Sara Marita Kramer ist Gesamtweltcupsiegerin.

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Die 20-jährige Salzburgerin sieht die Zeit noch nicht reif, für Frauen-Skifliegen.

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"Viele werden mich für diese Antwort hassen, aber...". So fängt Sara Marita Kramer an auf die Frage des STANDARD im vergangenen Winter, ob Frauen auch möglichst bald Skifliegen sollen. Die 20-jährige Salzburgerin hat den Gesamtweltcup gewonnen, bei den Olympischen Spielen in Peking war Kramer aufgrund einer Corona-Infektion zum Zuschauen verdammt. In einem offenen Brief an den internationalen Skiverband (FIS) hat Anton Innauer, erfolgreicher Ex-Aktiver, ehemaliger Skisprung-Cheftrainer und auch Sportdirektor im ÖSV, von "großen Risiken" im Zusammenhang mit dem Frauen-Skifliegen gesprochen. Innauer sieht im Vergleich mit Männern größere Risiken bei Stürzen. Die FIS hatte sich im Frühjahr dafür ausgesprochen, Frauen im März vom großen Bakken im norwegischen Vikersund starten zu lassen.

"In meinen Augen ist es fürs Damenskispringen noch nicht die richtige Entscheidung, Fliegen zu organisieren. Es wäre wichtiger, mehr Wettkämpfe auf Großschanzen zu bekommen", sagte Kramer. "Wir sind ja immer noch vor allem auf K90, also Kleinschanzen, unterwegs. Wenn wir dann einmal auf Großschanzen springen, ist das schon ein Highlight."

Die ÖSV-Springerin sprach zudem von einem Teilnehmerfeld bei den Frauen, dem es in der Breite noch an Qualität fehle. "Das Skifliegen ist noch zu weit weg. Es ist wichtig, dass die Dichte vom ersten bis zum 30. Platz stimmt, bei den Herren ist das Feld doch viel knapper beisammen, es springen ja auch mehr Herren."

Innauers Bedenken

Innerauer wiederum führt "wichtige biomechanische, medizinische, und ethisch moralische Argumente" an, die einer solchen Entscheidung entgegenstehen. "Der relevante Unterschied zu ihren männlichen Sportkollegen liegt nicht so sehr in der sportlichen Leistungsfähigkeit, sondern in den zu erwartenden Problemen bei einem typischen Skiflugsturz, wie ihn Daniel Andre Tande oder Thomas Morgenstern in jüngster Zeit erlebt hatten", schrieb der Vorarlberger.

Der 64-Jährige sieht ein höheres Verletzungsrisiko durch weniger Muskelanteil bei Frauen und das bei erhöhter Anlaufgeschwindigkeit beim Skifliegen, was die Aufprallwucht vergrößere. Ein verantwortungsvolle Beurteilung könne laut Innauer nicht stattfinden, "wenn physikalisch-biomechanische Zusammenhänge und Unterschiede und die dadurch drohende Gefahr fahrlässig negiert werden und schwerpunktmäßig eine Gleichstellungsdebatte daraus gemacht wird".

Zustimmung

Zuspruch erhält Innauer von Nicola Werdenigg. Die ehemalige Skifahrerin äußerte sich auf Twitter ausführlich zu sportwissenschaftlich untersuchten, physischen Unterschieden zwischen Frauen und Männern und erachtet eine Prüfung juristischer Grundlagen als wichtig.

"Es geht ja nicht darum, dass Frauen die Voraussetzungen zum Skifliegen nicht mitbringen. Es geht um ein erhöhtes Risiko bei Stürzen. Da ist Physik im Spiel und die entscheidet nicht nach Geschlecht." Für Werdenigg ist Skifliegen "kein Gleichbehandlungsthema, es ist ein Sicherheitsthema, das vorab gründlich erforscht werden muss, am besten auch von Frauen aus unterschiedlichen Disziplinen". (vet, 24.7.2022)