Schulleiter Kevin McArevey und seine Schützlinge.

Foto: Neasa Ní Chianáin / Soilsiú Films

Ein Elvis-Wackelkopf gibt den Rhythmus vor, während Kevin McArevey im Auto mitsingt: "Why can’t my dream come true?" Der Traum des Schulleiters aus dem nordirischen Belfast ist eigentlich ganz simpel: Seine Schüler sollen nicht länger streiten. Dafür werden mit Vorliebe Seneca, Sokrates und Platon zitiert.

"Die kleinen Schüler von Plato" begleitete McArevey einen Tag lang in seiner katholischen Holy-Cross-Burschenvolksschule. In einer Straße, wo vor 20 Jahren Schüler noch unter Polizeischutz zum Klassenraum gebracht werden mussten, können sie heute unbeschwert durch das regenbogenfarbene Eingangstor gehen. In Österreich wäre es wohl nicht möglich, mit Sechsjährigen über Traumata ihrer Eltern zu sprechen, ohne einen Proteststurm auszulösen – in der Holy Cross geschieht das oft fast von selbst.

Die Schüler erzählen von der IRA, den Pistolenschüssen, den brennenden Häusern. Sie haben das nicht erlebt, wissen aber, wie nah diese Gewalt noch ist. "Peace Walls" trennen den Stadtteil Ardoyne weiterhin in katholische und protestantische Wohngebiete. Können sie sich erklären, warum es immer wieder zu Gewalt zwischen den beiden Gruppen kam? Ganz klar, die einen wären nun einmal irisch und die anderen britisch. Nein, sie seien doch alle Teil derselben Familie.

Auch unter Kindern im Jahr 2021 sind nicht alle einer Meinung, das verlangt auch niemand. Selbst denken, nichts einfach unhinterfragt übernehmen, das wird ihnen mitgegeben. Damit wären auch ältere Semester gut beraten. Einer der Schüler formuliert es unkompliziert: "Hört auf zu kämpfen und macht Frieden." Da wird aus dem Schüler Colum schnell ein Platon. (Astrid Wenz, 20.7.2022)