Theatermacher und Autor Xaver Schumacher aka Franz-Xaver Franz, hier in seinem Talkformat "Postmodern Talking"

Foto: Postmodern Talking

Wien – "Wow, ich hab mich echt seit sehr langer Zeit nicht mehr so unwohl gefühlt": Auf Facebook beschreibt der Theatermacher und Autor Xaver Schumacher aka Franz-Xaver Franz, was er vorige Woche beim Casting für ein neues Impro-Comedy-Format erlebt hat, das im Herbst in ORF 1 laufen soll. Er schreibt von Formaten, die "so deppat" seien, dass es "unmöglich ist was Witziges und Geistreiches und Relevantes zu machen".

Die Zitate übernehmen die durchgängige Kleinschreibung Schumachers in seinem Facebook-Post zum Casting.

"Schlechte Bezahlung das kleinste Problem"

"von den kandidat*innen wird sehr viel zeit & arbeit für die show verlangt, die mit einer 'aufwandtsentschädigung' abgelichen werden soll. aber hey, der hauptpreis ist, dass man bei weiteren produktionen dabei sein darf, es ist das prekariatscasting fürs life long praktikum", schreibt Schumacher auf Facebook: "manche kolleg*innen gehen deswegen gar nicht hin, und ich schäm mich fast, weil ichs doch tu. naja... da wußte ich noch nicht, dass schlechte bezahlung das kleinste problem sein sollte an der sache."

In der ersten Impro-Challenge ging es um Tanzen, als "angefickelt" wird ihm die Stimmung beschrieben, und dann lachend als "angewoked", schildert der Schumacher: "ich hab gehofft, dass es zumindest fünf minuten dauern wird, bis ich den ersten woke-spruch höre, aber das war zu viel verlangt. es gibt eben diese menschen, die 17 mal am tag "woke" sagen müssen, es ist so eine art zwang oder fixierung, psychologisch spannend vielleicht hat es was mit evolution zu tun."

Vor ihm tanzen nun zwei Männer mit eindeutigen Posen. Schumacher: "mir wird klar, ich hab genau zwei optionen: entweder mache ich einen witz über schwule oder über sexuelle übergriffe. wow, ich hab mich echt seit sehr langer zeit nicht mehr so unwohl gefühlt. nachdem ich einfach weiter tanze ist die challenge gleich wieder vorbei."

"Das ist mein Ibiza-Video"

Dann soll Schumacher einen italienischen Koch spielen: "und ich machs! ich muss zu meiner rechtfertigung sagen, als österreicher hast du dieses rassimus-gen in dir, quasi reflex. das haben die natürlich gewußt und jetzt haben sie dieses material von mir, es wurde ja alles aufgezeichnet, das ist mein ibiza-video!"

Bei Hänsel und Gretel soll er die Gretel spielen: "so richtig 'weiblich' sein 'in meiner körperlichkeit', sagt mir der impro trainer". Und dann noch Sätze finden, "die ein mann beim schönheitschrirurgen nicht hören will. ein mann! beim schönheitschirurgen! los gehts!" Und der Impro-Trainer fange gleich an mit: "noch kürzer?"

"Rein physikalisch unmöglich, was Witziges zu machen"

Schumachers Fazit: "wenn unbezahlte arbeit das geringste problem an einer sache ist, weißt du, das echt ordentlich was falsch läuft. nämlich der ganze apperat. und das offensichtlich auf einem level, wie mans nicht glauben mag. aber weil halt auch kein halbwegs bei trost seiender mensch unter 65 lineare fernsehcomedy schaut, interessierts halt keinen was da abgeht. und weil das prekariat auch im kabarett-bereich extrem ist, und man eh bereit ist alles zu tun für seinen lebenstraum, finden sich immer junge leute, die zwar einen 100 mal so guten humor haben wie diese typen, aber sich genau diesen humor kaputt machen lassen, indem sie in formate gedrängt werden, die auf allen ebenen so deppat sind, dass es rein physkalisch unmöglich ist irgendwas witziges und geistreiches und relevantes zu machen."

Stefanie Sargnagel postete etwa unter Schumachers Eintrag über die ORF-Anfrage für das Comedy-Format: "ich fühl mich von der mail erst nicht mehr gedemütigt wenn sie roland düringer auch angefragt haben."

ORF bestätigt neues Format

Ein ORF-Sprecher bestätigt das neue Format auf Anfrage: "Der ORF hat österreichische Comedytalente mit Bühnenerfahrung in eine mehrteilige Comedyshow, die im Herbst in ORF 1 zu sehen sein wird, eingeladen. Die Comedians werden sich verschiedenen Aufgaben/Themen stellen und mit ihrer kreativen Umsetzung das Publikum unterhalten. Wer am Ende am besten überzeugen konnte, der beziehungsweise dem winken weitere TV-Auftritte." (fid, 24.7.2022)