Einen genauen Zeitpunkt für die Entscheidung gebe es noch nicht, hieß es aus dem Gesundheitsministerium.

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Die Quarantäneregeln für Corona-Positive könnten tatsächlich bald Geschichte sein. An deren Stelle könnten ab August sogenannte Verkehrsbeschränkungen treten. Das "Mittel der Wahl" dafür sei das verpflichtende "durchgehende Tragen der Maske". Damit könnten sich Corona-Erkrankte grundsätzlich frei bewegen und müssten nicht länger daheim ausharren. Zumindest, wenn es nach einem Verordnungsentwurf geht, der dem STANDARD zugespielt wurde und über den die Gratiszeitung "Heute" zuerst berichtete.

Im Gesundheitsministerium wird auf Anfrage betont, dass es sich um eine Arbeitsfassung handle. Eine Entscheidung, ob es tatsächlich zum Aus für die Quarantäne kommt, sei noch nicht getroffen, hieß es aus dem Büro von Ressortchef Johannes Rauch (Grüne).

Auch auf Twitter ist Rauch unterdessen angesichts der Berichte über den Entwurf um Schadensbegrenzung bemüht. "Noch ist nix fix", schreibt er am Donnerstagnachmittag. Genauso sei nichts daran geheim. "Wie es mit der Absonderung weitergeht, ist noch offen. Klar ist jedenfalls: NIEMAND, der krank ist, muss arbeiten gehen", schreibt der Gesundheitsminister.

Maske und Betretungsverbote

"Die derzeit vorherrschende Omikron-Virusvariante BA.5. führt zwar aktuell zu sehr hohen Fallzahlen", heißt es jedenfalls in der dazugehörigen rechtlichen Begründung. "Aber in der Regel zu vergleichsweise milden Krankheitsverläufen und damit – aus heutiger Sicht – insbesondere nicht zu einer Situation, die eine Überlastung der Gesundheitsinfrastruktur erwarten lässt."

Auch wenn die Quarantäne "zu den wirksamsten Maßnahmen in der Pandemiebekämpfung" gehörte und die Spitäler mit Personalausfällen kämpfen würden, geht man im Gesundheitsministerium offenbar davon aus, dass künftig Verkehrsbeschränkungen ausreichen dürften. Damit solle auch die Personalsituation in der kritischen Infrastruktur sichergestellt werden – insbesondere in vulnerablen Bereichen. Auch die internationale Entwicklung gehe in Richtung einer Abschaffung der strengen Absonderung von Infizierten, wird betont.

Die Verkehrsbeschränkungen sollen ab einem positiven Testergebnis gelten. Dabei mache es "keinen Unterschied", ob dieses nach einem positiver Antigentest oder einem PCR-Test vorliege. Wenn das Testergebnis des Antigentests von einem PCR-Test nicht bestätigt werde, sollen die Verkehrsbeschränkungen umgehend enden. Wie bei der Quarantäne sollen die Beschränkungen zehn Tage andauern und nach fünf Tagen eine "Freitestung" möglich sein (CT-Wert >30).

"Zentrale Maßnahmen der Verkehrsbeschränkung für Personen, die positiv auf Sars-CoV-2 getestet wurden, ist die Verpflichtung zum (grundsätzlich durchgehenden) Tragen einer Maske", heißt es im Entwurf. Die Maskenpflicht könnte demnach zunächst für alle Orte außerhalb der eigenen vier Wände gelten.

Die Maskenpflicht für Infizierte sieht der Entwurf für folgende Orte und Betriebsstätten vor:

  • öffentliche Orte
  • Arbeitsorte sowie auswärtige Arbeitsstellen
  • sämtliche Betriebsstätten zum Zweck des Erwerbs von Waren oder zur Inanspruchnahme von Dienstleistungen
  • Beherbergungsbetriebe
  • Freizeit- und Kultureinrichtungen
  • Bäder
  • Krankenanstalten- und Kuranstalten
  • Alten- und Pflegeheime
  • Orte, an denen Gesundheitsdienstleistungen erbracht werden
  • Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte
  • Einkaufszentren und Markthallen
  • Einrichtungen zur Religionsausübung

Hinzu könnten auch Bereiche kommen, die "bislang ausgenommen waren":

  • elementare Bildungseinrichtungen und Schulen
  • Universitäten, Privathochschulen, Fachhochschulen, Pädagogische Hochschulen, einschließlich der Bibliotheken dieser Einrichtungen
  • Tätigkeiten im Wirkungsbereich der Organe der Gesetzgebung, der allgemeinen Vertretungskörper, der Gerichtsbarkeit und der Vollziehung

Laut dem Verordnungstext muss die Maske indoor außerhalb des eigenen Wohnbereichs durchgehend getragen werden. Daheim wird das empfohlen. Im Freien kann sie unten bleiben, so ein Zwei-Meter-Abstand eingehalten werden kann. Das "soll insbesondere eine sachgerechte Ausnahme für alleinige Spaziergänge oder Mittagspausen im Park (abseits von Stoßzeiten) oder im Wald ermöglichen". In belebten Straßen und Parks soll die Maske allerdings getragen werden.

"Corona-Teams" am Arbeitsplatz

Neben der Maske sollen für Infizierte auch Betretungsverbote kommen. Diese werden im Wesentlichen für besonders vulnerable Settings (Gesundheitseinrichtungen, Kindergärten, Volksschulen) vorgesehen. Wenn die Maske aus medizinischen Gründen (z. B. Schwangerschaft) nicht getragen werden kann oder die Ausübung des Jobs dadurch verunmöglicht wird (etwa bei Musikern), dürfen Infizierte auch ihren Arbeitsort nicht betreten.

Infizierte und nichtinfizierte Personen sollen sowohl in der Arbeit als auch beispielsweise in Pflegeheimen räumlich getrennt werden. Corona-Positive sollen zudem von positiv getestetem Personal betreut werden.

In den Erläuterungen werden überdies "Corona-Teams" am Arbeitsplatz als Option angeführt: "Als sonstige geeignete organisatorische oder räumliche Schutzmaßnahmen kommen etwa Homeoffice, Einzelbüros oder Räumlichkeiten bzw. Teams mit ausschließlich Sars-CoV-2-Infizierten in Betracht."

Hacker hofft auf "Umdenken" bei Gesundheitsminister

Kritik an den am Donnerstag publik gewordenen Details des Entwurfes kam aus Wien, das die Aufhebung der Quarantäne schlichtweg ablehnt. Der Gesundheitsminister hatte zuletzt angekündigt, dass es vor einer Entscheidung über das künftige Vorgehen noch eine Abstimmung mit den Bundesländern geben soll. Diese habe bis dato aber noch nicht stattgefunden, hieß es am Donnerstag aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ).

Im Rathaus wird nun vermutet, dass das Aus vorerst auf Eis gelegt wurde. Man gehe davon aus, dass im Bund ein Umdenken stattgefunden und man dort eingesehen habe, dass eine derart maßgebliche Änderung im Pandemiemanagement keine gute Idee sei, sagte ein Sprecher.

Auch auf Twitter kritisiert der Sprecher Hackers die mangelnde Kommunikation des Bundes mit Wien, ein Thema, das im Laufe der Pandemie immer wieder auftaucht. "Nach der Aufregung um ein Ende der Quarantäne letzte Woche herrschte zu diesem Thema Funkstille. Für uns bedeutete das: Das Thema ist vorerst gegessen", schreibt der Sprecher Mario Dujaković. Nun habe man durch eine Anfrage der Zeitung "Heute" von dem Entwurf erfahren. In Wien habe man nicht gewusst, dass das Thema weiterverfolgt wurde. Weiters kritisiert er, dass der Entwurf bereits sechs von neun Bundesländern vorliegt. "Nach welchem Schema diese 'Einteilung' erfolgt ist? Darüber kann sich ja jeder selbst ein Bild machen", schreibt der Sprecher. Bis auf Wien, das Burgenland und Kärnten sind bekanntlich alle Bundesländer von der ÖVP geführt.

Doskozil kritisiert "Lippenbekenntnisse" Nehammers

So zeigte sich laut "Heute" auch der Landeshauptmann des Burgenlands, Hans Peter Doskozil (SPÖ), angesichts des Entwurfes wenig begeistert. "Seit Wochen ist nach außen hin davon die Rede, dass wir angesichts der Vielzahl an Krisen an einem Strang ziehen und zusammenarbeiten sollen. Das sind alles nur Lippenbekenntnisse", wird er zitiert. Nehammer solle nun "den salbungsvollen Worten auch Taten folgen lassen", fordert Doskozil.

Und auch in Kärnten hat die Landesregierung offenbar noch keine Information erhalten, wie ein Sprecher von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) ebenfalls auf Twitter ausführt: Kärnten sei "jedenfalls (noch) nicht eingebunden", schreibt dieser und fragt Bundeskanzler Nehammer, ob er denn aus den Fehlern der Vergangenheit nichts gelernt habe, und spielt damit wohl auch auf die oft kritisierte Informationsweitergabe der Regierung gegenüber rot-geführten Bundesländern an. (Jan Michael Marchart, Levin Wotke, APA, 21.7.2022)