Christian Ilzer sieht Sturm gut für die Herausforderungen gerüstet.

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Stefan Hierländer: "Jeder strebt das perfekte Spiel über 90 Minuten an, aber das wird es nicht geben. Weil es immer Phasen gibt, in denen man die Kompaktheit verliert und Torchancen zulässt. Da geht es um Nuancen und Details, die oftmals Spiele entscheiden."

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Nicht einmal die kühnsten Aficionados werden es wagen, auf Sturm als Meister 2022/23 zu setzen – auch die Grazer selbst nicht, obwohl sie sich nach Platz drei 2021 erst in der abgelaufenen Bundesligasaison mit 15 Punkten Rückstand auf Salzburg zum Vizemeister aufschwangen.

"Die Eins wird es wahrscheinlich nicht", sagt Christian Ilzer, der vor seiner dritten Saison als Trainer der Grazer steht. "Für uns wäre es schon ein Riesenerfolg, wenn wir Salzburg etwas näher rücken könnten." Die Liga habe qualitativ zugelegt, aber auch Sturm habe sich weiterentwickelt. "Wir haben viel Kontinuität in der Mannschaft, ein paar spannende Neuzugänge und sind kadermäßig gut aufgestellt, um zu realisieren, was wir uns vornehmen", sagt der Steirer.

Dieser Einschätzung schloss sich auch Kapitän Stefan Hierländer an, wenngleich er das schier Unmögliche nicht kategorisch ausschließt: "Es gibt immer eine Chance. Es braucht ein Jahr, in dem Salzburg nicht so stark und man selbst über den Grenzen performt, dann ist was drin." Es sei jedoch fehl am Platz, sich mit solchen Gedanken zu beschäftigen. "Wir haben eine gute Entwicklung genommen, auch wenn wir mit relativ großem Abstand Zweiter geworden sind", sagt der frühere Salzburg-Spieler.

Das Nonplusultra

Red Bull sei das Nonplusultra der Liga. Neun Meistertitel in Serie sprechen für sich. Immerhin gelang es neben Rapid (2008) und der Austria (2013) auch Sturm (2011) zwischendurch einmal, die Bullen auszubremsen. "Sie kämpfen mit anderen Mitteln. Sich mit ihnen zu vergleichen, wäre vermessen", sagt der 31-Jährige. Man versuche, sich vom Meister etwas abzuschauen, agiere auch mit Raute und hohem Pressing. Mit den eigenen Mitteln das Beste herausholen, laute die Devise, über Jahre gewachsene Dinge seien nicht einfach zu kopieren.

Für die Leistungen in der vergangenen Saison wurde Sturm mit einem Platz in der Champions-League-Qualifikation belohnt. Österreichs Vize bekommt es Anfang August mit Dynamo Kiew oder Fenerbahce Istanbul (Hinspiel am Mittwoch in Łódź 0:0) zu tun. Hierländer: "Wir sind krasse Außenseiter, werden aber nicht in Ehrfurcht erstarren. Wir wollen ins Playoff kommen und die Fahnen hochhalten, weil es ja auch um Punkte für die Liga geht. Das ist Ansporn genug." Klappt der Einzug in die Königsklasse nicht, gibt es als Trostpflaster einen Startplatz in der Europa League.

Ilzer bezeichnet die internationalen Auftritte als Highlightspiele. Wichtig werde aber sein, die Liga nicht aus dem Fokus zu verlieren. "Sie ist das tägliche Brot." Die Auftritte im Rampenlicht haben es erleichtert, das Team zusammenzuhalten. "Das hatte höchste Priorität", sagt Ilzer. "Trotzdem ist es nötig, frisches Blut reinzubringen, die Philosophie etwas zu verändern, damit Dynamik im Kader bleibt."

Also lieh sich Sturm für die Defensive den 21-jährigen Wiener Dominik Oroz mit Kaufoption von Vitesse Arnheim aus und holte den Tiroler David Schnegg (23) von Serie-A-Absteiger Venezia. Man bereicherte das Mittelfeld mit Vesel Demaku (22) von der Austria und Tomi Horvat (23) vom slowenischen Verein Mura. Ziehen ließ man etwa Andreas Kuen (27 / Atromitos Athen), Lukas Jäger (28 / Altach), den von Gent ausgeliehenen Ivorer Anderson Niangbo (22), Routinier Philipp Huspek (31) und Francisco Mwepu (22).

Gute Vorzeichen

Hierländer: "In den Neuzugängen steckt viel Qualität. Wir kämpfen aber wieder mit den üblichen Verdächtigen um die Plätze, sie schlafen ja auch nicht." Was für Sturm spricht? "Wir haben eine gefestigte Mannschaft, spielen schon länger zusammen. Kontinuität ist ein ganz wichtiger Faktor. Gewisse Automatismen greifen leichter."

Als Indiz, dass es bei den Grazern läuft, kann der 2:1-Erfolg im Test gegen Galatasaray Istanbul herangezogen werden, aufgrund des Klasseunterschieds nur bedingt das 6:0 im Cup beim SC Röthis.

Hierländer will den Erfolg gegen Galatasaray nicht überbewerten. "Wir können da viel Positives mitnehmen und auch Sachen, die wir verbessern müssen. Jeder strebt das perfekte Spiel über 90 Minuten an, aber das wird es nicht geben. Weil es immer Phasen gibt, in denen man die Kompaktheit verliert und Torchancen zulässt. Da geht es um Nuancen und Details, die oftmals Spiele entscheiden." Diese kritischen Phasen gelte es zu minimieren.

Ein erster Gradmesser ist am Samstag (19.30 Uhr) der WAC. Beim Saisonstart in Wolfsberg wird Jakob Jantscher fehlen. Der Offensivwirbelwind wird wegen eines Muskelfaserrisses länger ausfallen. "Das Allerwichtigste", sagt Hierländer, "ist die Gesundheit. Dass wir fit bleiben und als Mannschaft den Weg weitergehen, den wir vor zwei Jahren begonnen haben. Und auch dass wir das nötige Glück haben, um unsere Ziele zu erreichen."

LASK vs. Klagenfurt

Auf das nötige Glück hofft auch der LASK. Die Linzer wollen gleich zum Auftakt gegen Austria Klagenfurt die verpatzte vergangene Saison vergessen machen. Mit Rang acht blieben die Athletiker deutlich unter den Erwartungen. Mit einer personell stark umgekrempelten Truppe peilt Didi Kühbauer, der im Mai bei den Linzern das Traineramt übernahm, einen Platz in der Meistergruppe an. Vergangene Saison schaffte das überraschend der Aufsteiger aus Kärnten. Die Elf von Peter Pacult belegte unmittelbar hinter Rapid Rang sechs. (Thomas Hirner, 23.7.2022)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen zu den Spielen der ersten Runde der Fußball-Bundesliga am Samstag und Sonntag (alle live Sky Sport Austria):

SAMSTAG:

LASK – Austria Klagenfurt (Pasching, Raiffeisen Arena, 17.00 Uhr, SR Lechner). Saisonergebnisse 20021/22: 1:1 (a), 2:2 (h)

LASK: Schlager – Stojkovic, Ziereis, Luckeneder, Renner – Michorl, Hong – Goiginger, Horvath, Nakamura – Ljubicic

Es fehlen: Wiesinger, Twardzik, Letard, Anselm (alle verletzt), Zulj (noch nicht matchfit), Balic, Celic

Klagenfurt: Menzel – N. Wimmer, Gkezos, Mahrer – Blauensteiner, Moreira, Cvetko, Schumacher – Wernitznig, Pink, Jaritz

Es fehlt: keiner

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Wolfsberger AC – SK Sturm Graz (Wolfsberg, Lavanttal-Arena, 19.30 Uhr, SR Jäger). Saisonergebnisse 2021/22: 1:4 (h), 3:0 (a), 0:2 (h), 4:1 (a)

WAC: Bonmann – Baumgartner, Piesinger, Lochoshvili – Jasic, Taferner, Leitgeb, Kerschbaumer, Anzolin – Vergos, Baribo

Es fehlen: Scherzer (Aufbautraining), Omic (Knieverletzung)

Sturm: Siebenhandl – Gazibegovic, Affengruber, Wüthrich, Schnegg – Gorenc-Stankovic – Hierländer, T. Horvat, Prass – Sarkaria, Höjlund

Es fehlen: Jantscher (Muskelfaserriss in Wade), Kiteishvili (Achillessehnen-Reizung), Geyrhofer (Knieprobleme), Trummer (Ödem im Rücken)