Die SPÖ residiert im ersten Bezirk in Wien – möglicherweise zu günstig, glaubt der Rechnungshof.

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Wien – Der Rechnungshof hat am Freitag den Rechenschaftsbericht der SPÖ für das Jahr 2020 veröffentlicht – und spricht in diesem Zusammenhang den Verdacht aus, die Stadt Wien könnte eine unzulässige Spende an die Partei getätigt haben. Die SPÖ hat ihre Parteizentrale in einem Haus, das der Stadt Wien gehört – und laut Rechnungshof zahlt sie dort deutlich weniger Miete, als in der Gegend üblich sei.

Laut Eigenangaben bezahlt die Partei für die Zentrale in der Löwelstraße im ersten Bezirk einen monatlichen Mietzins von 12.000 Euro plus Umsatzsteuer. Das sei laut Rechnungshof deutlich weniger als bei vergleichbaren Objekten im 1. Bezirk. Rechtlich komme das womöglich einer Sachspende gleich. Spenden von einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft an eine Partei sind allerdings unzulässig. Die niedrige Miete der SPÖ in der Löwelstraße wird deshalb seit Jahren kontrovers diskutiert.

"Irrtum im Büro des Bürgermeisters"

Was den Rechnungshof darüber hinaus stutzig macht, sind widersprüchliche Angaben von Mieterin und Vermieterin: Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hat im Mai 2022 im Zuge der Beantwortung einer Anfrage im Gemeinderat von einer Reduktion des Mietpreises gesprochen. Demnach betrage der Mietzins aktuell 12.000 Euro, 2017 seien es noch 13.600 Euro gewesen. Wegen einer Neuvermessung der Räumlichkeiten sei der Preis gesenkt worden, erklärte Ludwig, wie der Rechnungshof festhält.

Die SPÖ konnte das aber auf Nachfrage der Prüferinnen und Prüfer nicht bestätigen. Es handle sich "möglicherweise um einen Irrtum des Büros des Bürgermeisters". Eine Senkung der Miete habe nicht stattgefunden.

Meldung an den Parteien-Transparenz-Senat

"Vor diesem Hintergrund und angesichts der widersprüchlichen Aussagen zwischen der Stadt Wien (Vermieter) und der SPÖ (Mieter) über Veränderungen des Mietzinses erfolgt eine Mitteilung an den Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) wegen der Vermutung einer unzulässigen Spende der Stadt Wien an die SPÖ", heißt es vom Rechnungshof.

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch wies in einer Reaktion auf die Rechtmäßigkeit der Verträge hin: "Der Abschluss dieser Mietverträge reicht teilweise bis in Jahr 1946 zurück, zu allen Zeitpunkten wurden den Mietverträgen jeweils gesetzeskonforme und marktübliche Mieten zu Grunde gelegt." Die SPÖ habe dem Rechnungshof sämtliche Verträge offengelegt.

"Der Umstand, dass es bei Altmietverträgen zu aus heutiger Sicht günstigen Mieten kommen kann, ist Ergebnis mieterschutzrechtlicher Bestimmungen des Gesetzgebers", betonte Deutsch. Der Vergleich des Rechnungshofes mit "topsanierten Büroobjekten" sei daher nicht zutreffend, versicherte er.

SPÖ mietet 3,182 Quadratmeter Fläche

Die Stadt Wien lieferte auf STANDARD-Anfrage konkrete Zahlen aus ihrem Bau- und Gebäudemanagement. Demnach bestehen für die SPÖ-Zentrale insgesamt acht Mietverträge zu teils unterschiedlichen Konditionen. Insgesamt geht es um eine Fläche von 3,182 Quadratmetern (das entspricht etwa einem halben Fußballfeld). Rund zwei Drittel davon mietet die Partei zu einem Preis von 2,52 Euro pro Quadratmeter, für den Rest werden Mieten zwischen 7 und 11 Euro pro Quadratmeter fällig. Insgesamt beträgt der Netto-Mietzins Stand Juli dieses Jahres 12.567,07 Euro, gibt die Stadt bekannt.

Die vom Rechnungshof kritisch beäugten unterschiedlichen Angaben erklärt die Stadt mit Brutto- und Nettopreisen. In der Gemeinderats-Fragestunde, auf die sich der Rechnungshof bezieht, "wurde der Brutto-Mietzins aus März 2017 mit der Netto-Miete aus März 2022 verglichen. Weil eine Zahl 20 Prozent Umsatzsteuer enthalten hat, die andere aber nicht, ist fälschlicherweise der Eindruck entstanden, die Miete wäre gesunken". Tatsächlich sei sie aber aufgrund einer Preisanpassung gestiegen.

Opposition sieht Aufklärungsbedarf

Die ÖVP sah sich hingegen bestätigt. "Auch der Rechnungshof vermutet eine unzulässige Parteispende von der Stadt Wien an die SPÖ", hielt Generalsekretärin Laura Sachslehner in einer Stellungnahme fest: "Wir haben als Volkspartei bereits vor Monaten den absurd günstigen Mietvertrag zwischen der Stadt Wien und der SPÖ für ihre Parteizentrale aufgezeigt." Das Vorgehen des Rechnungshofes wurde von der ÖVP ausdrücklich begrüßt.

Die SPÖ sei nun gefordert, vollumfänglich zu kooperieren. "Für mich steht außer Zweifel: Dieser Mietvertrag kann in seiner derzeitigen Fassung nicht länger bestehen bleiben", sagte Sachslehner.

Auch die Wiener Grünen sehen Aufklärungsbedarf. Gemeinderat Martin Margulies berichtete, dass umgehend eine schriftliche Anfrage eingebracht worden sei: "SPÖ und Stadt Wien müssen sofort alle Verträge und Zahlungsflüsse betreffend die Miete für die Parteizentrale in der Löwelstraße offenlegen." Fehlende Transparenz verschärfe den Eindruck, dass hier eine Vertragsgestaltung zu Lasten der Stadt gewählt worden sei, die die SPÖ begünstige – zumal der Bürgermeister in seinen bisherigen Beantwortungen mit widersprüchlichen Zahlen gearbeitet habe.

Wiens FPÖ-Chef Dominik Nepp ortete einen "Knalleffekt". Man habe immer vermutet, dass es sich bei der "Billigstmiete" um eine illegale Parteispende handle. "Einmal mehr zeigt sich die rote Heuchelei. Während die Gemeindebaumieter abgezockt werden, residieren die Genossen im Wiener Innenstadtpalais zum Spottpreis. Diese Schande muss sofort abgestellt werden", verlangte der Wiener FPÖ-Obmann. (red, APA, 22.7.2022)