Martina Voss-Tecklenburg coacht am Donnerstag Deutschland im Duell mit Österreich.

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Martina Voss-Tecklenburg hatte viel Arbeit vor sich, als sie 2018 Bundestrainerin der deutschen Fußballerinnen wurde. Nach Jahren, ach was, Jahrzehnten der Dominanz bröckelte das Denkmal, das sich die deutschen Kickerinnen erspielt hatten: Acht Europameistertitel, zwei Weltmeistertitel und dazu Olympiagold 2016 waren auf der Habenseite, bei der Europameisterschaft 2017 in den Niederlanden scheiterte die Auswahl des deutschen Fußballbundes (DFB) allerdings verhältnismäßig kläglich im Viertelfinale.

Die damalige Trainerin Steffi Jones musste abdanken, die so lange heile deutsche Fußballwelt war überschattet von Kritik, Anschuldigungen und schwachen Ergebnissen. Kurz: eine formidable Krise. Nach einer Interimsphase unter Horst Hrubesch sollte die 125-fache Teamspielerin Voss-Tecklenburg übernehmen und vor allem das Vertrauen zwischen Spielerinnen und Betreuerinnenstab wiederherstellen.

Vertrauen zerrüttet

Dabei wurde das Vertrauen zwischen der verdienten Mittelfeldspielerin und dem DFB schon während ihrer aktiven Karriere ordentlich zerrüttet. 2000, kurz vor den Olympischen Spielen in Sydney, herrschte Aufruhr im deutschen Teamcamp. Voss-Tecklenburg, damals noch nur Voss, und ihre damalige Lebensgefährtin und Starstürmerin Inka Grings trennten sich, Kapitänin Voss wurde anschließend nicht mehr für die Nationalelf berücksichtigt. Immerhin gab’s ein Abschiedsspiel für sie.

Das ist lange her. Rückblickend, sagte die 54-Jährige einmal in der Zeit, seien die Jahre im Nationalteam die schwierigsten ihres Lebens gewesen. Sie arbeitete Vollzeit als Bürokauffrau, spielte Fußball und zog ihre Tochter auf. Der Fußball ließ sie jedenfalls nicht los.

"Empathische Führungskraft"

"Die Martina", wie sie auch immer wieder von Spielerinnen genannt wurde, oder "MVT", wie sie sich selbst abkürzt, gilt als harte, aber empathische Führungskraft, setzt auf direkte Kommunikation, vermeidet Mätzchen und Geheimnistuereien. Sie fordert viel, sieht aber laut Teamspielerin Lisa Magull auch immer den "Menschen". Seit 2009 ist die gebürtige Duisburgerin mit dem Bauunternehmer Hermann Tecklenburg verheiratet, im März 2022 wurde sie Großmutter.

Als Trainerin machte sich Voss-Tecklenburg vor allem in der Schweiz einen Namen. Die Eidgenossinnen führte sie erstmals zu einer WM (2015) und einer EM (2017). Am Donnerstag trifft sie mit Deutschland im Viertelfinale der Euro in England auf Österreich. (Andreas Hagenauer, 21.7.2022)