Mit grünem Wasserstoff aus dem Burgenland will Österreich ein Stück weit unabhängiger von Energieimporten werden.

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Wien – Zur Verringerung der Energieabhängigkeit von Russland will Österreich künftig auch verstärkt auf grünen Wasserstoff setzen. Im Burgenland soll ein Pilotprojekt starten, das der Verbund und die Burgenland-Energie als Joint-Venture-Partner umsetzen. Geplant ist eine Anlage für die Elektrolyse, die letztlich jährlich 40.000 Tonnen grünen Wasserstoff herstellen kann. Laut Stephan Scharma, Vorstandsvorsitzender der Burgenland-Energie, entspricht das rund einem Drittel des derzeitigen Bedarfs an Wasserstoff in Österreich. Zugleich könnten mit dieser Kapazität jährlich 400.000 Tonnen CO2-Emissionen eingespart werden.

Damit der Wasserstoff auch als grün gilt, wird zur Elektrolyse (bei diesem Vorgang wird Wasser durch den Einsatz von Strom in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt) nur Strom verwendet, der durch Windränder oder Photovoltaikanlagen erzeugt wurde. Die dabei gewonnene Abwärme soll in die Fernwärme geleitet werden.

Großes Vorhaben

Die Anlage im Burgenland werde das größte derartige Projekt in Europa, sagte Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne). 300 Megawatt sollen geliefert werden. Das aktuell größte Werk stehe im Belgien mit einer Kapazität von 20 Megawatt.

Umgesetzt wird die Strategie "Grüner Wasserstoff aus dem Burgenland" in drei Etappen. In einem ersten Schritt wird in Nickelsdorf eine Anlage gebaut, die ab 2025 rund 60 Megawatt liefern soll – das sind rund 9.000 Tonnen Wasserstoff.

Landeshauptmann Hans Peter Doskozil unterstrich erneut, dass das Burgenland bis 2030 klimaneutral sein wolle. Bei der Windenergie sei man bereits Vorreiter. 150 Prozent des Stromverbrauchs im Burgenland kämen bereits aus Windenergie. Auch bei der Photovoltaik würden nächste Ausbauschritte gesetzt, sagte Doskozil. Wichtig sei in diesem Zusammenhang auch, dass die so gewonnene Energie auch sicher bei den Haushalten ankomme. Daher werde auch in die Speicherung investiert.

Öl und Gas reduzieren

Jeder Schritt zur Reduzierung von Öl und Gas sei ein Schritt in die richtige Richtung, fasste Scharma zusammen. Der grüne Wasserstoff soll über das bestehende rund 45 km lange Pipelinenetzwerk zu den Industriebetrieben transportiert werden.

Die Industrie brauche aktuell rund 140.000 Tonnen Wasserstoff, erklärte Verbund-Chef Michael Strugl. Der Großteil werde derzeit mit Erdgas hergestellt. Der Weg Richtung grünen Wasserstoffs sei daher "ein großer Schritt in die richtige Richtung". Strugl betonte, dass der Verbund jährlich bis zu eine Milliarde Euro investiere, um den Ausbau der Netze und die Einspeicherung von Energie sicherzustellen. Das werde man freilich auch weiter so handhaben, "dafür muss man uns aber auch die Gewinne lassen", betonte der Verbund-Chef.

Gerade der Verbund profitiert derzeit enorm von den gestiegenen Kosten für Strom, was dem Konzern einen Gewinnsprung beschert hatte. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte daraufhin die Idee aufgebracht, diese Übergewinne abzuschöpfen. "Der Ausbau von Netzen und Speichern ist die beste Rendite, die ein Land haben kann", hielt Strugl daher fest.

Partnerschaften gefragt

Das Geschäft mit grünem Wasserstoff werde aber viele Partnerschaften erfordern, betonte der Verbund-Chef. Denn nicht jeder Bedarf werde aus der eigenen Produktion gedeckt werden können. Auf europäischer Ebene werde aktuell davon gesprochen, zehn Millionen Tonnen grünen Wasserstoff bis zum Jahr 2030 herzustellen, zehn Millionen werde man zusätzlich importieren müssen. Für all das brauche es aber auch Fachkräfte, Förderungen und die passende Infrastruktur, so Strugl.

Gewessler (Grüne) betonte, dass grüner Wasserstoff ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg in die Energieunabhängigkeit sei. Es gelte, "das Ende der Erpressbarkeit einzuleiten", und das gehe laut Gewessler nur, wenn "wir die Versorgung selbst in die Hand nehmen". Nicht jede Industrie könne aber vom Gas wegkommen. Dort, wo ein Umstieg auf Wasserstoff nicht möglich sei, soll verstärkt auf Biogas umgestellt werden.

400 Millionen Euro sollen die Anlagen im Burgenland kosten. Die Investitionskosten würden über die Jahre hinweg auf beide Partner aufgeteilt. Ob sich zum 50:50-Joint-Venture aus Verbund und Energie Burgenland noch andere Partner gesellen, sei derzeit noch offen. Förderungen werde es dennoch brauchen. Die Förderhöhe stehe laut Scharma noch nicht fest, im Klimaministerium werde daran aber gearbeitet. (bpf, 20.7.2022)