Heuer würde die Gebührenanpassung in Summe rund 19 Millionen Euro betragen.

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Es wäre der denkbar schlechteste Zeitpunkt für eine Erhöhung der Bundesgebühren. Das dachte sich wohl die Bundesregierung mit Blick auf die grassierende Teuerung. Denn wie am Samstag bekannt wurde, will die Bundesregierung die vorgesehen Anhebung auch im Jahr 2022 erneut aussetzen. Das verkündeten Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Eigentlich hätten heuer Verfahren bei Behörden, beispielsweise Baubewilligungen, Zulassungen von KFZ, Führerscheine, Reisepässe und Personalausweise teurer werden sollen. Rund 19 Millionen Euro hätte die Gebührenanpassung betragen.

Brunner: Amtswege müssen leistbar sein

Dass der Staat auf die Einnahmen verzichtet, sei laut Brunner notwendig, um die Menschen "nicht noch mehr zu belasten", sagte dieser am Samstag im Ö1 Morgenjournal. Konkret betrifft der Gebührenstopp "alle Eingaben und Schriften an Behörden", also auch Landesbehörden und Gemeinden sowie Zulassungsstellen, die im Gebührengesetz 1957 geregelt sind. Gerade bei den Gebühren für neue Dokumente sei das Aussetzen der Erhöhung für Bund, Länder und Gemeinden ein einfacher Schritt, sagt Vizekanzler Kogler.

Laut Gesetz wäre eigentlich eine Anhebung rückwirkend bis 2011 möglich. Damals gab es die letzte Erhöhung. Eine solche rückwirkende Valorisierung hätte zur Folge, dass etwa ein Reisepass für Erwachsene heute statt 75,90 Euro 95,80 Euro kosten würde.

ÖVP teilt gleich aus

Auf die Ankündigung folgte von ÖVP-Seite prompt Kritik an Wien: Per Aussendung forderten ÖVP-Vertreter die Landesregierung dazu auf, ebenfalls einen Gebührenstopp zu verordnen. SPÖ und Neos würden auf Bundesebene ständig "Maßnahmen à la Gießkanne" fordern und dann bei raschen und zielgerichteten Maßnahmen dagegenstimmen, kritisierte der Wiener Nationalratsabgeordnete Wolfgang Gerstl. Würden sie es wirklich ernst nehmen, könnten sie in Wien ihre soziale Verantwortung wahrnehmen und wie auf Bundesebene einen Stopp der Gebührenerhöhung veranlassen. ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner warf der SPÖ "Doppelmoral" vor, indem sie im Bund etwas fordere und in Wien dann etwas ganz anderes mache.

Auch von der Wiener FPÖ kam harsche Kritik daran, dass in Wien auch 2023 kein Aussetzen von Gebührenerhöhungen geplant ist. Parteichef Dominik Nepp warnte im "Kurier", dass durch die Teuerung der Mittelstand "quasi ausradiert" werden und der soziale Frieden in Wien im Herbst nicht mehr gewährleistet sein könnte. "Wenn es dann zu Demonstrationen kommt und Wien brennt, ist Michael Ludwig dafür verantwortlich." Neben einem fünfjährigen Gebührenstopp fordert Nepp, dass jede Wienerin und jeder Wiener eine Entlastung von 600 Euro bekommt, die aus Gewinnen der Wien Energie finanziert werden soll. (etom, APA, 23.7.2022)