In der 37. Austrian Bowl prallen die Vienna Vikings auf die Danube Dragons. Die Zeichen stehen auf Offensivspektakel.

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Dragons-Defensive Back Keith Peavy ist in der AFL nur schwer aufzuhalten.

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Die erste Mannschaft der Vikings hält in der ELF bei sieben Siegen ohne Niederlage, gegen die Barcelona Dragons gab es einen 27:20-Erfolg.

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Die Bilanz der Raiders Tirol in der ELF: Vier Siege, drei Niederlagen. Gegen die Vikings setzte es eine 13:29-Niederlage. In der AFL hingegen gab es nicht ein Erfolgserlebnis für die Tiroler.

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Christoph Seyrl hat einen Leitgedanken. "Kontrolliere, was du kontrollieren kannst. Und lass los, was du nicht verändern kannst." Also konzentriert sich Seyrl auf seine Hausaufgaben. Eine davon heißt Austrian Football League (AFL) und ihr Kulminationspunkt, die Austrian Bowl, das Finale um den österreichischen Meistertitel. "Im Football wird viel ins Ausland geschaut, dabei erleben wir gerade die spannendeste AFL-Saison ever", sagt Seyrl.

Seyrl ist Generalsekretär des American Football Bundes Österreich (AFBÖ), und er verheißt eine große Party am Samstag in der NV-Arena in St. Pölten, wo es in der 37. Auflage der Austrian Bowl zum ersten Mal ein Wiener Derby geben wird, wenn die Danube Dragons auf die Vienna Vikings treffen (19 Uhr, live ORF Sport +). "Football hat nach der Corona-Krise wirklich einen Riesenschritt nach vorn gemacht, die Popularität wächst weiter, es gibt keine Zweiklassengesellschaft mehr in der AFL."

Die Danube Dragons, die vor elf Jahren von Niederösterreich nach Wien übersiedelten, haben in dieser Saison in zehn Spielen zehn Siege geholt und visieren den zweiten Titel in der Vereinsgeschichte nach 2010 an. Im Playoff ließen die Donaufelder Sensationsaufsteiger Telfs Patriots keine Chance. Dass die Vienna Vikings als Rekordmeister ihren 16. Sieg in der Austrian Bowl feiern könnten, ist durchaus bemerkenswert, spielen die Simmeringer doch mit ihrem zweiten Anzug. 30 Spieler wechselten in die erste Mannschaft, die international in der European League of Football (ELF) gegen stärkere Konkurrenz aus Deutschland, Polen und Spanien antritt.

Tiroler Probleme

Die ELF ist Fluch und Segen zugleich für den österreichischen Football. "Man braucht nicht um den heißen Brei herumreden, das Gesamtniveau der heimischen Liga ist zurückgegangen", sagt Michael Hönig, Coach der Danube Dragons. "Wenn du die 60 besten österreichischen Spieler an die ELF verlierst, dann macht sich das bemerkbar. Deshalb umso mehr Hut ab vor unserem Finalgegner." Die Vikings können aus einem großen Reservoir schöpfen, zählen etwa 270 Nachwuchsspieler, ein Vorteil gegenüber dem zweiten Team in der ELF, dem achtfachen österreichischen Champion Raiders Tirol. Die Innsbrucker sind in der ELF gut unterwegs, in der heimischen Liga ziert man nach einer sieglosen Saison jedoch das Tabellenende. Die AFL wurde auf zehn Teams aufgestockt, in den ersten beiden Jahren gibt es keinen Ab- oder Aufsteiger.

Verbandspräsident Michael Eschlböck übte in der Vergangenheit Kritik an der ELF. "Das ist eine rein private Geschichte, es gibt kein Regulativ zwischen dem europäischen Verband und der ELF. Diese Liga schöpft den Rahm ab, ohne dass sie dem Amateurfootball auch nur das Geringste zurückgeben will." Generalsekretär Seyrl sieht "nicht die Auswirkungen, die wir befürchtet haben", spricht aber auch nicht von einem friktionsfreien Verhältnis. Die ELF schüttet Spielergehälter aus, ein wichtiger Schritt in Richtung Professionalisierung. Im heimischen Football zahlen Aktive Mitgliedsbeitrag. Was die ELF langfristig plant, kann Seyrl nicht beeinflussen.

Boom hält an

Mit dem Einstieg in die (semi-) professionelle Liga steigt aber auch das Niveau. Waren bisher in Österreich lediglich zwei US-Imports erlaubt, dürfen Teams in der ELF jetzt vier Amerikaner (zwei gleichzeitig auf dem Feld) und acht Europa-Legionäre haben. Für den heimischen Nachwuchs ergeben sich in der AFL mehr Chancen auf Einsatzzeit.

Dass Football in Europa boomt, zeigte vor kurzem der Ticketverkauf für das NFL-Spiel zwischen den Tampa Bay Bucaneers und den Seattle Seahawks im November in München. Die Partie in der Allianz-Arena war innerhalb einer Stunde ausverkauft, fast eine Dreiviertelmillion Menschen befanden sich in der digitalen Warteschlange und hofften vergebens darauf, Tom Brady das Eierlaberl werfen zu sehen.

Sorgen bleiben

Seyrl wünscht sich, dass mehr NFL-Fans auch bei Spielen in der heimischen Liga vorbeischauen. "Im Fußball gibt es auch Leute, die sich Champions League und Bundesliga geben. Entweder ich bin Fan von einer Sportart oder nicht."

Dass auch in Österreich vergleichsweise gut Football gespielt wird, beweist Nico Hrouda. Der 19-jährige Wiener hat sich aus dem eigenen Nachwuchs zum Starting Quarterback der Vienna Vikings hochgearbeitet, einer Skill-Position, die im Normalfall Legionären aus den USA vorbehalten ist. "Er hat eine große Zukunft vor sich", sagt Vikings-Coach Ivan Zivko. Im Grunddurchgang gewannen die Dragons das Wiener Derby in einer offensiven Partie mit 57:42.

Bei der Austrian Bowl in St. Pölten werden 5000 Zuschauer erwartet, es gibt eine Halftime-Show, und der Rasen sollte im Gegensatz zum Vorjahr, als das Finale wegen Unbespielbarkeit des Grüns abgesagt und nach Innsbruck verlegt werden musste, keine Probleme bereiten. Das Thema ELF wird Österreichs Footballer weiter beschäftigten. Beim letzten Liga-Meeting wollten zwei Vereine nicht über Themen wie Ausbildungsentschädigung oder ein Regelwerk für Vereinswechsel diskutieren. Hönig: "Entscheidend wird sein, wie die Teams den personellen Aderlass kommende Saison wegstecken und wie fair es am Transfermarkt zugeht." Die Dragons mussten bislang "nur" drei Spieler ziehen lassen. Das Finale der ELF findet übrigens Ende September in Klagenfurt statt. (Florian Vetter, 30.7.2022)