutionen führen

Das Autorenteam weist auch darauf hin, dass die Entwicklungen auch im Kontext aktueller und künftiger Klimaveränderungen interessant sind – und wie diese bewältigt werden können. Der langfristige Rückgang der Niederschläge sorgte dafür, dass die Bevölkerung lokal und kurzfristig viel anfälliger wurde für Variationen im Klima.

Solche Bedingungen können Revolutionen schüren, schreiben die Fachleute – und Unruhen sind bereits jetzt in Mexiko und Zentralamerika ein Thema im Kontext möglichst stabiler Staaten. Noch dazu wird die Region durch die Klimakrise wieder trockener und damit auch in Sachen Lebensmittelsicherheit Schwierigkeiten bekommen.

Wie das Forschungsteam aber auch erwähnt, können Herausforderungen, wie sie in der Studie skizziert werden, die Entwicklung innovativer Anpassungsstrategien befeuern. Eine der Strategien für die Maya war es, an andere Orte zu migrieren. Eine Aussicht, die aktuell aufgrund von steigendem Meeresspiegel und lokal verschärften Extremereignissen auch ein beträchtlicher Teil der Weltbevölkerung ins Auge fassen muss. (Julia Sica, 19.7.2022)