Noch steht das Haus in der Hohenbergstraße. Doch es wird wohl einem Neubau weichen.

Foto: Zoidl

Abbrüche alter Häuser lassen in Wien in schöner Regelmäßigkeit die Wogen hochgehen. Vor wenigen Wochen erst rückte der Bagger in der Kaiserstraße 31 in Wien-Neubau an. Nun wird ein Gründerzeithaus in der Hohenbergstraße 18 in Wien-Meidling abgerissen. Es ist wenige Gehminuten vom Schlosspark Schönbrunn und dem Bahnhof Meidling entfernt.

Seit wenigen Tagen prangt ein großes Loch in der gelben Fassade, auch das Dach wurde bereits teilweise entfernt und Verzierungen an der Fassade abgeschlagen. Beim Lokalaugenschein des STANDARD am Dienstag liefen aber keine Arbeiten, auch der Abbruchbagger war nicht zu sehen.

Auf Anfrage bei der Baupolizei wird die Abbruchbewilligung aufgrund wirtschaftlicher Abbruchreife bestätigt. Mit der wirtschaftlichen Abbruchreife können Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer argumentieren, dass eine Sanierung nicht wirtschaftlich sei.

Gutachten vom Eigentümer

Eine Abschaffung des Passus hatten die Wiener Grünen wie berichtet erst vor kurzem gefordert, weil das dafür nötige Gutachten von den Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern in Auftrag gegeben wird. "Es ist logisch, dass solche Gutachten in der Regel den Willen der Auftraggeber wiedergeben", kritisierte der grüne Wohnbausprecher Georg Prack in einer Aussendung am Dienstag erneut diese Praxis. "Die Stadt sollte in Zukunft diese Gutachten selbst beauftragen und den Bewilligungswerbern in Rechnung stellen", so seine Forderung.

Tanja Grossauer-Ristl, Klubobfrau der Meidlinger Grünen, kritisiert, dass der Schutz alter Häuser in den Randbezirken für die Stadt kein großes Thema sei: "Und es ist absurd, dass der Markt hergibt, dass ein Haus unnötig abgerissen wird, um einen Neubau zu errichten."

Vor allem, weil das secessionistische Gründerzeithaus, Baujahr 1904, laut dem Blog "WienSchauen" bis zuletzt einen unscheinbaren Eindruck gemacht hat, "weit weg von Abbruchreife". Die Initiative Denkmalschutz berichtet in einer Aussendung, dass das Haus noch im Juni als Baustelle eingerüstet war.

Der Meidlinger Bezirksvorsteher Wilfried Zankl (SPÖ) bedauert den Hausabriss auf Nachfrage des STANDARD. Er betont aber, dass die Beurteilung der wirtschaftlichen Abbruchreife nicht beim Bezirk, sondern bei der Baupolizei (MA 37) und der Abteilung Technische Stadterneuerung (MA 25) liegt.

Schutz alter Häuser

Vor wenigen Wochen erst ließ das eingangs erwähnte Biedermeierhaus in der Kaiserstraße 31 die Wogen hochgehen, mit dessen Abriss begonnen wurde, ohne dass der grüne Bezirksvorsteher Markus Reiter davon wusste.

Eigentlich wollte die Stadt mit einer Novelle der Wiener Bauordnung vor ziemlich genau vier Jahren die alten Wiener Häuser besser schützen. Seither muss die MA 19 (Architektur und Stadtgestaltung) bei Häusern, die vor 1945 erbaut wurden, feststellen, ob öffentliches Interesse am Erhalt besteht. Einen Ausweg bietet aber die wirtschaftliche Abbruchreife.

Die Stadt will nun wie berichtet zusätzliche Maßnahmen zum Schutz alter Häuser prüfen. Das wird Thema bei einer Enquete im November, die der Startschuss für eine Bauordnungsnovelle im kommenden Jahr sein soll. (zof, 20.7.2022)