Selbst Softwareriesen wie Google können sich mit einem Projekt schon einmal übernehmen. Ursprünglich für eine Veröffentlichung im August 2021 anvisiert, erschien Android 12 schlussendlich erst zwei Monate später – und auch das "nur" im Quellcode. Die üblicherweise parallel freigegebenen Updates für Pixel-Smartphones folgten noch einmal ein paar Wochen danach.

Alles wird gut

Beim Nachfolger scheint nun alles wieder auf Kurs: Google hat vor kurzem mit Android 13 "Tiramisu" die neueste Generation seines Betriebssystems veröffentlicht. Der STANDARD hat sich dank der offenen Testphase bereits in den vergangenen Monaten aus nächster Nähe ansehen können, was die neue Version an Neuerungen zu bieten hat. Die dabei gesammelten Erkenntnis sollen in der Folge in gewohnter Ausführlichkeit dargeboten werden, und zwar von oberflächlichen Neuerungen bis zu strukturellen Verbesserungen auf den untersten Ebenen des Betriebssystems.

Android 13 auf einem Pixel 6 Pro.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Zuvor aber noch eine kleine Randbemerkung: Der Autor nimmt sich die Frechheit heraus, den Codenamen "Tiramisu" für Android 13 so zu führen, als wäre er ein offizieller. In Wirklichkeit hat Google diese – einst öffentlich mit dazu passenden Android-Statuen zelebrierten – Beinamen zwar vor einigen Jahren gestrichen, intern wird die neue Version aber von den Entwicklerinnen und Entwicklern als "Tiramisu" geführt – und das ist schlussendlich ohnehin das, was zählt.

Ein Smartphone, viele Sprachen

Beginnen wir mit einer Neuerung, die vor allem jene erfreuen wird, die mehrsprachig kommunizieren. Mit Android 13 ist es jetzt möglich, für jede App die Sprache individuell zu wählen. Gab es bisher eine gemeinsame Systemsprache, die auf alle Programme angewendet wurde, lassen sich nun also Ausnahmen machen. Wer etwa sein Smartphone generell lieber auf Englisch nutzen will, aber bei einzelnen Programmen begrenzt gelungenen Übersetzungsversuchen entgehen will, der kann diese dann gezielt auf Deutsch stellen. Oder auch Spanisch. Oder Russisch. Oder was auch immer man so sonst spricht.

An dieser Stelle muss eine kleine Einschränkung für die vorher so salopp aufgestellte Behauptung, dass dies mit jeder App möglich ist, vorgenommen werden. Theoretisch ist das zwar so, in der Praxis müssen Programme dafür aber bereits für Android 13 optimiert sein – was derzeit natürlich noch wenige sind. Insofern ist die Liste der Apps, mit denen das geht, noch überschaubar, dürfte in den kommenden Monaten aber deutlich wachsen.

Wer will, kann jetzt für Apps die gewünschte Sprache einzeln auswählen.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Die entsprechende Anpassung kann übrigens sowohl bei den systemweiten Spracheinstellungen als auch mittels der "App Informationen" zu einem einzelnen Programm vorgenommen werden. Zudem liefert Android 13 standardisierte Dialoge, die Apps übernehmen und so den Sprachwechsel selbst anbieten können.

Copy und Paste

Eigentlich sollte man meinen, dass solch grundlegende Dinge wie "Copy und Paste" bei modernen Systemen abgehakt sind. Doch Google bringt in dieser Hinsicht tatsächlich eine interessante Neuerung. Wird eine Textpassage in den Zwischenspeicher kopiert, wird am unteren Bildschirmrand kurzfristig eine visuelle Bestätigung über das restliche Geschehen eingeblendet, die gleichzeitig auch eine Vorschau enthält – also zeigt, was kopiert wurde.

Beim Kopieren wird nun ein Dialog angezeigt, über den der Inhalt des Zwischenspeichers schnell bearbeitet oder auch weitergeleitet werden kann.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Richtig interessant wird es aber, wenn man auf diese Vorschau drückt. Dann öffnet sich nämlich ein einfacher Editor, in dem der Inhalt angepasst werden kann. Nützlich ist das vor allem bei Apps, die die Textauswahl erschweren oder ihre Kopierfunktion mit unnötigen Zusatzinformationen versehen. Zudem gibt es neben der Preview-Ansicht auch einen Share-Knopf, um das Ganze auch gleich mit ausgewählten Apps zu teilen.

Ausblenden

Übrigens können Apps dieser Voransicht mitteilen, dass es sich um geheime Inhalte handelt. In so einem Fall werden dann statt des echten Inhalts zunächst nur ein paar Sterne dargestellt, erst beim Editieren zeigt sich der eigentliche Inhalt. Passend dazu: Wollen Apps nicht, dass ihr Inhalt in einer Vorschau in der Taskübersicht zu sehen ist, können sie das nun ebenfalls dem System mitteilen. Nicht minder sicherheitsrelevant: Sämtliche Inhalte im Zwischenspeicher werden jetzt nach 60 Minuten automatisch gelöscht.

Material You v1.1

Unter dem Namen "Material You" hat Google in Android 12 ein vollständig neues Designsystem eingeführt. Der Name ist dabei Programm – steht doch im Zentrum ein System, das anhand des Hintergrundbilds automatisch passende Farben für die gesamte Oberfläche auswählt und so ebendiese persönlicher machen soll. So richtig konsequent wurde das zwar nur bei Googles eigenen Pixel-Geräten umgesetzt, aber einzelne Hersteller ziehen mittlerweile nach – oder bieten zumindest eigene Alternativen an.

Mit Android 13 baut Google dieses System nun weiter aus. Wurden bisher zu jedem Hintergrundbild vier unterschiedliche Paletten vorgeschlagen, sind es nun bis zu 16. Hinter dieser Erweiterung stehen mehrere unterschiedliche Stile von dezent bis lebhaft. Zudem ist auffällig, dass jetzt generell mehr unterschiedliche Farben angeboten werden. So gibt es nun Paletten mit Grau oder Silber, etwas, das zwar auf Werbeplakaten für das Pixel 6 zu sehen, aber in Android 12 nie verfügbar war.

Fixe Paletten als Alternative

Zudem kappt "Material You" in seiner neuen Iteration ein Stück weit die fixe Anbindung an das Hintergrundbild. So können nun auch vorgefertigte Farbpaletten für die Oberfläche ausgewählt werden, also Paare aus Highlight- und Hintergrundfarbe, die sich nicht am Wallpaper orientieren. Zuvor war es lediglich möglich, eine Highlightfarbe zu wählen, die dann mit immer dem gleichen – weißen oder schwarzen – Hintergrund kombiniert wurde. Apropos: All diese Farbpaletten gibt es natürlich jeweils in angepassten Varianten für "Light" und "Dark Mode".

Material You in neuer Version, der Homescreen mit und ohne Themed Icons – und das geht mittlerweile sogar schon bei einzelnen Nicht-Google-Apps.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Themed Icons, jetzt für alle

Als ein Pixel-spezifisches Feature – und selbst das mit dem Hinweis "Beta" versehen – waren in Android die sogenannten "Themed Icons" enthalten – also die Möglichkeit, am Homescreen App-Icons in einem visuell stark reduzierten Stil zu präsentieren, der dann auch die Highlight-Farben von "Material You" übernimmt. Das Problem dabei: All das war auf Google-Apps beschränkt, einen einheitlichen Look konnten also nur jene erzielen, die keine Apps von Drittherstellern am Homescreen haben.

Mit Android 13 ändert sich das nun: Die neue Version bietet offizielle Schnittstellen für dieses Feature, was konkret bedeutet, dass jede App ein solches "Themed Icon" als Alternative zu ihrem klassischen Icon anbieten kann. Zudem können jetzt auch andere Smartphone-Hersteller dieses Feature übernehmen – ob sie das auch tun, muss sich allerdings erst zeigen.

Eine weitere Detailverbesserung: Für den "Schlafenszeitmodus", der automatisch zu einer gewissen Zeit aktiviert werden kann, gibt es eine neue Option in Android 13: Es kann jetzt automatisch das Hintergrundbild gedimmt werden, um in der Nacht möglichst wenig Licht zu erzeugen. Das ist fraglos nützlich, wünschenswert wäre es aber, dass allgemein über den Dark Mode steuern zu lassen – also unabhängig davon, ob schon Schlafenszeit ist oder nicht.

Mediensteuerung

Wenn wir schon beim Thema grafischer Feinschliff sind: Die zentrale Mediensteuerung von Android, die oberhalb der Benachrichtigungen angezeigt wird, wurde – einmal mehr – neu gestaltet. War die "Cover Art" dem gerade abgespielten Titel in Android 12 noch als Icon zur Seite gestellt, wird diese nun für den gesamten Hintergrund herangezogen. Zudem gibt sich der Fortschrittsbalken verspielter und wird während der Wiedergabe in einer Wellenlinie präsentiert. Ein zugegebenermaßen kleines Detail, das sich aber gut in den "Material You"-Look einfügt.

Wer genau schaut, dem wird übrigens auffallen, das dieser Dialog nicht bei allen Apps gleich aussieht, bei manchen wird zusätzlich der Abspielknopf rechts groß hervorgehoben. Das liegt daran, dass jene, die bereits auf Android 13 abzielen, auch technisch eine Vereinheitlichung übernehmen, bei der das System die optimale Platzierung der Knöpfe selbst wählt. Gedacht ist das nicht zuletzt für Formfaktoren jenseits von Smartphones – also etwa Tablets –, die ja unter Android gerade eine Art Renaissance erleben – aber dazu später noch mehr. Passend zu alldem wurde noch der Dialog für die Wahl des Ausgabegeräts im Stil von "Material You" neu gestaltet.

Schnelleinstellungen

Die mit Android 12 vorgenommene – und ziemlich umstrittene – Neugestaltung der Schnelleinstellungen mit größeren Schaltflächen behält Google zwar bei, zumindest gibt es aber die eine oder andere Detailverbesserung beim Layout. So sind die Knöpfe zum Aufrufen der vollständigen Systemeinstellungen sowie des Ausschaltdialogs nun ganz unten angebracht, womit sie mit einer Hand erheblich leichter zu erreichen sind.

Die Schnelleinstellungen samt neuer Mediensteuerung – und das sogar in zwei Versionen. Der Dialog zum Wechsel auf ein anderes Ausgabegerät wurde ebenfalls neu gestaltet. Zudem gibt es nun einen simplen Task Manager, um stromverbrauchende Apps manuell zu beenden.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Wirklich spannend ist aber, was links davon zu finden ist: nämlich eine Box, die darüber informiert, wie viele Apps gerade "aktiv" sind. Aktiv meint in diesem Fall, dass die betreffenden Programme gerade laufen, obwohl sie nicht sichtbar sind – und somit auch potenziell Strom verbrauchen. Doch es wird noch interessanter: Ein Touch auf diese Box offenbart nämlich nicht nur, um welche Apps es geht, es wird auch deren vollständiges Beenden angeboten.

Stromsparen

Google gibt den Android-Nutzern auf diese Weise also neue Möglichkeiten zum Stromsparen – und informiert so auch auf sehr direkte Weise, welche Apps gerade potenziell unnötig Strom verbrauchen. "Foreground Services Task Manager" nennt sich das Ganze und ist auch technisch interessant umgesetzt, wird dabei doch die gesamte App samt all ihren Diensten komplett aus dem Speicher geworfen – und nicht nur der aktive "Foreground Service". Darauf sollten Apps künftig auch vorbereitet sein.

QR-Codes und Smart Home

Doch noch einmal zu den Schnelleinstellungen, hier gibt es nämlich noch zwei interessante Neuerungen. Das eine ist die Integration eines QR-Code-Readers. Ja, so etwas bieten bereits viele Kamera-Apps an, eine zentrale Schaltfläche, die von überall aus gleich zu erreichen ist, ist trotzdem eine feine Sache. Zudem kommt Google dem Wunsch – oder eher den Beschwerden – einiger lautstarker Nutzer nach: Ist es nun doch möglich, Smart-Home-Geräte von den Schnelleinstellungen ausgehend auch dann zu steuern, wenn das Smartphone nicht entsperrt ist.

Bevor jetzt jemand – zu Recht – "Aber die Sicherheit!" schreit: Das Ganze ist optional, also von Haus aus nicht aktiviert. Für jene, die nicht immer das Smartphone entsperren wollen, bevor sie das Licht im Zuhause steuern können, ist das aber eine nützlich Option – solange ihnen bewusst ist, dass das dann natürlich auch jeder tun kann, der das Smartphone in die Hand bekommt.

Und noch eine Neuerung bei den Schnelleinstellungen: Apps können nun den Nutzern ihre eigenen Schaltflächen aktiv anbieten und vor allem bei deren Zustimmung auch gleich direkt in der Liste platzieren.

Neue Liebe für Tablets

Unter dem Namen Android 12L hat Google vor einigen Monaten eine Art Zwischenversion für sein Betriebssystem veröffentlicht, eine, die ganz auf einen allzu lange vernachlässigten Bereich abzielte: Tablets sowie andere Geräte mit größerem Bildschirm wie Foldables oder Chromebooks. Mit Android 13 wird diese Entwicklung fortgesetzt.

Die Schnelleinstellungen machen sich in Android 13 auch auf Tablets sehr gut. Der zusätzliche Platz wird nicht zuletzt genutzt, um die Benachrichtigungen zur Seite zu stellen.
Grafik: Google

So gibt es nun im am unteren Bildschirmrand auf solchen Geräten angebrachten Dock auch einen Knopf zum Aufruf des App Launcher. Zudem wurde das Anordnen mehrerer Programme nebeneinander erleichtert, es reicht nun, das zugehörige App-Icon an den Bildschirmrand zu ziehen, um es auf der entsprechenden Bildschirmhälfte zu positionieren. Viel wichtiger ist aber, dass zuletzt einige der Google-Apps für große Displays optimiert wurden, so manch anderer Hersteller will in dieser Hinsicht ebenfalls nachziehen. Das hat aber ursächlich nichts mit Android 13 zu tun, sei an dieser Stelle also nur am Rande erwähnt.

Vorbereitungsarbeiten

Versteckt finden sich im neuen System aber noch viel interessantere Dinge. Und zwar einen Hub Mode, der offenbar dafür gedacht ist, eine spezielle Ansicht zu bieten, wenn ein Tablet mit einem Dock verbunden ist, wie Mishaal Rahman von Esper aufgespürt hat. Dazu gehört, dass hier die Informationen von mehreren Nutzern in einer Ansicht zusammengeführt werden können, auch das gemeinsame Bearbeiten von Daten soll so möglich werden. Klingt alles zugeben noch etwas mysteriös, was wohl daran liegt, dass noch nicht klar ist, wie das dann in der Praxis aussehen wird.

Die Vermutung liegt nahe, dass das für Googles eigenes Pixel Tablet, das kommendes Jahr auf den Markt kommen soll, gedacht ist. Dass dessen – vor einigen Monaten bereits kurz zu sehendes – Design gewisse Ähnlichkeiten mit smarten Displays wie dem Nest Hub Max aufweist, dürfte wohl auch kein Zufall sein. Das Tablet am Dock dürfte also nicht nur zum zentralen Anlaufpunkt für das Teilen wichtiger Informationen mit der gesamten Familie werden, sondern gleich auch zur Smart-Home-Steuerung.

Die Zurück-Revolution

Mit Google News klappt die "Predictive Back Gesture" bereits – zumindest wenn zuvor die entsprechende Option in den versteckten Developer Settings aktiviert wurde.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Langfristig gesehen ist es wohl die wichtigste Neuerung von Android 13: Unter dem Namen "Predictive Back Gesture" will Google die zentrale Zurück-Funktion seines Systems berechenbar machen. Seit den Anfängen begleitet Android das gleiche Problem: Es ist nicht immer klar, was bei der Nutzung dieser Funktion – früher via Knopf in der Systemnavigation, jetzt via Geste – passiert. Manchmal geht es einen Bildschirm zurück in der gerade aktiven App, manchmal wechselt das Geschehen auf den Homescreen.

Also hat sich Google etwas anderes einfallen lassen: Beim Auslösen der Zurück-Geste soll künftig über eine Animation angedeutet werden, was passiert, wenn diese vollständig durchgeführt wird. So wird dann etwa der Homescreen nach und nach ins Bild geschoben, um zu zeigen, dass die Reise dorthin gehen wird.

Eine Grundlage, mehr nicht

Das klingt alles äußerst sinnvoll, allerdings haben die Nutzerinnen davon in Android 13 noch recht wenig. Ist das Ganze doch von Haus aus noch gar nicht aktiv, und selbst wenn man die versteckte Option findet, klappt das erst mit wenigen Apps. Der Grund dafür: So ein System muss durchgängig funktionieren, damit es für die User nicht frustrierend ist. Heißt: Es braucht die Mitarbeit von App-Entwicklerinnen, die ihre Programme entsprechend anpassen müssen.

Entsprechend sieht Google das Ganze denn auch als mehrjähriges Projekt an. In dieser ersten Phase nur für Entwickler gedacht, wird das Thema für die breite Masse frühestens mit Android 14 wirklich relevant. Das ist natürlich eine gewisse Enttäuschung, aber wenn dafür eine der größten Nervigkeiten im Umgang mit Android-Geräten – und das ist dieses Problem – ausgeräumt wird, soll es das wert sein.

Es geht in die Tiefe: Berechtigungen

An dieser Stelle geht der Artikel dann langsam in den Bereich der strukturellen Verbesserungen über, also jener Dinge, die nicht auf den ersten Blick sichtbar sind, in Wirklichkeit aber den wichtigsten Teil jeder neuen Android-Generation ausmachen. Beginnen wir beim Thema Berechtigungen: Ab Android 13 müssen nämlich Apps eine explizite Zustimmung einholen, wollen sie Benachrichtigungen anzeigen – ähnlich wie es bisher schon für den Zugriff auf Standort, Kamera und Co vonnöten war.

Der Grund dafür ist schnell erklärt: Es gibt einfach zu viele Apps, die die Nutzer mit Benachrichtigungen regelrecht zuspammen. Zwar kann all das im Detail eingestellt werden, bei der Masse an Optionen ist das aber oftmals schon fast ein eigener Vollzeitjob – weshalb es viele einfach nicht tun. Einer App, von der man ohnehin nie Benachrichtigungen haben will, diese von Anfang an zu verbieten ist da die einfachere Lösung.

Vorsicht

In Zukunft müssen neu installierte Apps eine Genehmigung einholen, bevor sie Benachrichtigungen anzeigen dürfen. Bei Updates von früheren Android-Generation wird in den meisten Fällen die Zustimmung implizit angenommen, um die Nutzer nicht mit Anfragen zu überfordern. Wer will, kann aber natürlich die Einstellungen durchgehen und die Berechtigung gezielt entziehen.
Screenshots: Proschofsky / STANDARD

Gleichzeitig muss gesagt werden: Einfach sämtlichen Apps Benachrichtigungen zu verwehren ist natürlich auch nicht sinnvoll. Ein Messenger braucht nun einmal die entsprechende Berechtigung, um rasch über eingehende Mitteilungen zu informieren. Andererseits kann man sich die Informationen von irgendwelchen Spielen über Sonderangebote und Events oftmals ganz ersparen. Oder aber man ist so verwegen und verzichtet generell auf Notifications von Instagram und Co und besucht solche Apps lieber gezielt, als dauernd mit neuen Hinweisen gestresst zu werden.

Bleibt abzuwarten, ob dieser Plan aufgeht. Immerhin ist es bisher so, dass praktisch jede App Benachrichtigungen anzeigt. Im schlimmsten Fall könnte dies dazu führen, dass die Nutzer solchen Anfragen ohne nachzudenken zustimmen – womit dann wenig gewonnen wäre. Solche Effekte sind aus Nutzungsstudien wohlbekannt. Umgekehrt besteht das Risiko, dass ein anderer Teil der User alle solchen Anfragen ablehnt – und Apps dann dauernd erklären müssen, warum zentrale Funktionalitäten nicht gehen.

Ein verwegener Vorschlag

Generell ist es aber natürlich zu begrüßen, wenn Google mehr Funktionalitäten hinter explizit einzuholende Berechtigungen stellt, weil das die Wahlfreiheit fördert. Der aktuelle Zeitpunkt ist dabei auch durchaus ein guter – hat man doch in den vergangenen Jahren die Nutzung von sensiblen Berechtigungen generell stark zurückgedrängt. Das heißt auch, dass die Zahl solcher Anfragen reduziert wurde – und somit quasi Platz für neue geschaffen wurde.

Freilich stellt sich schon die Frage, ob da die Benachrichtigungen in der Relevanz ganz oben stehen. Insofern darf der Autor so verwegen sein und sich von Google für Android 14 die Möglichkeit wünschen, Apps generell den Zugriff auf das Internet zu verweigern. Das muss auch nicht einmal über eine explizite Berechtigung sein, ein Schalter zum Deaktivieren würde fürs Erste schon einmal reichen.

Fertig filetiert

Durch einen systemweiten Fotoauswahldialog müssen künftig viele Apps nicht mehr generell den Zugriff auf den lokalen Datenspeicher einfordern.
Grafik: Google

Apropos "Reduktion der Nutzung sensibler Berechtigungen". Ein neuer Fotoauswahldialog erlaubt es Nutzerinnen, gezielt einzelne Bilder oder Videos an eine App zu übergeben. Das klingt zunächst unspektakulär, hat aber einen entscheidenden Vorteil: Da die User hier ohnehin explizit einzelne Bilder auswählen, braucht eine App, die diesen vom System gelieferten Dialog verwendet, auch keinen dauerhaften Zugriff auf den lokalen Datenspeicher. Das ist gut für die App, die keine Berechtigungsanfrage stellen muss. Noch besser ist es aber für die User, die sich so sicher sein können, dass das Programm lediglich Zugriff auf ebenjene ausgewählten Fotos hat und nicht sämtliche Bilder am Datenspeicher einsehen kann, wie es bei einer fixen Vergabe der zugehörigen Berechtigung der Fall ist.

Überhaupt geht es dieser "External Storage" genannten Berechtigung langsam endgültig an den Kragen. Unter dem Namen "Scoped Storage" wurde diese bereits in den vergangenen Jahren filetiert, um zu verhindern, dass sich Apps unbemerkt Zugriff auf allerlei sensible Informationen verschaffen. Vor einigen Jahren war es ja noch so, dass jede App mit dieser Berechtigung sämtliche lokal gespeicherten Fotos, Dokumente und anderen privaten Dateien hätte durchstöbern können. Heutzutage gibt es einen solchen Vollzugriff nur mehr mit expliziter Ausnahmegenehmigung von Google – etwa für Dateimanager.

Aufteilung

In Android 13 setzt Google den nächsten Schritt. Gab es bisher eine gemeinsame Berechtigung für alle Medienarten, wird diese jetzt in Fotos, Videos und Sound aufgesplittet. Eine logische Weiterentwicklung, immerhin ist nicht nachvollziehbar, warum eine Audio-App auch die lokalen Fotos einsehen können soll. Fotos und Videos werden zwar weiter in einer gemeinsamen Abfrage geführt, im Sinne der Reduktion der Komplexität ist das aber eine durchaus nachvollziehbare Entscheidung.

Aus der gemeinsamen Berechtigung für "Dateien und Medien" werden in Android 13 getrennte Abfragen für "Fotos und Videos" sowie für "Musik und Audio".
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Veränderungen gibt es zudem bei der "Körpersensoren"-Berechtigung, die so sensible Dinge wie den Zugriff auf die Herzfrequenz oder auch die Körpertemperatur regelt. Über den zugehörigen Berechtigungsdialog kann jetzt maximal die Zustimmung zur Datensammlung im Vordergrund gegeben werden – also während die App gerade aktiv genutzt wird. Apps, die dauerhaft – also auch im Hintergrund – Daten sammeln wollen, müssen die Nutzerinnen hingegen dazu bringen, dies explizit in den Systemeinstellungen zu aktivieren – ähnlich wie es für Standortdaten jetzt schon der Fall ist.

Doch auch das geht nur, wenn die betreffende App auf einer "Allowlist" steht, also vom Hersteller des jeweiligen App Store – in den meisten Fällen somit Google selbst – die Zustimmung hat. Damit geht dann eine eigene Prüfung einher, die sicherstellen soll, dass kein Missbrauch mit diesen Daten betrieben wird und dass generell nur Apps nach dieser Berechtigung fragen, die sie auch unbedingt für ihre Kernfunktionalität benötigen.

Nearby

Und noch ein Berechtigungsthema: Seit Android 12 gibt es eine Berechtigung namens "Geräte in der Nähe", die für die Verbindung mit Bluetooth-Geräten genutzt werden kann. Grund dafür war, dass die Covid-Apps zur Kontaktnachverfolgung ein Defizit in der Berechtigungsstruktur von Android offengelegt hatten – nämlich dass für solche Aufgaben zuvor die Standortberechtigung erteilt werden musste, da eben über einen Bluetooth-Scan theoretisch auch Rückschlüsse auf einen konkreten Standort gezogen werden könnten.

Das war gut gemeint, hatte aber einen negativen Nebeneffekt, nämlich dass viele glaubten, betreffende Apps würden dauerhaft ihre Aktivitäten ausspionieren, wo sie doch eigentlich nur Bluetooth-Verbindungen managen wollten. Also wurde das mit Android 12 getrennt und ein großer Teil der alten Aktivität hinter besagte "Nearby Devices"-Berechtigung gestellt. Auch Verbindungen via Ultra-Wideband (UWB) wurden gleich auf dieses neue Modell umgestellt.

Mit Android 13 folgt nun das letzte Puzzlestück: WLAN. Auch das Managen von WLAN-Verbindungen braucht nun also keine Standortberechtigung mehr – bis auf wenige Ausnahmen. Eine solche wäre das allgemeine Scannen nach WLANs in der Umgebung, da dies eben recht genaue Rückschlüsse auf den Standort des Android-Geräts zulässt. Für alles andere reicht nun die "Nearby Devices"-Berechtigung.

Vertrauen schaffen

Eine interessante Option gibt es außerdem für Apps, die besonderen Wert auf das Thema Privatsphäre und somit auch das Vertrauen ihrer Nutzerinnen legen. Diese können sich nämlich künftig selbst Berechtigungen entziehen, etwa wenn eine gewisse Funktion schon lange nicht mehr genutzt wurde. Eine vertrauensbildende Maßnahme, über die die Apps dann auch die Nutzer beim nächsten Start informieren können.

Strom? Sparen!

Es klingt in solchen Tests immer wie ein schlechter Witz, wenn der Punkt "Stromsparen" kommt. Immerhin haben viele subjektiv das Gefühl, dass ihre Smartphones über die Jahre immer mehr Strom verbrauchen. Die Realität ist natürlich etwas komplexer. Wer die Situation mit etwas Abstand betrachtet, dem dürfte sehr wohl auffallen, dass etwa die Standby-Zeiten solcher Geräte über die Jahre erheblich besser geworden sind, was zu weiten Teilen auf strukturelle Verbesserungen am Betriebssystem zurückzuführen ist.

Gleichzeitig ist die Beobachtung aber auch nicht ganz verkehrt. Das liegt allerdings daran, dass Smartphones immer mehr können und gleichzeitig länger verwendet werden – ob wir es uns eingestehen wollen oder nicht. So etwas kostet natürlich auch mehr Strom. Gerade das macht die zahlreichen Optimierungen, die in den vergangenen Jahren an der Softwarebasis von Android und iOS vorgenommen wurden, aber noch wichtiger, weil der Stromverbrauch sonst noch größer wäre.

Ein Ressourcenbudget

Googles neueste Initiative zur Eindämmung des Stromverbrauchs von Android nennt sich "The Android Resource Economy". Dahinter verbirgt sich eine Art Kreditsystem, das jeder App für 24 Stunden ein gewisses Ressourcenbudget zugesteht. Wird dieses überschritten, werden auch die Möglichkeiten der betreffenden App eingeschränkt. Das soll vor allem Apps bestrafen, die immer neue Tricks verwenden, um andere Stromsparmaßnahmen von Android zu unterwandern, und so übermäßig Strom verbrauchen.

Interessant ist dabei, dass dieses System flexibel ist, also das Budget für unterschiedliche Geräte unterschiedlich ausfallen kann. Die Idee dahinter ist, dass bei schwächeren Geräten auch härtere Regeln angelegt werden – und natürlich auch bei niedrigem Akkustand.

Manche brauchen es exakt

Ein wichtiger Bestandteil all dieser Stromsparmaßnahmen ist es, anstehende Aufgaben zu bündeln und auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Immerhin ist es erheblich effizienter, wenn das Smartphone mehr Zeit im Tiefschlaf verbringen kann, dann aber viele Aufgaben auf einmal erledigt. Gleichzeitig gibt es Apps, die wirklich zu einem exakten Zeitpunkt reagieren müssen.

Für diese gibt es nun mit USE_EXACT_ALARM eine neue Berechtigung, die zwar automatisch erteilt wird, aber generell nur von ausgewählten Apps angefragt werden darf. Dazu zählen etwa Wecker, Timer oder Kalender-Anwendungen. Wer dahinter einen Plan Googles vermutet, eine Lösung für von zweifelhaften Stromsparmaßnahmen mancher (vieler) Smartphone-Hersteller ausgelöste Probleme zu finden, der hat wohl nicht ganz unrecht. Immerhin führen diese oft dazu, dass manche der besagten Apps nicht mehr richtig funktionieren. Und das ist beim Wecker einmal als Ausrede vielleicht ganz witzig – aber auf Dauer eher kein Zustand.

Sicherheit

Nicht minder wichtig ist das Thema Sicherheit, und auch da nimmt Google strukturelle Verbesserungen vor – und zwar als direkte Reaktion auf konkrete Gefahren. So dürfen künftig Apps aus "unbekannten Quellen" – die also jenseits eines offiziellen App Store wie jenes von Google installiert werden – generell keine Funktionen zur Barrierefreiheit mehr nutzen.

Um zu verstehen, wieso das relevant ist, braucht es etwas Hintergrund. Die Barrierefreiheitsfunktionen sind eigentlich für Dinge wie Bildschirmlesegeräte gedacht. So etwas bringt sie aber in eine sehr mächtige Position, immerhin muss so eine App sämtliche Inhalte am Smartphone lesen und verändern können, um ihre Tätigkeit entfalten zu können.

Das wiederum hat das Interesse von Schadsoftware-Entwicklern auf sich gezogen. Diese bringen die Nutzerinnen zunächst dazu, eine Schad-App manuell zu installieren, um sich dann auch noch die Erlaubnis für die Verwendung der Barrierefreiheitsfunktionen geben zu lassen. Das ist zwar ein recht komplizierter Akt, bei dem eine Vielzahl an Warnungen ignoriert werden muss. Die Erfahrung zeigt aber, dass trotzdem eine gar nicht so kleine Zahl an Personen entsprechenden Anleitungen brav Schritt für Schritt folgt. Das Ergebnis: Der Trojaner hat dann zahlreiche Möglichkeiten zum Ausspionieren des Systems – etwa zum Mitlesen sensibler Kontodaten, was üblicherweise das Ziel ist.

Blockadepolitik

Mit der erwähnten Änderung in Android 13 geht all das nicht mehr, da eben die Barrierefreiheitsfunktionen von manuell aus "unbekannten Quellen" installierten Apps gar nicht mehr genutzt werden können. Schadsoftware wie Flubot, die nicht zuletzt von betrügerischen Paket-SMS bekannt ist, muss sich also künftig andere Wege suchen. Ebenfalls blockiert wird für solche Dritt-Apps die Möglichkeit, Benachrichtigungen mitzulesen. Auch das wird nämlich gerne von Schadsoftware für betrügerische Zwecke verwendet.

Im Sandkasten

Unter Android läuft jede App als ein eigener Nutzer, was ein wichtiger Bestandteil der Sandbox ist. Diese verhindert, dass eine App einfach so auf die Daten einer anderen zugreifen kann, sie isoliert also die Apps voneinander. Allerdings gibt es dabei aus historischen Gründen eine Ausnahme, zwei Apps desselben Herstellers durften sich lange Zeit dieselbe User-ID teilen.

Das ist aus einer Sicherheitsperspektive natürlich nicht optimal, also drängt Google App-Entwickler schon seit einigen Versionen dazu, dies zu unterlassen. Mit Android 13 geht man nun einen Schritt weiter und bietet für bereits vorhandene App-Installationen einen Migrationspfad auf getrennte IDs an.

Die modulare Zukunft

Im Rahmen des "Project Mainline" wurde Android in den vergangenen Versionen gehörig umgekrempelt. Zahlreiche Systemkomponenten finden sich mittlerweile in Modulen, die zentral von Google gewartet werden – und somit unabhängig von den jeweiligen Geräteherstellern. Das hat eine Reihe von Vorteilen, der wichtigste davon: Google kann bei Sicherheitsproblemen oder anderen schweren Fehlern schnell mit Updates an alle reagieren.

Mit Android 13 gesellen sich nun zwei weitere Module in diese Riege: Sowohl der Bluetooth- als auch der Ultra-Wideband-Support werden künftig über die "Google Play System Updates" aktuell gehalten, wie sie in den Systemeinstellungen offiziell heißen. Die Wahl der beiden Komponenten ist dabei kein Zufall, sind sie doch – wie alles, was mit Funk zu tun hat – aus einer Sicherheitsperspektive besonders gefährdet. In Kombination damit, dass etwa Bluetooth eine äußerst komplexe Spezifikation ist, die zu Fehlern geradezu einlädt, ist das also eine durchwegs erfreuliche Entwicklung.

Die Liste der im Rahmen des "Project Mainline" direkt von Google bei allen Geräten gewarteten Module ist mit Android 13 mittlerweile ziemlich groß. Dazu zählen etwa die Runtime ART, viele Netzwerkkomponenten und jetzt auch der Bluetooth-Support.
Screenshot: Proschofsky / STANDARD

Dass sich das "Project Mainline" auch bestens dazu eignet, neue Funktionalitäten für die Kernbereich von Android schnell auszuliefern, demonstriert Google übrigens dieser Tage eindrucksvoll. Mit einem solchen Google Play System Update wurde bei allen Geräten mit mindestens Android 11 – aber auch einem Teil mit Android 10 – die Unterstützung für DNS-over-HTTP/3 nachgereicht.

Dies lässt sich nutzen, um die sogenannten Nameserver-Abfragen, die die Verbindung zwischen der numerischen IP-Adresse und dem Domainnamen (also etwa: derstandard.at) zu verschlüsseln und so vor neugierigen Blicken von Providern und anderen am Datenweg zu schützen. Das ging zwar schon bisher mithilfe von DNS-over-TLS, die neue Lösung bietet aber eine Reihe von Vorteilen – nicht zuletzt eine deutlich gesteigerte Performance.

SDK Runtime

Dem Thema Datenschutz widmet sich Google unter dem Namen "SDK Runtime". Auch hier geht es um ein Problem, das sich über die Jahre immer stärker manifestiert hat. Viele Apps verwenden sogenannte Software Development Kits (SDKs) für einzelne Funktionen. Oft geht es dabei um die Monetarisierung mittels Werbung, aber auch viele andere Aufgaben werden von solchen SDKs fix-fertig angeboten. All das ist in der Softwareentwicklung auch nicht ungewöhnlich, nicht jeder kann und will das Rad für jeden einzelnen Teil des eigenen Programms komplett neu erfinden.

Das Problem stellt sich nun dadurch, dass diese SDKs automatisch alle Berechtigungen des Hauptprogramms erben. Hat die App Hanni also Zugriff auf den Standort, gilt das auch für das SDK Nanni. Und genau das kann zu einem massiven Privacy-Problem werden. Etwa wenn ein SDK sensible Daten einsammelt, ohne dass dies den eigentlichen App-Entwicklern überhaupt bewusst ist.

Saubere Trennung

Mit den SDK Runtimes soll das künftig alles sauber getrennt werden. Diese sollen in einem eigenen Prozess getrennt vom Hauptprogramm laufen und dann über klar definierte – und somit überprüfbare – Schnittstellen mit dem Hauptprogramm kommunizieren. Zudem sind die SDKs in diesem Modell in ihren Möglichkeiten eingeschränkt, haben also etwa keinen vollen Zugriff auf die Hardware und dürfen auch nicht alles, was eine App sonst so darf.

SDK Runtimes sollen Entwicklungskits isolieren, sauber von den eigentlichen Apps trennen und auch separat aktualisierbar machen.
Grafik: Google

Ein weiterer Vorteil: Das Runtime-Modell heißt, dass die SDKs unabhängig vom eigentlichen Programm gewartet und aktualisiert werden können. Nutzen nun zwei Apps die gleiche Generation einer solchen Runtime, muss sie dann nur mehr einmal lokal gespeichert werden – bisher hat jede App eine eigene Version davon fix mit dabei.

Großer Umbau

Das Ganze ist Teil des "Privacy Sandbox"-Engagements von Google, mit dem man gerade den Abschied von Third-Party-Cookies und der für Werbung genutzten Android ID vorbereitet. Insofern ist all das derzeit noch in einer frühen Entwicklungsphase. In Android 13 konzentriert man sich dabei zunächst einmal auf Werbe-SDKs, und auch da muss man wohl noch auf weitere Ankündigungen von Google warten. Die Richtung ist aber äußerst interessant – und zwar weit über Werbe-SDKs hinaus.

Neue Funktionen für die Entwicklung

Kommen wir zu einer weiteren großen Kategorie: den neuen Funktionen und Verbesserungen in der Android-Plattform, von denen vor allem App-Entwicklerinnen profitieren – und erst indirekt dann die Nutzer. Mit Android 13 hält die Unterstützung für die sogenannten Color Vector Fonts (COLR v1) Einzug. Dabei handelt es sich um ein speziell für Emojis gedachtes Vektorgrafikformat, das nicht nur Platz sparen soll, sondern auch eine bessere Darstellungsqualität verspricht als die klassischen Bitmap-Grafiken. Beim Browser Chrome wird das am Desktop übrigens bereits seit der Version 98 unterstützt.

Bessere Qualität, weniger Speicherverbrauch: Die Vorteile der Color Vector Fonts (links im Bild) sind einfach zu erklären.
Grafik: Google

Wenn wir schon beim Thema Schriftendarstellung sind: Die Silbentrennung wurde massiv beschleunigt, von mehr als 200 Prozent Performancegewinn spricht Google, was sich generell positiv auf die Geschwindigkeit der Textdarstellung auswirkt. Dazu kommen zahlreiche Optimierungen für nichtlateinische Schriften in den Bereichen Zeilenhöhe und Textumbruch.

Auch nicht ganz unwichtig: Mit Android 13 bekommt das Betriebssystem verbesserten Stylus-Support, genau gesagt einige neue Schnittstellen für Entwickler. Diese sollen künftig auch von Samsung genutzt werden, was also eine weitere Vereinheitlichung in der Android-Welt bringt. Zudem werden bei Tablets nun Berührungen durch Hand oder Stylus besser auseinandergehalten, was Fehlerkennungen verhindern soll.

Bluetooth LE Audio und Spatial Audio

Ein vollständiger Neuzugang ist die Unterstützung für Bluetooth LE Audio. Der erst Mitte Juli finalisierte Standard verspricht nicht zuletzt dank des neuen LC3-Codecs hochqualitative Audioübertragung bei niedrigerem Stromverbrauch. Zudem lässt sich darüber auch wesentlich effizienter Audio an eine Vielzahl von Geräten verbreiten – also "broadcasten". Ein weiterer Fortschritt im Audiobereich ist die Unterstützung von MIDI 2.0, zudem können Apps nun vorab herausfinden, wie ihre Audioausgabe geroutet werden wird.

In der offiziellen Ankündigung für Android 13 streicht Google auch die Unterstützung für dreidimensionalen Klang – also "Spatial Audio" – als neu heraus. Das ist allerdings nur so halb richtig. Die Basis dafür wurde nämlich schon mit Android 12L gelegt. In Android 13 wird dies nun aber ausgebaut, allen voran mit der Unterstützung für Erfassung von Kopfbewegungen – was für dieses Feature irgendwie essentiell ist.

Davon profitieren dürften wohl zunächst Googles eigene Pixel Buds Pro, bei denen ein passendes Update in den kommenden Wochen folgen soll. Generell ist damit aber nun eine gemeinsame Basis geschaffen, auf der beliebige Hersteller "Spatial Audio" in ihre Kopfhörer integrieren und im Zusammenspiel mit Android-Geräten verwenden können.

Grafik und Kamera

Im Bereich Grafik vermisst man zwar ähnlich große Neuzugänge, eine bemerkenswerte Verbesserung gibt es aber doch. Apps können nun programmierbare Shader via Android Graphics Shading Language nutzen. Wem das jetzt gar nichts sagt: Das sollte die Entwicklung von aufwendigen Grafikeffekten vereinfachen. Google selbst verwendet das etwa schon seit Android 12 für Dinge wie Blur- und Ripple-Effekte oder auch die Overscroll-Animation am Ende einer Textliste.

Erweitert wurden die in Android enthaltenen Schnittstellen für den Zugriff auf die Kamera. Diese können jetzt direkt HDR Video aufnehmen, wenn das Gerät dies anbietet. Relevant ist das weniger für die eigentlichen Kamera-Apps sondern für Dritt-Apps, die über offizielle Schnittstellen eine Aufnahmefunktion integriert haben.

Barrierefrei

Neu im Bereich Barrierefreiheit ist eine systemweite Einstellung für die Aktivierung von Audiobeschreibungen in Apps. Zudem unterstützt "Tiramisu" jetzt direkt Braille-Bildschirme, die das Geschehen am Smartphone in Brailleschrift ertastbar machen, bisher waren dazu separate Apps notwendig. Genaugenommen ist das allerdings keine neue Funktion im Betriebssystem selbst sondern eine Aktualisierung der dahinter stehenden App. Da diese Neuerung aber parallel erfolgt, sei sie hier trotzdem erwähnt.

Eine wichtige Modernisierung der Android-Plattform ist die Aktualisierung der Kernbibliotheken auf Basis von OpenJDK 11 / Java 11. Eine, die allerdings nicht Android 13 vorbehalten bleibt. Über eine Aktualisierung des Mainline-Moduls für die zentrale Android-Runtime-ART, die zur Ausführung fast aller Programme zum Einsatz kommt, soll das auch bei Android-12-Systemen nachgereicht werden.

Virtualisierung

Und dann wäre da noch ein Punkt, der vor allem jene interessieren dürfte, die gerne an ihrem Android-System herumbasteln. Android 13 ist nämlich die erste Version des Betriebssystems, die ein vollständiges Virtualisierungs-Framework enthält – samt eines passenden Hypervisors namens pKVM. Wer jetzt nichts verstanden hat: Damit lässt sich ein System im System betreiben, und zwar eines, das von der Hauptumgebung strikt getrennt läuft.

Bitte weiterlesen, um diesen Tweet zu verstehen.

Doch wozu das Ganze? Nun, zunächst einmal vor allem Sicherheit. Google will das nutzen, um Code von Dritten oder auch besonders sensible Aufgaben wie kryptografische Berechnungen noch besser vom restlichen Android zu trennen. In den dafür genutzten virtuellen Maschinen (VMs) läuft dann ein Schmalspur-Android namens Microdroid.

Was wäre, wenn?

Klingt sinnvoll, so manchen, die schon einmal etwas mit Virtualisierung zu tun hatten, wird an dieser Stelle aber ein verwegener Gedanke gekommen sein. Kann es sein, dass sich hier auch andere Systeme in ein VM packen lassen? Guter Gedanke, denn wie sich zeigt, geht das tatsächlich, zumindest wenn man das richtige Smartphone hat und ausreichend Forschungsdrang mitbringt.

Auf einem Pixel 6 (Pro) – das einzige Gerät, auf dem derzeit diese Virtualisierungstools vollständig vorhanden sind – lässt sich so ein vollständiges Linux-System in einer VM starten. Wie das geht, verrät einmal mehr Mishaal Rahman in einem passenden Blogeintrag.

Und wem das noch nicht reicht, der kann dann auf dieser Basis wiederum gar eine ARM-Version von Windows 11 betreiben. Wie gesagt: All das ist nichts für die breite Masse, es geht mit einigen Arbeiten direkt am System einher, für die technisches Grundwissen vorhanden sein sollte. Aber für die Bastelfraktion ist das ein wahr gewordener Traum.

Da war doch noch was mit TV und so

Kommen wir zum Schluss noch einmal auf den Anfang zurück, nämlich für die breite Masse wirklich sichtbare Änderungen. Wird es doch parallel zu Android 13 auch wieder eine neue Generation des Betriebssystems für Fernseher geben – also Android TV 13. Dieses bringt noch einmal einige eigene Verbesserungen, etwa für die Bild-im-Bild-Darstellung oder auch bei der Texteingabe oder beim Audio-Streaming.

Wer jemals auf einem Gerät Android TV 13 erhält, kann sich dann über besseren Bild-im-Bild-Support freuen.
Grafik: Google

Dass das jetzt nur so am Rande abgehandelt wird, hat einen guten Grund: Einerseits ist das ohnehin weitgehend ein eigenständiges System, zudem ist komplett unklar, wann das je relevant wird. Derzeit gibt es noch nicht einmal Geräte mit Android TV 12, Googles eigenes Chromecast mit Google TV hängt gar auf Android TV 10 herum. Also ist all das wohl erst ein relevantes Thema, wenn es zumindest einmal in die Nähe eines real existierenden Geräts für die breite Masse kommt.

Viele Hinweise auf die Zukunft

Mindestens so interessant wie die Dinge, die in Android 13 zu finden sind, sind aber jene, die nicht da sind – oder, genauer, noch nicht. So hat Google bereits einen neuen, kombinierten Bereich für Sicherheit und Privatsphäre angekündigt, der in den aktuellen Versionen aber noch fehlt. Allerdings ist das nicht gar die große Überraschung, Google hatte schon damals von einer Veröffentlichung dieses Features im Herbst gesprochen.

Das liegt aber nicht daran, dass man nicht zeitgerecht fertig geworden ist, sondern an einer Zweiteilung, die sich in den vergangenen Jahren immer deutlicher abzeichnet. Während die großen Android-Versionssprünge vor allem auf strukturelle Verbesserungen an der Plattform abzielen, behält sich Google viele der sichtbaren Änderungen für den Launch der jeweils neuesten Generation der eigenen Pixel-Smartphones vor.

Cinematic Wallpapers

Und das beschränkt sich nicht auf diesen einen Einstellungsdialog, im Code von Android finden sich versteckt bereits allerlei Hinweise auf weitere Neuerungen. Dazu gehören "Cinematic Wallpapers", die eigenen Bildern eine Art 3D-Effekt verpassen.

Dass Android 12 sehr viele optische Neuerungen bot, war insofern die Ausnahme, nicht die Regel. Denn ein komplett neues Designsystem verlangt nun einmal viele Änderungen an der Plattform, die Kombination mit der Veröffentlichung der Plattformversion war also unvermeidlich. Das ist mit spezifischen Google-Features anders, die kann das Unternehmen nach Belieben timen. Das heißt im Umkehrschluss auch: Kommende Android-Generationen werden wohl noch stärker auf strukturelle Verbesserungen an der Basis und neue Features für App-Entwicklerinnen fokussieren.

Ein neues "Easter Egg" gibt es bei Android 13 natürlich auch.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Verfügbarkeit

Android 13 "Tiramisu" ist ab sofort für sämtliche Google-Smartphones ab dem Pixel 4 verfügbar, es reicht dazu, manuell die Update-Funktion in den Systemeinstellungen anzuwerfen. Zumindest gilt das für die meisten Nutzer, wie es Google etwas vage. formuliert. Bei einzelnen Mobilfunkanbietern soll die neue Version "in den kommenden Wochen" folgen, um welche Geräte und Provider es konkret geht, wird leider nicht im Detail verraten.

Nur weil das Update nicht gleich geht, heißt das übrigens nicht notwendigerweise, dass es noch ein paar Wochen zu warten gilt. Manchmal braucht es ein paar Stunden nach der Ankündigung, bis die Updates auch wirklich verfügbar sind. Jene, die schon zuvor am Beta-Programm teilgenommen haben, werden übrigens automatisch auf die stabile Version umgestellt.

In einem raschen Test war das Update jedenfalls kurz nach der offiziellen Ankündigung um 19:00 bereits auf einem Pixel 4 und Pixel 5 verfügbar. Bei einem Pixel 6 Pro, das zuvor die Betaversion genutzt hat, dauerte es eine Stunde länger. Nicht an der Beta beteiligte Geräte aus der Pixel-6-Reihe scheinen derzeit hingegen zum Teil noch warten zu müssen. Factory Images und Full System OTAs für die manuelle Installation gibt es aber bereits für alle noch unterstützen Pixel-Devices – darunter auch das Pixel 6a.

Code

Für die weite Android-Welt noch wichtiger: Parallel dazu wird der Quellcode von Android veröffentlicht, womit andere Hersteller die Arbeit der Integration in ihre eigenen Android-Varianten beginnen können – oder, eigentlich, abschließen. Haben doch viele davon schon zuvor Zugriff auf den Beta-Code gehabt und zum Teil sogar bereits eigene Testversionen veröffentlicht. So gibt es etwa bei Branchenprimus Samsung mittlerweile eine öffentliche Beta für das auf Android 13 basierende OneUI 5.

Google spricht in seiner Ankündigung jedenfalls davon, dass Android 13 noch vor Jahresende auf Smartphones von Samsung, Asus, HMD (Nokia), iQOO, Motorola, OnePlus, Oppo, Realme, Sharp, Sony, Tecno, Vivo, Xiaomi und anderen laden soll. Also irgendwie bei so gut wie allen – oder zumindest einzelnen Geräten der betreffenden Firmen.

Fazit

Zugegeben: Im Vergleich zum Vorgänger ist Android 13 eine Version mit relativ überschaubaren Neuerungen – zumindest wenn man sich auf das Sichtbare beschränkt. Unter der Oberfläche hat sich ja wieder jede Menge getan. Aber ganz ehrlich: Nach den umfangreichen Änderungen, die Android 12 mit sich brachte, ist ein in dieser Hinsicht etwas langsamerer Zyklus genau das, was das Betriebssystem derzeit braucht. (Andreas Proschofsky, 15.8.2022)