Die Hitze lässt den Zicksee im Burgenland austrocknen. Die Vorhersagen deuten darauf hin, dass das Wetter in den nächsten Jahrzehnten noch extremer wird.

Foto: APA/HANS KLAUS TECHT

Wien – Die Zahl der Tage mit mehr 30 Grad pro Jahr hat sich in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten verdoppelt bis verdreifacht. Werte, die früher einen Rekord darstellten, bilden heute den Durchschnitt. Ohne globalen Klimaschutz ist in Österreich bis zum Jahr 2100 eine weitere Verdoppelung bis Verdreifachung der Hitzetage zu erwarten, wie eine Auswertung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) zeigt.

Die Zahl der Hitzetage (mindestens 30 Grad) hat sich der ZAMG zufolge in Österreich in den vergangenen Jahrzehnten vervielfacht. Im Zeitraum 1961 bis 1990 gab es in den Landeshauptstädten pro Jahr zwischen drei und zwölf Hitzetage, und die Rekorde lagen größtenteils bei 20 Hitzetagen jährlich.

40 Grad in Österreich bald "Normalfall"

Im Zeitraum 1991 bis 2020 gab es in einem durchschnittlichen Jahr in den Landeshauptstädten schon zwischen neun und 23 Hitzetage, und die Rekorde lagen größtenteils bei über 40 Hitzetagen. "Die Klimamodelle haben uns die Zunahme der Hitze in den letzten Jahren gut vorhergesagt. Jetzt zeigen sie sehr deutlich, wie unterschiedlich die weitere Zukunft verlaufen wird, je nach Ausmaß des weltweiten Klimaschutzes", sagte Marc Olefs, Leiter der Klimaforschung an der ZAMG.

"Der derzeit noch extreme Wert von 40 Hitzetagen pro Jahr in Österreich wird bei einem weltweit ungebremsten Ausstoß von Treibhausgasen bis zum Jahr 2100 der Normalfall sein. Die Rekorde werden dann in einem derzeit noch völlig unvorstellbaren Bereich von 60 bis 80 Hitzetagen pro Jahr liegen. Bei Einhaltung des Pariser Klimaziels könnte sich die Zahl der Hitzetage in Österreich knapp über dem aktuellen Niveau einpendeln", sagte Olefs.

Hitze wird als Gefahr immer noch unterschätzt, weil es oft schwierig ist nachzuweisen, ob zum Beispiel ein Todesfall durch Herz-Kreislauf-Versagen oder von einer Hitzewelle verursacht wurde. Zahlreiche Studien belegen laut der ZAMG aber, dass in Europa deutlich mehr Menschen durch Hitzewellen sterben als durch Stürme, Hochwasser oder andere Wetterextreme.

2022 überdurchschnittlich heiß

Die Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (Ages) führt in Zusammenarbeit mit der ZAMG seit einigen Jahren ein Hitze-Mortalitäts-Monitoring durch. "In vier der letzten zehn Jahre starben in Österreich mehr Menschen an den Folgen von Hitze als im Straßenverkehr", sagte Olefs. Genauso wichtig wie ein engagierter weltweiter Klimaschutz sind daher in den nächsten Jahren regionale Anpassungsmaßnahmen, zum Beispiel im Städtebau Begrünung und Beschattung, um die Auswirkungen der Hitze zu dämpfen.

Auch 2022 wird der ZAMG-Prognose zufolge ein überdurchschnittlich heißes Jahr werden. "In ganz Österreich liegt die Zahl der Hitzetage bereits über einem durchschnittlichen gesamten Jahr im Zeitraum 1961 bis 1990, und in vielen Regionen fehlen auch nur noch ein paar Hitzetage auf die durchschnittlichen Werte der ohnehin schon sehr heißen Klimaperiode 1991 bis 2020", so Olefs. "Somit dürften wir heuer Ende Juli im Großteil Österreichs bereits das Soll an Hitzetagen eines gesamten Jahres erreicht haben."

WHO: Folgen des Klimawandels nehmen zu

Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stellt zunehmende Gesundheitsrisiken durch Waldbrände und Hitzewellen fest. "Der Klimawandel ist nicht neu. Seine Folgen nehmen jedoch Saison für Saison, Jahr für Jahr zu – mit katastrophalen Ergebnissen", erklärte der Direktor der WHO-Region Europa, Hans Kluge, am Freitag in Kopenhagen.

Extreme Hitzebelastung verschlimmere oft Vorerkrankungen. Hitzschläge und andere ernsthafte Formen ungewöhnlich hoher Körpertemperaturen sorgten für Leid und vorzeitige Todesfälle. Besonders Säuglinge, Kinder und ältere Menschen seien gefährdet.

Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte seien hunderttausende Menschen aufgrund von extremer Hitze gestorben, so Kluge. In diesem Jahr habe man allein in Spanien und Portugal mehr als 1.700 unnötige Todesfälle in der derzeitigen Hitzewelle erlebt. Waldbrände, die für ihre katastrophalen Folgen in Südeuropa bekannt seien, gebe es jetzt bis nach Skandinavien hinauf.

Mit einigen grundlegenden Schritten können sich Bürgerinnen und Bürger der WHO zufolge schützen. Dazu zählt unter anderem, anstrengende körperlichen Aktivitäten bei Hitze bleiben zu lassen und Kinder und Tiere nicht in geparkten Fahrzeugen zurückzulassen. Man solle regelmäßig trinken, dabei aber Alkohol, Koffein und zuckerhaltige Getränke vermeiden. (APA, red, 22.7.2022)

DER STANDARD