Depressionen und Burnout-Erkrankungen zählen zu den häufigsten Gründen, warum eine Person ihrem Beruf nicht mehr voll nachgehen kann.

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Eine schwere Verletzung im Sommerurlaub, ein Unfall oder auch Long Covid. Jeder vierte Österreicher wird im Laufe seines Lebens – wenn auch nur vorübergehend – berufsunfähig. Das sind rund 25 Prozent der Bevölkerung. Trotzdem sind nur zwei bis fünf Prozent gegen dieses Risiko versichert, hat der Online-Versicherungsmanager Clark erhoben.

Mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung kann die eigene Arbeitskraft abgesichert werden. Die Nachfrage nach diesen Produkten hält sich aber sehr in Grenzen. "Es fehlt sichtlich am entsprechenden Problembewusstsein für mögliche Schadenfälle, sprich Einkommensverluste", sagt Philip Steiner, Geschäftsführer von Clark Österreich.

Viele Gründe

Auch die Arbeiterkammer stuft eine Berufsunfähigkeitsversicherung als sinnvoll ein. Vor allem für Alleinerziehende oder Paare mit Kindern – also für all jene, die nicht nur Verantwortung für sich selber tragen – würde diese Versicherung zur Absicherung sinnvoll sein.

Als berufsunfähig gilt, wer seinen aktuellen Job mindestens sechs Monate lang nur zu maximal 50 Prozent ausüben kann. Die Gründe für einen längeren Arbeitsausfall sind vielseitig. Mehr als ein Drittel der Betroffenen (37,4 Prozent) leidet an psychischen Krankheiten wie Burnout oder Depressionen, wie ein Blick in das Handbuch der österreichischen Sozialversicherung zeigt. Auf Platz zwei mit 19,8 Prozent rangieren Krankheiten des Muskel-Skelett-Systems und des Bindegewebes. Neubildungen – etwa bei Krebs – verursachen 12,9 Prozent der Fälle und belegen damit Platz drei.

Eine Studie der Donau-Universität Krems zeigt, dass sich die psychische Gesundheit der österreichischen Bevölkerung seit Beginn der Corona-Pandemie immer weiter verschlechtert. Bereits vor der Pandemie war jeder Zweite in Österreich von einem Burnout betroffen, gefährdet oder zeigte Symptome einer Depression, wie eine repräsentative Umfrage des Sozialministeriums zeigt.

Informationsbedarf groß

Laut einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts aus dem Jahr 2019 gibt es beim Thema Berufsunfähigkeit in Österreich einen enormen Informationsbedarf und im Vergleich zu Nachbar Deutschland auch wesentliche Unterschiede: Während in Deutschland die Durchdringung punkto Wissensstand bei rund 33 Prozent liegt, beträgt diese hierzulande gerade einmal zwei bis fünf Prozent. "Die Gründe liegen in einer falschen Wahrnehmung des Risikos und dem fehlenden Wissen über private Versicherungsmöglichkeiten", sagt Manfred Bartalszky, Vorstand der Wiener Städtischen.

Zusätzlich gebe es einige Mythen, die sich laut Bartalszky hartnäckig halten. Allzu oft verlassen sich die Menschen auf den Staat und eine Unterstützung im Ernstfall. Tatsächlich würden jedoch zwei Drittel aller Berufsunfähigkeitsanträge durch die Pensionsversicherungsanstalt abgelehnt. "Wenn es eine Zuerkennung gibt, liegt die durchschnittliche BU-Pension gerade einmal bei 1175 Euro", sagt Bartalszky.

Vielen Österreichern sei einfach nicht bewusst, dass drastische Einkommenseinbußen drohen, wenn der Beruf plötzlich nicht mehr oder nur noch teilweise ausgeübt werden kann. Und: "Wird man berufsunfähig, bedeutet das nicht nur eine – oft deutliche – Minderung des Erwerbseinkommens, sondern damit einhergehend auch geringere Pensionsbeiträge und in der Folge eine geringere Alterspension", gibt Bartalszky zu bedenken.

Irrtümlich glauben viele, dass Berufsunfähigkeit vor allem durch berufsspezifische Krankheiten oder Unfälle verursacht wird. Tatsächlich führen jedoch häufig die erwähnten psychischen Erkrankungen zum vorzeitigen und ungeplanten Ausstieg. Die Prämienhöhe für eine Versicherung hängt von Berufsumfeld, Alter und Vorerkrankungen ab. Zur Einordnung: Will man eine Berufsunfähigkeitsrente von 1000 Euro pro Monat, sind Verträge ab 40 Euro Prämie pro Monat möglich. (Bettina Pfluger, 23.7.2022)