Der US-Senator Joe Manchin, ein nomineller Demokrat, hat soeben einem ambitionierten Umwelt- und Umweltsteuerprogramm von Präsident Joe Biden den Todesstoß versetzt. Manchin, dessen Heimatstaat West Virginia und politische Karriere von Kohleinteressen bestimmt sind, verweigerte dem Trilliardenprogramm seine Stimme, was bei einem 50 zu 50 gespaltenen Senat das Ende für Bidens ambitioniertestes innenpolitisches Vorhaben bedeutete.

Ein weiterer Beweis für die Dysfunktionalität des amerikanischen politischen Systems und die tiefe Spaltung der USA selbst. Das sollte aber auch uns Europäer extrem besorgt machen. Denn die Sicherheit und die Freiheit Europas hängt in Zeiten wie diesen an den USA. Der russische Despot Wladimir Putin will zwar die Ukraine "zurückholen", aber das ist nur Teil einer viel größeren Ambition. Er will ganz Europa dominieren, was etliche Naivlinge nicht begriffen haben. Davon demnächst mehr.

Wahrscheinlich werden die Kongresswahlen im Herbst zu einem Debakel für Joe Biden und die Demokraten.
Foto: IMAGO/Ron Sachs - Pool via CNP/MediaPunch

Die rein physische Sicherheit Europas hängt von der Nato und deren stärkstem Mitglied, den USA, ab. Dort regiert zwar mit Biden ein Präsident, der weiß, welche Gefahr Putin ist; und der den Zusammenhalt der Nato und die Waffenlieferungen an die Ukraine bisher gut gemanagt hat. Allerdings hat Joe Biden nur noch zweieinhalb Jahre, er zeigt gelegentlich sein Alter, und ein wachsender Teil seiner eigenen demokratischen Partei will nicht mehr, dass er antritt. Weltpolitisch erfahrene Nachfolgerinnen und Nachfolger sind nicht in Sicht (die Vizepräsidentin Kamala Harris kann man aus verschiedenen Gründen vergessen).

"Gesetz des Dschungels"

Biden wird mit einigem Recht vorgeworfen, dass er viel zu lange und viel zu geduldig auf "Kooperation" mit den Republikanern gesetzt hat, anstatt zu erkennen, dass sich die in eine rechtsextreme, absolut unverantwortliche Partei verwandelt haben, die nur noch die Vorrechte der Weißen aufrechterhalten will. Sie bedienen sich dazu eines von Donald Trump mit einer reaktionären Mehrheit ausgestatteten Supreme Court, der nicht nur die Abtreibung weitgehend gekippt, die ohnehin lächerlichen Waffengesetze weiter gelockert hat, nun auch noch die US-Umweltschutzbehörde als de facto überflüssig erklärte – und die massiven Bemühungen der Republikaner unterstützt, (schwarzen) Minderheiten de facto das Wahlrecht zu entziehen. Die Agenda dieses Supreme Court sei "rolling back democracy", wie die Plattform Politico schreibt.

Jedenfalls ist sie zutiefst reaktionär – so wie die Republikanische Partei, die nichts Ernsthaftes gegen den Möchtegern-Putschisten Trump unternimmt. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden die Kongresswahlen im Herbst zu einem Debakel für Biden und die Demokraten, die daraufhin überhaupt kein Programm durchbringen werden. 2024 droht dann Trump II oder ein schlimmer Trumpianer.

Europa wird dann nicht mehr wichtig für die USA sein. Trump selbst steht in rätselhafter persönlicher Abhängigkeit von Putin, für die republikanischen Eliten ist China der wahre Feind. Das stimmt auch grundsätzlich, denn China will die Weltordnung in Richtung autoritäre, antidemokratische Herrschaft drehen. Putins Russland ist aber voll dabei.

Zwischen Putins "Gesetz des Dschungels" (Außenminister Alexander Schallenberg) und Europa stehen wacklige USA. (Hans Rauscher, 20.7.2022)