Gerhard Krisch: "Wir haben allein durch den Ausfall der Gazprom eine etwas angespannte Situation."

Foto: Austria Wien

Wien – Der Wiener Austria steht eine intensive Saison bevor. Die erste Runde im Cup ist absolviert, die Meisterschaft startet am Freitag bei Red Bull Salzburg, im August kommt das internationale Geschäft dazu. Vorab sprach Vorstand Gerhard Krisch mit dem STANDARD.

STANDARD: Die Gazprom ist als Partner von der Webseite der Austria verschwunden. Ist die Zusammenarbeit ein Jahr vor Vertragsende aufgelöst?

Krisch: Der Vertrag ist nicht aufgelöst, wir lassen ihn auslaufen und haben die Werbeleistungen auf ein Minimum reduziert.

STANDARD: Ich kann nicht folgen. Fließt noch Geld von der Gazprom zur Austria?

Krisch: Nein. Gazprom transferiert keine Gelder mehr ins Ausland, es werden keine Zahlungen geleistet.

STANDARD: Warum dann überhaupt noch Werbeleistung?

Krisch: Die Gazprom hatte immer zu Saisonbeginn vorab bezahlt. Wir haben ab März die Werbung im Stadion entfernt, das hätte theoretisch zu einer Rückforderung führen können. Um dieses Risiko zu minimieren, erfüllen wir noch über neun Monate die Gegenleistung des Brustsponsorings in den Akademie-Mannschaften.

STANDARD: Ist das Kapitel Gazprom damit abgeschlossen?

Krisch: Die aktuellen Rahmenbedingungen lassen eine weitere Zusammenarbeit nicht zu. Wir bleiben aber in Kontakt und haben ein gutes Einvernehmen.

STANDARD: Sie haben die Austria aufgrund der angehäuften Schulden vor einem Jahr als "Patient auf der Intensivstation" bezeichnet. Würden Sie das noch immer behaupten?

Krisch: Natürlich. Aber es gibt einige Indizien, dass wir an den richtigen Schrauben gedreht haben. Wir haben die Situation punktuell verbessert. Aber es passiert auch Unvorhergesehenes.

STANDARD: Zum Beispiel?

Krisch: Wir haben durch den Ausfall der Gazprom eine etwas angespannte Situation. Das müssen wir kompensieren. Der Einzug in eine internationale Gruppenphase war von großer Bedeutung.

STANDARD: Die Austria ist auch in der Bredouille, weil man unter Ihrem Vorgänger mit konstanten Einnahmen aus dem Europacup spekuliert hatte. Ist man klüger geworden?

Krisch: Das Wort Spekulieren gefällt mir nicht. Wir haben Ziele. Wir wollen jährlich in der Meistergruppe spielen, um die Chance auf den Europacup zu wahren. Aber wir werden keine Einnahmen budgetieren.

STANDARD: Die Austria ist im Cup wieder ohne Brustsponsor aufgelaufen. Ist es so schwierig, einen Sponsor zu finden?

Krisch: Die Suche ist in schwierigen Zeiten nicht leichter geworden. Potenzielle Sponsoren sind vorsichtig. Wir führen laufend Gespräche, es gibt interessante Möglichkeiten. Ob daraus etwas wird, werden wir in den kommenden Wochen sehen.

STANDARD: Wie wirkt sich die Krise am Energiemarkt auf die Kostenstruktur des Vereins aus?

Krisch: Die höheren Kosten werden unser Budget belasten. Da geht es der Austria nicht anders als dem Rest der Gesellschaft. Gott sei Dank haben wir in unserem Effizienzsteigerungsprogramm die Verbräuche gedrosselt. Die Preissteigerung wird die Ersparnisse wieder schlucken.

STANDARD: Marko Raguz wurde für eine kolportierte Ablösesumme von 1,3 Millionen Euro verpflichtet. Das hört sich nicht nach Sparprogramm an.

Krisch: Wir haben elf Spieler abgegeben. Davon drei Führungsspieler und vier Stammspieler. Wir mussten uns neu aufstellen, um drei Bewerbe so erfolgreich wie möglich zu bewältigen. Also haben wir beschlossen, einen Teil der durch das internationale Geschäft lukrierten Fixeinnahmen zu investieren. Die Mannschaft ist das Kernprodukt.

STANDARD: Trotzdem ist die Summe für Austria-Verhältnisse hoch. Der Spieler hatte zuletzt gröbere Verletzungssorgen. Ist das nicht eine hochriskante Sache?

Krisch: Das sehe ich nicht so. Ich verlasse mich in diesem Fall auf die sportliche Expertise von Manuel Ortlechner. Er kennt den Spielermarkt gut. Und ich verlasse mich auch auf die Einschätzung unseres medizinischen Teams.

STANDARD: Am Freitag beginnt die Meisterschaft. Die Fantribüne ist auf zwei Rängen bereits mit Saison-Abos ausverkauft, ein Novum. Zufrieden?

Krisch: Die hohe Akzeptanz bei den Fans bereitet uns große Freude. Viele Austrianer waren in den vergangenen Jahren nicht verwöhnt mit Erfolgen und schönen Spielen. Wir wollen durchschnittlich mehr als 10.000 Besucher und Besucherinnen. Die Fans sind hungrig. (Philip Bauer, 20.7.2022)