Es gibt sie tatsächlich: Stadtmenschen, die sich einen Holzofen im Internet bestellen oder im Baumarkt kaufen. Und die dann erst beim Versuch, diesen zu Hause in der Wohnung in Betrieb zu nehmen, draufkommen, dass das nicht geht, weil es keinen Kamin gibt. Thomas Gollner kennt solche Fälle. Er hat das selbst schon erlebt.

"Das ist der größte Bock, den man schießen kann. Ich habe jemandem geraten, den Ofen gleich wieder zu verkaufen", erzählt er. "Neun von zehn Kunden haben diese Probleme nicht", die würden sich ausreichend informieren, bevor sie das Projekt einer neuen Feuerstelle angehen. Aber es sei nicht zu unterschätzen, wie viele keine Erfahrung mehr haben mit dem Abbrennen von Holz in den eigenen vier Wänden: "Die Oma hatte einen Ofen für den Notfall. Was für sie selbstverständlich war, haben die Jungen verlernt", sagt Gollner. Da gebe es einiges neu zu vermitteln.

Thomas Gollner ist Rauchfangkehrer mit Meisterprüfung.
Foto: Thomas Mayer

Das ist sein Job. Er ist Rauchfangkehrer mit Meisterprüfung, gehört einer Berufsgruppe an, die als "Hüter des Feuers" seit jeher hohes Ansehen genießt. Nicht umsonst werden sie zu Neujahr als Glücksbringer hochgehalten. Mit Feuer Wärme zu erzeugen, zu kochen, aber auch zu verhindern, dass es verheerende Brände auslöst, das gehörte vor der Einführung von Zentralheizungen und Fernwärmeanschlüssen zu den elementaren Dingen im Leben. Dazu brauchte es Schornsteinfeger, die hoch hinauf aufs Dach stiegen.

"Feuer hat Menschen immer fasziniert, ob man nur reinschaut oder sich daran wärmt", philosophiert Gollner. Vielleicht spiele das mit beim aktuellen Trend, dass so viele dem Problem der hohen Energierechnungen durch Anschaffung eines Holzofens begegnen wollen.

Man will nicht vom Versorger abhängig sein, sich selbst versorgen – und auch sparen, vor allem in der Übergangszeit zum Winter. Gollner kennt das alles aus der Praxis in- und auswendig. Er hat einen eigenen Betrieb mit einer Gebietslizenz für zwei Bezirke in Wien, Innere Stadt und Döbling. Privat wohnt er in Donaustadt, wo er sich als Bezirksrat für die SPÖ engagiert. Den Boom bestätigt er.

Putins Drohungen als Booster

Vor dem Ukraine-Krieg gab es im Monat zwei, drei Anfragen wegen eines Holzofens. "Seit die Medien berichten, dass Wladimir Putin das Gas vielleicht ganz abdreht, sind es zwei, drei pro Tag." Das gehe durch alle sozialen Schichten. Ob für die Penthousewohnung im noblen ersten Bezirk, das Häuschen am Stadtrand oder die Sozialwohnung in Genossenschaftsbauten, die Nachfrage sei groß.

Das Allerwichtigste dabei sei, als Erstes prüfen zu lassen, ob das Haus bzw. die Kamine dafür geeignet seien – egal ob man einen Kachelofen um 15.000 Euro oder ein kleines Schwedenoferl für 400 Euro wolle. Ein Kamingutachten erstellen, das dürfe gesetzlich vorgeschrieben nur ein Rauchfangkehrer: "In jedem Haus gibt es ein Kontrollbuchkästchen, dort findet man den zuständigen Kollegen." Ein Gutachten koste 115 bis 140 Euro.

Die Zeit, als "jede Wohnung ausreichend mit Rauchfängen versorgt" wurde, sei längst vorbei. Aber sei ein Kamin vorhanden und funktionstüchtig, dann könne ein Brandofen schnell installiert werden, sagt Gollner.

Verputz von innen

Komplexer werde es, wenn bestehende Kamine seit langem stillgelegt oder anderweitig verwendet wurden – etwa für Satellitenkabel zum Dach. Dann sollte man keinesfalls einen Holzofen anschließen, sondern Fachleute rufen. Stelle sich bei der fachgerechten Überprüfung heraus, dass ein Kamin undicht sei, könne der Mangel behoben werden, indem man ihn von innen her neu verputze. Kosten: 150 bis 200 Euro pro Laufmeter.

"Das Kehren der Kamine und die Abgasmessung sind nach wie vor unser Kerngeschäft", sagt Gollner, "aber wir werden immer mehr auch zu Energieberatern bei der Wahl von Alternativenergien oder bei sicherheitsrelevanten Fragen wie der Lagerung von Brennbarem in Stiegenhäusern und Kellern."
Foto: Thomas Mayer

Mindestens so wichtig wie die Funktionstüchtigkeit des Rauchfangs sei aber auch die angemessene Leistungsfähigkeit des Ofens, erklärt der Meister, in der Regel reiche ein Gerät mit sechs bis neun Kilowatt für eine durchschnittliche Wohnung. "Überdimensionierte" Öfen sollte man gar nicht erst kaufen.

Schlechte Nachrichten hat Gollner für Bewohner von Neubauten: "Seit 2016 müssen in Wien keine Notkamine mehr eingebaut werden", viele Bauträger verzichteten darauf. In diesen Fällen bestehe praktisch keine Chance auf Nachrüstung. Die Leute seien dann auf die Fernwärme angewiesen.

Und was bedeutet der Trend zum Holzofen für die Zunft der Rauchfangkehrer, einen Aufschwung? "Das Kehren der Kamine und die Abgasmessung sind nach wie vor unser Kerngeschäft", sagt Gollner, "aber wir werden immer mehr auch zu Energieberatern bei der Wahl von Alternativenergien oder bei sicherheitsrelevanten Fragen wie der Lagerung von Brennbarem in Stiegenhäusern und Kellern."

Vorsicht Kaminbrand

So bald aus dem Heizungsalltag verschwinden werden die "Hüter des Feuers" also nicht, auch als Berater für Menschen, die nicht mehr so richtig wissen, wie man Feuer macht. Gefürchtet sind Kaminbrände. "Wenn Holz feucht ist oder zu harzig, dann verpecht der Rauchfang. Dieser Pechbelag im Kamin kann anfangen zu brennen", erklärt Gollner.

Die Wahl des richtigen Holzes sei daher sehr wichtig. Und wie viel Holz braucht man, wenn man im Winter zuheizen will, Fernwärme und Gas runterdreht? Nicht zu viel, warnt der Praktiker, ein, zwei Kubikmeter gutes Holz reichten durchaus aus. (Thomas Mayer, 25.7.2022)