Der Papst meint es offenbar ernst mit seiner Buße. Ab Sonntag wird sich der Pontifex auf kanadischem Boden mit hoher Wahrscheinlichkeit für das Unrecht der Kirche entschuldigen, das tausenden indigenen Kindern in Umerziehungsinternaten angetan wurde. Ob den Worten auch Taten folgen, wird sich in den kommenden Tagen zumindest anhand von Absichtserklärungen zeigen – etwa daran, dass sich der Papst für die Auslieferung von Priestern an kanadische Gerichte aussprechen oder Dokumente aus dem Vatikan offenlegen könnte. Dazu beizutragen, dass diese historischen Wunden vernarben, ist gut und wichtig. Doch ebenso wichtig, wenn nicht noch wichtiger sind Lösungen für aktuelle Probleme der Indigenen. Und die muss Kanada selbst erarbeiten.

Papst Franziskus empfing im März Vertreter der kanadischen Ureinwohner.
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Obwohl es bereits seit 2020 sauberes Trinkwasser für alle indigenen Gemeinschaften geben sollte, sind noch immer Wasserwarnungen für 94 Gebiete aufrecht. Mancherorts muss seit mehr als 10.000 Tagen Wasser abgekocht werden, damit es nicht gesundheitsschädlich ist. Viele Indigene fühlen sich von der Polizei schikaniert, systemischer Rassismus bei den Behörden steht im Raum. Die Gefahr, dass indigene Mädchen und Frauen verschwinden oder ermordet werden, ist viel höher als in anderen Bevölkerungsgruppen – und das seit Jahren.

First Nations, Inuit und Métis sind im heutigen Kanada noch immer nicht gleichgestellt. Das darf ob der historischen Aufarbeitung nicht vergessen werden. (Bianca Blei, 24.7.2022)