EU-Fördergelder für sogenannte Twinningprojekte gingen auch an die Agentur für europäische Integration (AEI). Die Staatsanwaltschaft prüft den Verdacht auf Malversationen.

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Ab dem Jahr 2017 wurde es eng. Die "Agentur für europäische Integration und wirtschaftliche Entwicklung" (AEI) war in eine finanzielle Krise gerutscht und ÖVP-geführte Ministerien planten, die Kooperation mit der Agentur zu beenden. Das wäre für die AEI fatal gewesen, ist ihr Geschäft doch die Vermittlung von österreichischem Verwaltungswissen in andere Länder. Das erfolgt über sogenannte Twinning-Projekte, die von der EU mit viel Geld gefördert werden. Gerettet wurde die Agentur dann vor allem durch Projekte mit Ministerien, die Ende 2017 zur FPÖ wanderten.

Jetzt könnte es für die AEI wirklich vorbei sein. Die Staatsanwaltschaft (StA) Wien ermittelt wegen des Verdachts auf Untreue gegen AEI-Geschäftsführerin Z. und einen Polizisten sowie gegen den Verein und seine nicht auf Gewinn orientierte Gesellschaft, die AEI GmbH. Am Mittwoch fanden Hausdurchsuchungen statt – und am Donnerstag gab das Außenministerium dann bekannt, dass die AEI die rechtlichen Voraussetzungen für Twinning-Projekte nicht mehr erfülle.

Harte Konkurrenz

Freuen könnte das die Konkurrenz, denn die AEI war mit ihrem Geschäftsmodell nicht allein: Auch die Agency for Economic Cooperation und Development (AED)kämpfte um Fördergelder. Die hat einen bestens vernetzten Präsidenten, Ex-ÖVP-Chef Michael Spindelegger (ÖVP). Und der Obmann des AED kennt Rivalin AEI bestens, hatte er diese einst doch selbst mitgegründet und angeblich nach Konflikten verlassen.

Neben Konflikten gab es finanzielle Schwierigkeiten in der AEI. Die Agentur soll, flapsig ausgedrückt, alte Projekte mit neuen finanziert haben. 2018 setzten sich die Ministerien das Ziel, die Agentur binnen fünf Jahren zu sanieren, in der Folge gewann die AEI viele Projekte. Überprüft wurden deren Abrechnungen von der EU. Oft sollen fehlende Belege eingefordert worden sein, was zu langen Verzögerungen geführt habe.

Fette Honorare

Einer der Gründe dafür soll in den Entlohnungen gelegen sein. Viele der aus den Ministerien entsandten Beamten sollen sehr hohe Honorare erhalten haben, zum Teil sollen Leute für diese Projekte angestellt worden sein. im Innenministerium ist die Rede davon, dass sich manche aus dem Haus "ein ordentliches Zubrot" verdienen würden. Inzwischen soll es zu Selbstanzeigen Betroffener bei der Finanz gekommen sein. Die meisten Mitarbeiter schickte das Finanzministerium in die AEI – auch deren Geschäftsführerin Z. ist dort Abteilungsleiterin.

Sie soll die AEI immer stärker abgeschirmt haben, vor allem nachdem das damals noch von Herbert Kickl (FPÖ) geführte Innenministerium die Interne Revision eingeschaltet hatte. Sein Nachfolger Wolfgang Peschorn brachte Strafanzeige ein, mittlerweile ist er als Präsident der Finanzprokuratur erneut mit der Angelegenheit befasst. Auch andere wurden skeptisch: Das Verteidigungsressort initiierte eine Rechnungshofprüfung der AEI-Projekte, im Innenressort wurde per offenem Brief vor der AEI gewarnt.

Triste Bilanzen

Z. versuchte noch vergangenen Herbst, die Gerüchte zu zerstreuen. "Parteipolitische Einflussnahme und geschäftsschädigendes Verhalten werden von uns nicht toleriert und haben ein gerichtliches Nachspiel", ließ sie in einer Aussendung wissen.

Jetzt hat aber auch die Staatsanwaltschaft ernste Verdachtsmomente: Es geht um rund 500.000 Euro für einen Polizisten des Bundeskriminalamts und laut "Kurier" um Geldwäsche über maltesische Treuhandgesellschaften. Es gilt die Unschuldsvermutung.

AEI-Anwalt ortet "Anpatzerei"

Der Rechtsanwalt der AEI, Gerald David, weist die Vorwürfe zurück, nennt sie eine "Raubersgeschichte" und "Anpatzerei". Die Beschuldigte sei seit 20 Jahren Beamtin und werde doch nicht ihre Vertrauensposition ausnützen, die Vorwürfe seien konstruiert, erklärt der Anwalt auf Anfrage des STANDARD.

Die Bilanzen der AEI GmbH sehen eher traurig aus. 2018 betrug das negative Kapital 450.000 Euro, bis 2021 steigerte sich das bei einer Bilanzsumme von rund 5,4 Millionen auf minus 1,1 Millionen Euro. Überschuldung lag laut Bilanz aber keine vor, denn es gab eine positive Fortbestandsprognose und man prognostizierte ab 2022 schwarze Zahlen. Zuletzt wurde für heuer ein Gewinn von 131.000 Euro erwartet.