Ein politisches Gipfeltreffen hat meist nicht nur den Zweck, eine Themenliste abzuarbeiten – was nicht ohne Vorarbeit des diplomatischen Fußvolks geht, auf deren Ergebnisse sich die "Chefs" dann stützen –, sondern ist mindestens so sehr auch ein Vehikel für Symbolpolitik. So wollten die Präsidenten Russlands, der Türkei und des Iran bei ihrem Dreiertreffen am Dienstag in Teheran vorführen, dass es eine Gegenwelt zu jener von den USA und deren Agenda angeführten gibt. Kurz nachdem US-Präsident Joe Biden bei seinem Treffen mit gleich neun arabischen Potentaten in Saudi-Arabien das Heft im Nahen Osten wieder in die Hand zu nehmen versuchte, machten Wladimir Putin, Recep Tayyip Erdoğan und Ebrahim Raisi ihre eigene Politik.

Ein Gipfeltreffen als Vehikel für Symbolpolitik. Die Differenzen zwischen Moskau, Ankara und Teheran bleiben bestehen.
Foto: APA/AFP/SPUTNIK/SERGEI SAVOSTYAN

Die Gipfeltreffen in Jeddah und in Teheran haben gemein, dass die Bilanz bei beiden durchwachsen ausfiel. Weder Biden noch Putin fuhren als strahlende Sieger heim, manches grenzte gar an Demütigung. Anstatt sich einem israelisch-arabischen Luftverteidigungspakt anzuschließen, entsenden die Vereinigten Arabischen Emirate doch lieber wieder einen Botschafter in den Iran. Und in Teheran ließ Erdoğan den russischen Präsidenten – der bei dieser Gelegenheit sein Mienenspiel nicht mehr ganz unter Kontrolle hatte – peinlich lange vor laufenden Kameras auf seinen eigenen Auftritt warten.

Natürlich handelte es sich um eine Retourkutsche für eine ähnliche Szene, die sich vor gut zwei Jahren zuungunsten Erdoğans im Kreml abspielte. Aber dennoch war die Nervenstärke des Türken, der vom russischen Kriegsherrn grünes Licht für eine Militäroperation in Nordostsyrien erwartete, erstaunlich. Falls Putin bisher vielleicht damit rechnete, dass Erdoğan bei der Frage der Nato-Erweiterung immer noch mit dem Westen spielt, um mehr Zugeständnisse, zum Beispiel US-Waffenlieferungen, zu erreichen, wird er nach dieser Machtdemonstration nicht mehr so sicher sein.

Die großen türkisch-russischen Differenzen sind nicht erst seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine evident, auch wenn in Syrien bisher eine Art Burgfrieden gehalten hat; man wird sehen, wie lange noch. Russland baut seinen Einfluss in einer Region, die historisch der Hinterhof der Türkei ist, ja auch auf deren Kosten aus, nicht nur auf jene der USA, die sich in den vergangenen Jahren selbst zurückgezogen haben.

Aber sogar mit dem bemühten Gastgeber Iran, dessen sogenannte Achse des Widerstands – gegen die US-Politik – im Zentrum von Bidens Nahostreise stand, hat Russland nicht nur gemeinsame Interessen. Der geteilte Antagonismus zum Westen kann nicht darüber hinwegtäuschen. Und Symbolpolitik ist eben auch oft nicht mehr als das. Da kann noch so sehr die neue Energiezusammenarbeit beschworen werden – umso demonstrativer, als die Saudis die US-Wünsche nach mehr Ölförderungen nicht erfüllten. Aber Moskau und Teheran bleiben auf dem Markt Konkurrenten. Dass der Iran durch die Atomsanktionen von den westlichen Märkten ausgeschlossen bleibt, garantiert Russland einen hohen Ölpreis. (Gudrun Harrer, 20.7.2022)