Die beiden Konzerne arbeiten bereits am Projekt Hinkley Point, das erste neue Atomkraftwerk in Großbritannien seit mehr als 20 Jahren.

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London – Die britische Regierung hat grünes Licht für den Bau eines neuen Atomkraftwerks im Osten des Landes gegeben. Das Kraftwerk Sizewell C werde "emissionsfreien Strom für sechs Millionen Haushalte" produzieren, erklärte die Regierung am Mittwoch in London. Mit dem Bau der Anlage, die über eine Leistung von 3.200 Megawatt verfügt, will Großbritannien seine Klimaziele erreichen: Bis 2050 will das Vereinigte Königreich netto emissionsfrei sein.

Regierungsvertreter hatten bereits im Jänner angekündigt, dass die Regierung das Projekt mit 100 Millionen Pfund (117,4 Millionen Euro) unterstützen werde. Die Finanzspritze soll auch dazu dienen, zusätzliche Investoren für das Projekt zu gewinnen.

Die finanzielle Zusage werde "genutzt, um die Entwicklung des Projekts voranzutreiben", hieß es in einer Erklärung des Energieministeriums. Auch weitere Regierungsgelder seien unter dem Vorbehalt der notwendigen Genehmigungen denkbar.

Französischer Konzern EDF hält 80 Prozent

Federführend ist bei dem Bau der französische Energiekonzern EDF, dieser hält 80 Prozent an dem Projekt. Die übrigen 20 Prozent liegen bei dem chinesischen Staatskonzern CGN. Bereits im vergangenen Jahr hatten Gespräche zwischen der britischen Regierung und EDF begonnen, spekuliert wurde über einen Ausschluss des chinesischen Projektpartners wegen zunehmender Spannungen zwischen London und Peking.

Sizewell C ist nicht das einzige Projekt in Großbritannien mit chinesischer Beteiligung: Im Südwesten Englands arbeitet der Konzern gemeinsam mit EDF am Bau des Atomkraftwerks Hinkley Point. Bei dem Projekt handelt es sich um das erste neue Atomkraftwerk in Großbritannien seit mehr als zwei Jahrzehnten.

Greenpeace kritisiert Entscheidung

Insgesamt verfügt das Vereinigte Königreich über 15 Nuklearreaktoren an acht verschiedenen Standorten. Viele der Reaktoren erreichen jedoch bald das Ende ihrer Laufzeit. Der britische Premierminister Boris Johnson hatte versprochen, jedes Jahr einen neuen Nuklearreaktor zu bauen. Dazu sollten neben großen Reaktoren auch kleinere, "modulare" Anlagen gehören.

Die Umweltorganisation Greenpeace kritisierte die Entscheidung für das neue Atomkraftwerk. "Sizewell C steht für alles, was mit der Energiepolitik falsch läuft", sagte der wissenschaftliche Leiter von Greenpeace in Großbritannien, Doug Parr. "Anstatt Zeit und Geld für diese Scheinlösung zu verschwenden, sollte die Regierung lieber alles daran setzen, günstige, saubere und verlässliche erneuerbare Energien zum Rückgrat unserer Energieversorgung zu machen."

Gewerkschaften begrüßten die Ankündigung hingegen, forderten aber mehr Transparenz bei der Finanzierung des Projekts. "Sizewell C ist unverzichtbar, um unseren Energiebedarf zu decken", so Charlotte Childs von der Gewerkschaft GMB. "Dies ist ein wichtiger Schritt vorwärts für unsere Energiesicherheit und die Klimaneutralität." (APA, 20.7.2022)