Hitze-Shutdown: Mensch und Maschine leiden unter den Rekordtemperaturen

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Die Hitzewelle bringt nicht nur uns Menschen und unsere geliebten Haustiere an den Rand des Zusammenbruches, sondern macht auch unserer Technologie zu schaffen. So kämpft Google auf der hauseigenen Serverfarm gerade gegen Ausfälle der Kühleinheiten und ist dabei nicht besonders erfolgreich: Die höchsten jemals in Großbritannien gemessenen Temperaturen jenseits der 40 Grad zwangen den Internetriesen dazu, Teile der Serverinfrastruktur abzuschalten. Ausfälle des Rechenzentrums und Abstriche in der Serverleistung waren die Folge. Tatsächlich ist in derartig riesigen Serverfarmen die Kühlung der Komponenten der teuerste Teilbereich.

Nicht umsonst experimentiert Microsoft schon seit einigen Jahren mit Serverfarmen am Meeresgrund, wo sich die immer extremeren Temperaturschwankungen an der Erdoberfläche nicht so stark auswirken. Zudem sind die versiegelten Unterwassercontainer frei von patscherten Menschen, die beim Herumstolpern Stecker und Kabel abreißen. Aber zurück zum Thema: Kühlung ist ein riesiges Problem und es wird angesichts des Klimawandels – Stichwort Energieverbrauch – sicher nicht kleiner.

Microsoft experimentiert seit einigen Jahren mit Serverfarmen am Meeresgrund.
Foto: Jonathan Banks/Microsoft

Hitzeprobleme auch für Heimanwender

Auch für den Heimanwender gibt es unzählige Kühllösungen für den eigenen Gaming-PC, Laptop oder das Smartphone. Vom eineinhalb Kilo schweren CPU Kühler aus Aluminium bis zum Eiswasserkühler für das Handy und die beliebten Kühl-Pads für Laptops scheint die Auswahl unendlich. Doch halten die Geräte was sie versprechen oder führen sie im Extremfall zu sogar noch mehr Hitze in den empfindlichen inneren Komponenten des Systems? DER STANDARD versucht die gängigsten Mythen um individuelle Kühlungslösungen zu zerstören.

Hier ist die Idee mit der Wärmeisolierung in die Hose gegangen.

Eines vorweg: Digital Detox ist eine tolle Sache und wer kann, sollte so oft wie möglich Bildschirmpausen und Auszeiten in der Offlinewelt genießen, aber die wenigsten werden sich diesen Luxus über einen längeren Zeitraum gönnen können: Arbeit, Chefs, Familienmitgliedern und Freizeitverpflichtungen sei Dank.

Es ist eine Alltagssituation: Man trifft sich kurz mit Kollegen oder Freunden im Gastgarten und das Smartphone landet am Tisch und liegt in der prallen Sonne. Eine Schutzhülle sowie die Displayfolie sorgen für zusätzliche Isolationsschichten, schon stottern die Apps oder das Gerät schaltet sich gleich ab. Umso schlimmer, wenn man auf einen wichtigen Anruf wartet oder noch schnell einige Mails beantworten muss.

Kühlungs-Lösungen sind meist ihr Geld nicht wert

Natürlich hat die Industrie für solcherart Geplagte die passende Lösung parat: Am Markt wimmelt es von Kühl-Gadgets für Smartphones. Dabei reicht die Palette von Ventilatoren unter der 10-Euro-Marke bis zu Kühlern, die per Magsafe am iPhone haften und neben Kühlung für knapp unter 100 Euro individuelle RGB-Lichteffekte versprechen. Egal wie hoch das Budget ist, die Technik bei diesen Geräten ist im Grunde immer gleich: Ein Ventilator an der Rückseite soll die Hardware des Smartphones kühlen und damit für eine längere Lebensdauer oder ruckelfreien Spielgenuss sorgen.

Laut einem Test des Youtube-Kanals "Max Tech" hat eines der angeblich hochwertigeren Geräte an einem iPhone 13 Pro ausprobiert. Nach einer zehnminütigen Rund in "Genshin Impact" heizte sich die Rückseite des Geräts auf 44 Grad Celsius auf. Mit dem Kühler waren es an der gleichen Stelle zwar nur 36 Grad, die Performance des Telefons wurde dadurch aber nicht wesentlich erhöht. Das legt den Verdacht nahe, dass das Telefon zwar äußerlich gekühlt wurde, der A15 Bionic Chip aber dennoch zu warm wurde und deshalb seine eigene Leistung drosselte.

Was dem hitzegeplagten Smartphone aber wirklich hilft, ist ausgerechnet der günstigste Wasserkühler aus China, wie der kanadische Tech-Youtuber Linus Sebastian in "Linus Tech Tips" herausfand. Aber auch diese Geräte kommen mit einem gewaltigen Manko: Wirklich "mobil" ist das Smartphone mit der Extrahülle, den Schläuchen und einem kleinen Ausgleichsbehälter nicht mehr. Wer aber unbedingt in der prallen Sonne eine Runde "PUBG Mobile" spielen möchte, kann hier sein Smartphone zumindest ein wenig abkühlen.

Linus Tech Tips

Nur als Beispiel wie klein der Spielraum für Hersteller bei der Kühlung von Smartphones geworden ist: Der chinesische Riese Xiaomi stellte seine "Loop Liquicool" Technologie vor. Dabei wird eine Flüssigkeit durch so genannte Tesla-Ventile geleitet. Das verhindert, dass erwärmtes Kühlmittel zu den zu kühlenden Komponenten zurückfließt. Die durchaus ausgeklügelte Technik kühlt das Gerät laut Herstellerangaben bei hardwareintensiven Anwendungen wie dem bereits erwähnten Spiel "Genshin Impact" um fünf Grad ab – unter Laborbedingungen.

Laptop-Pads: Eh lieb, aber...

Nach der eher enttäuschenden Leistung der Smartphone-Kühler schauen wir uns doch eine Nummer größere Hardware an: Laptops. Die meisten aktiv gekühlten Geräte – also jene, die über rotierende Lüfter verfügen – drehen bei Hitze gewaltig auf und erinnern eher an eine Flugzeugturbine als einen mobilen Rechner. Doch auch hier gilt: Das ist gewollt und kein Zeichen für das baldige Ende des Geräts. Ganz im Gegenteil: das Feature ist durchaus sinnvoll, denn wird dem Laptop zu warm, drehen die Lüfter auf um für mehr Kühlung zu sorgen und schützen so das gesamte System.

Passiv gekühlte Geräte dagegen arbeiten immer flüsterleise, weil hier keine beweglichen Teile für die Kühlung sorgen, sondern die Hitze meist über so genannte Heatpipes abgeführt ist. Störende Lüftergeräusche sind damit ausgeschlossen und die Geräte können nicht nur leichter, sondern auch kleiner gebaut werden. Dadurch werden die Geräte aber auch hitzeempfindlicher, wie man anhand des neuen Macbook Air M2 sehen kann.

Blick auf das Kühlsystem eines Laptops. Schön zu erkennen sind Heatpipes sowie ein aktiver Kühler im Hintergrund.
Foto: Vishnu Mohanan

Selbstverständlich haben findige Hersteller auch für diese Probleme Lösungen entwickelt: Kühlpads. Diese gibt es ebenfalls in der Aktiv- oder Passivvariante für alle Laptopgrößen, in Gaming-Editionen und mit individueller Beleuchtung. Im Groben sind sich auch diese Geräte alle sehr ähnlich: Ein oder mehrere Kühler sind in einer Ablage für den Laptop verbaut und sollen so frische Luft ins Innere blasen. Passive Pads sind meist deutlich günstiger und oft nicht mehr als ein "Abstandhalter" zwischen dem Laptop und anderen Oberflächen. Dadurch soll die Unterseite des Geräts durch einen Luftpolster gekühlt werden.

Auch hier zeigen Test: Ja, die Kühlpads haben einen Effekt, dieser spielt sich aber wie bei den Smartphones im niedrigen einstelligen Celsiusbereich ab, wenn Prozessor und Grafikkarte bereits unter Volllast laufen.

Braucht man nicht wirklich: Kühlpads. Der Youtuber Dawid hat das überprüft.

Passive Kühlpads können ebenfalls situationsabhängige Vorteile bieten: Arbeitet man mit hardwarehungrigen Anwendungen, während der Laptop auf der gut isolierenden Stoff-Couch steht, liefert das Pad ein wenig Abstand zu den Lüftergittern. Hilfreich ist ein Pad sicher auch wenn der Rechner auf Tischdecken oder auf dem gepolsterten Sitz im Zug steht. Auf einem kühlen Fliesenboden wird der Wirkungsgrad aber eher gegen Null tendieren.

Temperatur seriös auslesen

Wie weiß man aber, dass ein Laptop oder Gaming-PC zu heiß läuft? Dafür gibt es vertrauenswürdige Tools wie HWMonitor von CPUID. Damit kann man auch als Laie auf einen Blick die Temperaturen der wichtigsten Komponenten auslesen. Als ganz grobe Faustregel gilt: Alles unter 90 Grad Celsius ist durchaus noch vertretbar. Erreicht die Temperaturanzeige oft deutlich mehr oder ist gar permanent nahe an den 100 Grad, ist es Zeit für Maßnahmen.

Das beste Mittel: Putzen

Individuelle Laptop-Kühler sind also eher nur ein Pflaster, das man über eine bereits bestehende Wunde klebt und sollten ein Provisorium darstellen und keine Dauerlösung sein. Tendenziell wird das Problem mit der Zeit größer. Das hat vor allem mit einem Faktor zu tun: Dreck. Handelsübliche Laptoplüfter und -kühler erreichen unter Volllast meist um die 2.000 Umdrehungen pro Minute. Der dadurch entstehende Luftsog transportiert auch keine geringen Mengen Staub mit ins System. Dieser wirkt wie eine zusätzliche Isolationsschicht. Das heißt, das beste Mittel gegen ein zu heißes Notebook lautet also putzen.

Techquickie

Schon mit einfach Mitteln wie einer Druckluft-Sprühdose um ein paar Euro kann man den gröbsten Schmutz aus den Lüftergittern blasen. Für eine wirkliche "Tiefenreinigung" muss meistens die Rückplatte abgenommen werden – auch das ist mit ein wenig Geschick, Zeit und dem richtigen Werkzeug auch für Laien durchaus machbar. Aber vorsichtig: Dabei sollte man konzentriert und methodisch vorgehen und keinesfalls Gewalt anwenden, wenn das Plastikgehäuse an einer Stelle zwickt. Hat man die Rückseite einmal freigelegt sollte man beim Ausblasen der Komponenten die Lüfter nach Möglichkeit festhalten um Schäden an den Kugellagern zu vermeiden.

Der Desktop-PC: Einfach Deckel runter

Die Kühlung von Desktop-PCs ist noch einmal ein ganz eigenes Kapitel, das hier den Rahmen sprengen würde. Denn: In diesem Feld gibt es tatsächlich seriöse und gut funktionierende technische Lösungen zur Temperaturregelung. Generell gilt: Ist das Gehäuse innen einigermaßen sauber und staubfrei, sollte der Rechner – so er technisch in Ordnung ist – aufgrund der Hitzeentwicklung eigentlich nicht in die Knie gehen.

Ist es doch einmal zu heiß im Büro, kann es helfen die rechte Seitenplatte des Computers abzunehmen. Damit kommen die einzelnen Komponenten an die frische Luft. Wer nicht gerade allzu neugierige Katzen oder ein extrem staubiges Umfeld hat, kann den PC durchaus einen Tag lang "offen" betreiben. Wichtig ist die freiliegenden Bauteile nicht zu berühren, wenn man nicht genau weiß, was man tut. So kann es zu Kurzschlüssen und damit zu Schäden kommen.

Kühlung in einem Gaming-Rechner
Foto: DERSTANDARD/Zellinger

Bei hochgezüchteten Gaming-Rechnern wird die Situation schnell unübersichtlich und wohl auch nicht mehr alltagstauglich, deshalb hier nur ein Tipp, für jene, die sich trauen selbst Hand an den PC zu legen: Die aktiven Lüfter haben eine "Laufrichtung", es ist also klar definiert von welcher Seite das Gerät Luft ansaugt und hinausbläst. Die meisten Lüfter haben kleine Pfeile auf der Seite, die Aufschluss über die Richtung des Luftstromes geben. Wird der eigene Rechner also zu warm, kann es nicht schaden einmal einen Blick auf die korrekte Ausrichtung der Lüfter zu werfen.

Die Pfeile geben die Drehrichtung sowie den Weg des Luftstromes an.
Foto: DERSTANDARD/Zellinger

Als Faustregel gilt: Sitzt der Lüfter vorne, sollte er ins Gehäuse hinein blasen. Lüfter oben oder hinten am Gehäuse sollten heiße Luft abführen, das bedeutet der Pfeil muss nach draußen zeigen. Meist sind die Lüfter mit vier Kreuzschlitzschrauben am Gehäuse befestigt, diese lassen sich leicht lösen und den Lüfter kann man ganz einfach umdrehen und wieder festschrauben. Doch Vorsicht: Das Gerät sollte dabei sicherheitshalber vom Stromnetz genommen werden.

Alles halb so wild

Natürlich ist die Sorge das eigene teure Handy oder der neue Laptop könnten in der Hitze bleibenden Schaden nehmen, berechtigt. Aber: So schlimm wie uns Hersteller von Kühllösungen das Problem darstellen, ist es eigentlich gar nicht. So können im Inneren einer modernen Grafikkarte 110 Grad Celsius oder sogar noch mehr herrschen, ohne dass die Komponenten davon bleibende Schäden davontragen. Wer schon einmal nach einer intensiven Gaming-Session an seinem PC herumgeschraubt hat, weiß wahrscheinlich aus schmerzvoller Erfahrung, welche Temperaturen die Hardware überstehen kann.

Natürlich ist eine dauerhaft zu hohe Temperatur der Langlebigkeit der Chips nicht gerade förderlich, aber einzelne Ausreißer oder ein einmaliger Not-Shutdown des Smartphones wegen Überhitzung sind üblicherweise noch keine Todesurteil für das Gerät. Für den Fall der Fälle gilt: Keine Panik! Die meisten Smartphones warnen, wenn sich das Gerät abkühlen muss, bevor es weiter benutzt werden kann statt einfach kommentarlos herunterzufahren und den Nutzer im Unklaren zu lassen.

Besonders empfindlich sind Akkus: Die meisten Hersteller geben eine maximale Betriebstemperatur von 45 Grad, wobei bis zu 60 Grad als Toleranzbereich gelten. Darüber hinaus kann die Lebensdauer der Batterien geschädigt werden – oder sich die Akkuzelle sogar aufblähen.

Was wirklich hilft

Keinesfalls sollte man überhitzte Devices aber in den Kühlschrank legen. Die Idee ist nachvollziehbar, hat jedoch einen entscheidenden Nachteil: Durch den plötzlichen Temperaturabfall kann sich im Inneren Kondenswasser bilden, was die Elektronik beschädigen kann. Darüber hinaus kann es zu Spannungsrissen am Display kommen, wenn der Bildschirm außen stark abkühlt, während die innenliegenden Komponenten noch heiß sind.

In den meisten Fällen reicht es schon die Handyhülle abzunehmen, das Gerät in den Schatten zu bringen und einfach abzuwarten.

Weniger Leistung ist eine gute Idee

Das Phänomen betrifft Smartphones wie Laptops und Desktop-PCs gleichermaßen: Steigt die Hitze ist es mit der Leistung vorbei. Plötzlich ruckelt der Bildschirm beim drüberwischen, Apps starten nur noch extrem langsam oder die Videowiedergabe beginnt zu stottern. Das ist tatsächlich kein Fehler im System, sondern so gewollt. Moderne Prozessoren drosseln zum Schutz der Komponenten ihre Geschwindigkeit, wenn sie eine gewisse Temperaturschwelle überschreiten. Durch die geringere Taktfrequenz wird auch weniger Hitze produziert und das Gerät kühlt ab. Thermal Throttling wird dieses Feature genannt.

Wird die Geschwindigkeitsdrosselung stark spürbar gilt: Ressourcenintensive Apps wie Games oder Videosoftware beenden, bis sich das Gerät abgekühlt hat. Zusätzlich kann man auch den Flugmodus (ja, den gibt es auch für Desktop-PCs) einschalten. Dadurch schalten Funktionen wie Bluetooth, WiFi und GPS ab, was bei einer schnelleren Abkühlung des Geräts helfen kann. Keinesfalls sollte man das Gerät aufladen, denn auch das generiert zusätzliche Hitze. (Peter Zellinger, 23.7.2022)