Eisenstadt/Wien – Über die ungarisch-burgenländische Grenze kämen immer mehr Flüchtlinge nach Österreich, meldet die Landespolizei Burgenland. Bis Mittwoch dieser Woche seien dort bei Grenzkontrolle heuer fünfmal mehr Ausländerinnen und Ausländer ohne Aufenthaltspapiere aufgegriffen und doppelt so viele Schlepper festgenommen worden wie im Vergleichszeitraum 2021.

Konkret gab es heuer bis dato 24.085 Aufgriffe und 145 Schlepperfestnahmen, die meisten in den Bezirken Neusiedl am See und Oberpullendorf, wo viele Flüchtlinge über die grüne Grenze einreisen – oder es versuchen.

Auch Fluchthelfer und Schlepper weichen auf kleine Grenzübergänge in dieser Gegend aus, so wie Mittwoch der serbische Lenker eines Fahrzeugs, in dem sich acht Menschen aus Pakistan und Indien befanden, drei davon im Kofferraum.

Verfolgungsjagd bei Neusiedl

Bei Halbturn im Bezirk Neusiedl am See war der 18-jährige Autolenker über die Grenze nach Österreich gerast, nachdem ihn ungarische Polizisten im Nachbarstaat aufzuhalten versucht hatten. Diesseits der Grenze kollidierte der Wagen mit einem österreichischen Polizeiauto. Verletzt wurde niemand.

Der Lenker wurde festgenommen, die acht Flüchtlinge beantragten Asyl, bestätigte ein Sprecher der Landespolizeidirektion Burgenland am Donnerstag einen Bericht der "Kronen Zeitung".

Erst Asylantrag, dann Weiterreise

Genau so – mit Asylanträgen der Flüchtlinge – würden die meisten Aufgriffe enden, sagt Herbert Langthaler von der Flüchtlingsunterstützungs-NGO Asylkoordination. Das schlägt sich nicht zuletzt in hohen Asylantragszahlen nieder: Bis inklusive Mai haben in Österreich heuer 21.810 Personen um Schutz ersucht. Im Gesamtjahr 2021 waren es 39.930 Menschen.

Viele Antragstellerinnen, so Langthaler, würden aber nur wenige Tage in Österreich bleiben, weil sie innerhalb der EU ein anderes Ziel hätten. Die Zahl von Verfahrenseinstellungen, weil die antragstellende Person hierzulande nicht auffindbar ist, sei beachtlich. Im ersten Jahresquartal habe es sich um etwa ein Viertel der – zum Teil im Jahr davor gestellten – Asylbegehren gehandelt.

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) war Gast bei einer Schwerpunktkontrolle an der burgenländisch-ungarischen Grenze im heurigen Juni.
Foto: APA/TOBIAS STEINMAURER

Zahl grundversorgter Asylwerber gleichgeblieben

Auch würden bei weitem nicht so viele Menschen in die Grundversorgung aufgenommen, wie es Asylanträge gebe. Mehrere dem STANDARD vorliegende Grundversorgungsstatistiken bestätigen das. Am 13. Juli befanden sich demnach 87.981 Menschen in dem Asylwerberinnen und anderen mittellosen Ausländern offenstehenden Versorgungsnetz.

Zwar waren es acht Monate davor, am 24. November 2021, mit 29.536 Grundversorgten beträchtlich weniger Menschen gewesen. In der Zwischenzeit jedoch hatte Russland die Ukraine überfallen, was eine massive Flüchtlingswelle auslöste. Rund 60.000 der 87.981 Grundversorgungsplätze in Bund und Ländern kommen derzeit daher Ukraine-Flüchtlingen zugute, die in Österreich EU-weiten temporären Schutz haben.

Langthaler: "Trotz vieler Aufgriffe an der Grenze hat sich die Zahl von Asylwerbern im Land also nicht verändert".

Karner lobt Schwerpunktkontrollen

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hob am Mittwoch bei einem Besuch am Grenzübergang Klingenbach (Bezirk Eisenstadt-Umgebung) die Bedeutung von Schwerpunktkontrollen hervor. Maßnahmen gegen Schlepperei und illegale Migration hätten für ihn eine hohe Priorität. Deshalb sei auch das Personal an der Grenze aufgestockt worden. Die verstärkten Kontrollen sollen laufend evaluiert werden.

Die burgenländische SPÖ wiederum will einen "Krisengipfel" zur Lage an der Grenze abhalten. Diese gerate immer mehr außer Kontrolle, meinte Landesgeschäftsführer Roland Fürst am Mittwoch in einer Aussendung. Die zuständigen Behörden seien überlastet.

Asylwerber würden teilweise nach 48 Stunden mit einer Ladung weggeschickt, weil bis dahin kein Erstgespräch durchgeführt werden konnte. Die Betroffenen müssten sich dann selbst einen Termin für eine Erstbefragung ausmachen. "Eine geordnete Organisation und Abwicklung des Asylmanagements ist de facto nicht mehr möglich", sagte Fürst. (Irene Brickner, 21.7.2022)