Angesichts hoher Energiekosten ist Heizen schon im Hochsommer ein großes Thema.

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Die hohen Energiekosten bringen in Deutschland den einen oder anderen Vermieter schon auf kreative Ideen: Nun hat die Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde in Sachsen die Versorgung mit Warmwasser "kurzfristig" gedrosselt. Die "Betriebszeiten" für Heizung und Warmwasser werden in den rund 600 Mietwohnungen des Unternehmens laut einem auf Facebook geposteten Aushang angepasst. Warmes Wasser kommt von Montag bis Sonntag nur noch zwischen 4 und 8 Uhr morgens aus der Leitung, außerdem zwischen 11 und 13 Uhr und zwischen 17 und 21 Uhr, am Wochenende schon ab 16 Uhr.

In den Zwischenzeiten und in der Nacht bleibt das Wasser kalt. Die Heizung wird heuer außerdem erst im September aufgedreht. Der deutsche Mieterbund sieht das kritisch und betont laut Medienberichten die Möglichkeit einer Mietminderung, wenn es nicht 24 Stunden am Tag warmes Wasser gibt. Auch auf der Facebook-Seite der Wohnungsgenossenschaft Dippoldiswalde hagelt es aktuell kritische Kommentare dazu. Bei den Mieterinnen und Mietern selbst soll es aber Verständnis für die Situation geben, zumindest laut Unternehmensangaben.

Die Genossenschaft begründet den Schritt mit der hohen Vorleistung, in die sie die Energiekosten zwingen würden. Statt bisher 100.000 Euro seien das heuer 400.000 Euro beim örtlichen Energieversorger gewesen. Sie könnten die Kosten erst mit der Betriebskostenabrechnung 2022, die im kommenden Jahr gelegt wird, zurückverlangen.

Kein Heizen im Sommer

Auch die Wohnungsgenossenschaft der Stadt Coburg kiefelt an den hohen Preisen und hat laut Medienberichten nun im Sommer das Gas für die Heizung in ihren 2.800 Wohnungen abgedreht. In den Häusern kann also jetzt im Sommer nicht geheizt werden, Warmwasser gibt es aber uneingeschränkt. Damit will man verhindern, dass Heizungen sich in kühleren Sommernächten einschalten, wenn das Fenster offen steht. Eine Mindesttemperatur von 18 Grad soll aber nicht unterschritten werden.

Der deutsche Immobilienkonzern Vonovia hat bereits angekündigt, die Heizungstemperatur in der kalten Jahreszeit über Nacht auf 17 Grad abzusenken. Tagsüber kann aber wie gewohnt geheizt werden. Auch der nach Vonovia zweitgrößte deutsche Wohnungskonzern, LEG Immobilien, stimmt die Mieterinnen und Mieter bereits auf einen "Wärmeverzicht" ein. Es brauche für den Winter die gesetzliche Möglichkeit, die Temperatur stärker als bisher abzusenken.

In Österreich schüttelt man angesichts solcher Überlegungen – noch – den Kopf. Auch weil die rechtliche Situation eine andere ist: Der Hauptmieter hat üblicherweise einen Energievertrag mit einem Energieversorgungsunternehmen, die Vermieterin hat also gar nicht die rechtliche Befugnis, hier einzugreifen. Anders etwa in Dippoldiswalde, wo die Genossenschaft für ganze Häuser Energie bezieht und dann – so wie hierzulande die Betriebskosten – über Vorschreibungen abrechnet.

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Ökoschaltung und Nachtabsenkung

Bei Zentralheizungen kann auch in Österreich die Leistung gemindert werden, und davon wird im Sommer auch Gebrauch gemacht, etwa bei Wien Süd, bestätigt der Obmann der Genossenschaft, Andreas Weikhart. Viele Anlagen haben eine Ökoschaltung, durch die sich die Heizung ab einer bestimmten Außentemperatur abdreht. In den restlichen Häusern könne die Heizung von der Zentrale aus abgeschaltet werden, zwischen Mai und September geschehe dies auch je nach Witterung.

Zudem ist in vielen Anlagen eine Nachtabsenkung einprogrammiert. Diese Maßnahmen wurden von Wien Süd allerdings allesamt schon vor der aktuellen Krise ergriffen, sagt Weikhart. Zur Frage, ob ein Vorgehen wie in Deutschland auch bei uns möglich sei: "Nichts ist undenkbar, allerdings glaube ich, dass ein solcher Schritt unwahrscheinlich ist." Für die Wien Süd stelle sich die Frage nicht.

Grobe Orientierung

Zumal Mieterinnen hierzulande auch das Anrecht auf eine angemessene Raumtemperatur in der Wohnung haben, auch wenn eine Mindesttemperatur mietrechtlich nicht festgelegt ist. Allerdings gibt es vereinzelte Entscheidungen von Landesgerichten, dass bei einer Raumtemperatur, die 17 bis 18 Grad nicht erreicht, eine Mietzinsminderung in geringem Ausmaß infrage kommt, erklärt der Jurist Wolfgang Kirnbauer vom Mieterschutzverband.

Ist die Wohnung zu kalt, kann vom Vermieter eine Mietminderung eingefordert werden. "Die Frage ist aber, in welchem Ausmaß", sagt Kirnbauer. Bislang würden die Gerichte bis hin zum OGH dabei "sehr mathematisch" vorgehen, also erst würde ein Mietzinsminderungsgrad bemessen und dann die Frage gestellt, für wie viele Tage im Monat bzw. Stunden am Tag.

Fehlen Warmwasser und Heizung in der kalten Jahreszeit, könne das bis zur völligen Mietzinsbefreiung gehen: "Betrifft das dann nur ein paar Stunden am Tag und zu Zeiten, wo es ohnedies verkehrsüblich ist, weniger zu verbrauchen, dann bleibt nicht mehr so viel Minderungsgrad übrig", sagt Kirnbauer.

Spannend dürfte in einem Extremfall auch die Frage werden, wer das Risiko der Energieknappheit zu tragen hat. Höhere Gewalt ging – nach bisheriger Rechtsprechung – zulasten des Vermieters, sagt Kirnbauer: "Aber in besonderen Zeiten weiß man nie genau, wie sich die Rechtsprechung verhalten wird." (Bernadette Redl, Franziska Zoidl, 27.7.2022)