Die Juristin Patricia Hofmann erörtert im Gastblog die derzeitige gesetzliche Möglichkeit eines Tätigkeitsverbots für Sexualstraftäter und was bei der Auswahl des Feriencamps beachtet werden kann.

Die lang ersehnten Sommerferien haben nun für alle Schüler und Schülerinnen bereits gestartet. Die Freude auf die schulfreie Zeit ist groß, während es für Eltern oft eine Herausforderung ist, neben der Arbeit auch die Kinder für die ganzen neun Wochen zu unterhalten oder gut betreut zu wissen. Ferienbetreuungen oder Sportcamps sind hier eine willkommene Abwechslung. Doch viele Eltern zweifeln nun, ob ihre Kinder bei diesen Angeboten gut und sicher aufgehoben sind. So wurde erst vor kurzem bekannt, dass ein verurteilter Sexualstraftäter weiterhin Feriencamps in Österreich angeboten hat.

Feriencamps: Worauf soll man achten?

Kinderschutzeinrichtungen raten zunächst, Kinder nicht aus falscher Vorsicht gar nicht in Sportcamps oder Ferienlager zu schicken. Auch vor gehäuften Warnungen wird abgeraten, da dadurch bei den Kindern Angst hervorgerufen wird. Wichtig ist, Kindern aufzuzeigen, an wen sie sich im Falle einer Grenzverletzung wenden können.

Sinnvoll ist auch eine genaue Betrachtung der Feriencamps im Hinblick auf geltende Schutzmaßnahmen gegen Übergriffe und sexuellen Missbrauch sowie auf vorhandene Vorschriften für Dusch- und Schlafsituationen, um die Privatsphäre der Kinder bestmöglich zu berücksichtigen. Darüber hinaus sollte sichergestellt sein, dass auch für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen entsprechende Dienstvorschriften gelten. So sollte von der Einrichtung vor Arbeitsantritt (sowie laufend) ein aktueller Strafregisterauszug aller Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verlangt werden. Hierbei ist die Strafregisterbescheinigung "Kinder- und Jugendfürsorge" ein wichtiges Instrument. Sie gibt Auskunft, ob Verurteilungen wegen Straftaten gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung und damit einhergehende Einträge wie ein Tätigkeitsverbot im Strafregister eingetragen sind oder nicht.

Was bedeutet "Tätigkeitsverbot"?

In §220b Strafgesetzbuch ist das sogenannte Tätigkeitsverbot geregelt. Es ist im Gesetz unter dem Abschnitt der Sexualdelikte angesiedelt. Hat ein Täter oder eine Täterin ein Sexualdelikt zum Nachteil einer minderjährigen Person begangen, so besteht nach dieser Bestimmung die Möglichkeit, zusätzlich im Strafurteil ein Tätigkeitsverbot zu verhängen. Es geht also um eine präventive Maßnahme, welche nicht automatisch mit einer Verurteilung einhergeht, sondern vielmehr vom zuständigen Gericht gesondert angeordnet werden muss. Seit 2019 sind neben Sexualdelikten auch vorsätzliche Delikte gegen Leib und Leben sowie solche gegen die Freiheit zum Nachteil von minderjährigen Personen als Anlasstaten zu qualifizieren.

Tätigkeitsverbote infolge von Sexualstraftaten untersagen die Ausübung gewisser Berufe, um Kinder bestmöglich zu schützen.
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Die Regelung umfasst jene Angeklagten, die im Tatzeitpunkt eine berufliche, gewerbliche, ehrenamtliche oder in einem Verein angesiedelte Tätigkeit ausüben, die die Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung Minderjähriger einschließt. Es reicht aber auch aus, dass sich der Täter oder die Täterin erst in Ausbildung zu dieser Tätigkeit befindet. Seit dem Strafrechtsänderungsgesetz 2013 umfasst die Regelung zudem Personen, die anderweitig intensiven Kontakt mit Minderjährigen haben. Erfasst werden also nicht nur Schul- oder Kindergartenpädagogen, sondern beispielsweise auch Aufsichtspersonen in Sportvereinen, Pädagogikstudentinnen, Animateure, Kinderärztinnen, Verkäufer von Spielwaren oder Betreiberinnen von Schulkantinen.

Verbot auf unbestimmte Dauer

Neben der Begehung eines der oben erwähnten Delikte hat das Tätigkeitsverbot eine weitere Voraussetzung: die Gefahr, dass der Täter oder die Täterin die gebotene Gelegenheit einer solchen Tätigkeit ausnützen könnte und ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit für die Tatwiederholung besteht.

Liegen alle Voraussetzungen vor, so kann das im Strafgesetzbuch geregelte Tätigkeitsverbot auf unbestimmte Zeit angeordnet werden. Damit kann die Ausübung dieser und vergleichbarer Tätigkeiten untersagt werden. Das Tätigkeitsverbot gilt ab Rechtskraft der Entscheidung. Hat das Gericht ein Tätigkeitsverbot ausgesprochen, so ist dieses zumindest alle fünf Jahre von Amts wegen zu überprüfen. Sollte gegen das ausgesprochene Tätigkeitsverbot verstoßen werden, indem die Person dennoch einer entsprechenden Tätigkeit nachgeht, droht eine neuerliche Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe von bis zu 360 Tagessätzen.

Neue Vertrauensstelle für den Sport

Die Sicherheit der Kinder endet selbstverständlich nicht mit Ende des Sommers, verbringen sie doch das ganze Jahr über ihre Zeit in Freizeiteinrichtungen und Sportvereinen. Die von Kinderschutzeinrichtungen empfohlenen Schutzmaßnahmen sollten daher generell beachtet werden. Denn Präventionsmaßnahmen und schnelle Hilfe im Fall von Grenzüberschreitungen oder Übergriffen sind 365 Tage im Jahr essenziell.

Mit der neuen Vertrauensstelle für Kunst, Kultur und Sport soll ab Herbst eine Anlaufstelle für Hilfesuchende bei Belästigungs- und Gewalterfahrungen aktiviert werden. Im sportlichen Bereich ist die Vertrauensstelle beim Verein "100 % Sport" angesiedelt. Damit erweitert der Verein den bisherigen Fokus auf Prävention im Fachbereich "Safe Sport" um den Schwerpunkt "Intervention und Aufarbeitung". "Seit mehreren Jahren ist die Prävention sexualisierter Gewalt im Sport ein Arbeitsschwerpunkt des Vereins. Viele Sportverbände haben bereits strukturelle Maßnahmen zur Prävention von Gewalt eingeführt. Durch die Einrichtung der Vertrauensstelle sollen unsere Bemühungen für sicheren Sport noch deutlicher das Wohlergehen der Athlet:innen und Sportler:innen ins Zentrum rücken", so Christa Prets, Präsidentin von 100 % Sport.

Die Vertrauensstelle soll im Sportsegment aber nicht nur Kindern, sondern allen Personen, die Unterstützung in Fällen von Gewalt, Machtmissbrauch und Belästigungen benötigen, eine Anlaufstelle für rasche, anonyme und kompetente Hilfe sein. Darüber hinaus informiert die Vertrauensstelle haupt- und ehrenamtlich tätige Personen und Erziehungsberechtigte, um im Anlass- oder Verdachtsfall die richtigen Schritte zu setzen. Das Beratungsangebot startet bereits am 5. September 2022 – also rechtzeitig zum Schulbeginn im Herbst. (Patricia Hofmann, 21.7.2022)