Ob diese "Caritas Romana" überhaupt von Artemisia Gentileschi gemalt wurde, scheint noch nicht erwiesen.

AP/Carabinieri Cultural Heritage Protection Squad

Bari/Wien – Gemälde der italienischen Barockkünstlerin Artemisia Gentileschi gehören seit einigen Jahren zu den international begehrtesten Werken in der Kategorie Alter Meister. Zu den Top-Umschlagplätzen gehört Wien, wo das Dorotheum zuletzt beachtliche Auktionsergebnisse für Arbeiten der Künstlerin erzielte. Etwa 2018, als ihre "Lucretia", entgegen dem ursprünglichen Schätzwert (400.000 bis 700.000 Euro) für stattliche 1,88 Millionen Euro den Besitzer wechselte.

Eine weitere erfolgreiche Gentileschi-Versteigerung in Österreich wurde von italienischen Ermittlern jüngst vereitelt, wie am Dienstag bekannt wurde. Das Mitte des 17. Jahrhunderts entstandene Bild "Caritas Romana" wurde STANDARD-Recherchen zufolge bereits Mitte April über eine Ermittlungsanordnung der italienischen Behörden vom Landeskriminalamt Wien im Dorotheum beschlagnahmt. Nun kam es zur Rückführung des Gemäldes nach Italien.

Täuschung oder Unwissen

Wie die Justizbehörde der Europäischen Union Eurojust in einer Aussendung informierte, sei die für dieses Bild 2019 erteilte Ausfuhrgenehmigung des italienischen Kulturministeriums durch falsche oder mangelhafte Angaben des Antragstellers zustande gekommen.

Laut den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft von Bari war das Gemälde in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts von einem Grafen Giangirolamo II bei Artemisia Gentileschi in Auftrag gegeben worden und auch in dessen Nachlass dokumentiert gewesen. Eine Information, die beim Ausfuhransuchen ebenso unerwähnt geblieben sei wie die bestätigte Autorenschaft Gentileschis. Ein ähnlicher Modus Operandi soll den Behörden bereits von einem anderen Gentileschi-Bild bekannt sein. Sie ermitteln nun gegen zwei Verdächtige wegen Betrugs.

Offener Rechtsstreit mit Ausfuhrbehörde

Ungenaue Angaben in Ausfuhransuchen können, müssen allerdings kein Hinweis auf eine gezielte Irreführung von Behörden sein, wie die Praxis lehrt. Gerade bei Gemälden Alter Meister, die mehrheitlich nicht signiert und nur sporadisch publiziert wurden, bedarf es oft detaillierter Forschung, um das Werk – gesichert oder wahrscheinlich – einem bestimmten Künstler zuzuordnen. Im konkreten Fall hieß es "Artemisia Gentileschi und/oder Onofrio Palumbo zugeschrieben, vormals Massimo Stanzione zugeschrieben", wie das Dorotheum auf Anfrage mitteilt.

Die ursprüngliche Ausfuhrgenehmigung wurde aufgehoben, nachdem das Bild bereits nach Wien transportiert worden war. Laut Dorotheum befinden sich "die Eigentümer, die das Bild geerbt haben, seitdem in einem offenen Rechtsstreit mit der Ausfuhrbehörde". (Olga Kronsteiner, 20.7.2022)