Ehe vor 66 Millionen Jahren ein kilometergroßer Asteroid rund 75 Prozent aller damaligen Arten von der Bühne fegte, waren die Vorfahren der heutigen Pinguine noch fähige Flieger. Keine sechs Millionen Jahre nach dem welterschütternden Einschlag hatten sich die watschelnden Frackträger bereits zu jenen wasserliebenden Schwimmern und Tauchern entwickelt, die wir heute kennen. Allenfalls in ihrer Größe unterschieden sie sich von den modernen Vertretern dieser Vogelordnung: Die größten der damaligen Pinguinarten erreichten Menschengröße und ein Gewicht von bis zu hundert Kilogramm, wie einige beeindruckende Funde der letzten Jahre belegen.

Wechselhafter evolutionärer Pfad

Eine im Fachjournal "Nature Communications" vorgestellte und auf umfangreichen genetischen Analysen basierende Studie zeichnet nun den evolutionären Weg nach, den die Urpinguine seither genommen haben. Ein internationales Team um Theresa L. Cole von der dänischen Universität Kopenhagen untersuchte dafür insgesamt 27 Genome aller rezenten und einiger ausgestorbener Pinguinarten und verglich sie mit Erbanlagen anderer Vögel wie Pelikane und Albatrosse.

Eine der frühen Pinguinarten, Crossvallia waiparensis, erreichte eine Höhe von 160 Zentimetern.
Illustr.: Canterbury Museum

Der Ursprung aller modernen Pinguine lag demnach vor etwa 60 Millionen Jahren auf Zealandia, einem mittlerweile versunkenen Kleinkontinent vor der Küste Australiens, von dem heute nur mehr Neuseeland aus dem Ozean ragt. Forscherinnen und Forscher gehen davon aus, dass die Urpuinguine von dort aus nach Südamerika und in die Antarktis ausgewandert sind. Vor etwa 30 bis 40 Millionen Jahren breiteten sich spätere Gruppen wahrscheinlich mithilfe des Antarktischen Zirkumpolarstroms aus, einer starken ringförmigen Meeresströmung um Antarktika.

Abkühlung im Miozän

Ihre Fähigkeit zu fliegen verloren die Pinguine der Studie zufolge noch vor der Bildung der polaren Eisschilde. Damals waren sie wohl schon gute Schwimmer, und die energieraubende Notwendigkeit, sich in die Lüfte zu erheben, wurde zunehmend obsolet. Dennoch fungierten globale Temperaturänderungen als wichtiger Motor für die weitere Evolution der Pinguine. So fällt die Ausdehnung der Gletscher in der Antarktis während des mittleren bis späten Miozäns, einer Ära vor etwa 5,3 bis 16 Millionen Jahren, die durch eine signifikante globale Abkühlung gekennzeichnet war, mit der Entstehung moderner Kronenpinguine zusammen.

"Mit unserer Studie gelang es, das Verständnis darüber zu verbessern, welche Gene für die unterschiedlichen Anpassungen verantwortlich sind", sagt Richard Phillips, ein Seevogelökologe bei British Antarctic Survey und Koautor der Veröffentlichung. Beispielsweise sind einige Gene für die Verkürzung der Unterarmknochen verantwortlich, während andere die Federn von Pinguinen reduzierten, was letztlich dazu führte, dass die Vögel regelrechte Flossen entwickelten. Andere Gene halfen den Pinguinen dabei, weißes Fett zu speichern, das als Isolator und Energiequelle fungiert und den Vögeln ermöglicht, in kalter Umgebung zu überleben.

Moderne Pinguine (im Bild ein Königspinguin) dürften vor rund 15 Millionen Jahren entstanden sein.
Foto: REUTERS/Michael Buholzer

Schlechte Karten für die Frackträger

Die Art und Weise, wie ausgestorbene Pinguinarten in der Vergangenheit auf klimatische Veränderungen reagiert haben, könnte auch Aufschlüsse darüber geben, wie heutige Pinguine mit dem aktuellen Klimawandel zurechtkommen – nämlich großteils ziemlich schlecht. Schon jetzt wird die Hälfte aller lebenden Pinguinarten auf der Roten Liste der bedrohten Arten der IUCN als gefährdet oder bedroht eingestuft.

Eines der Ergebnisse der aktuellen Studie weist darauf hin, dass sich die Evolutionsrate der Pinguine bei steigenden Temperaturen verlangsamt. Inzwischen könnte der Klimawandel zu schnell ablaufen, um den Pinguinen eine Chance zu geben, sich anzupassen. "In den vergangenen 60 Millionen Jahre haben sich diese ikonischen Vögel zu hochspezialisierten Meeresräubern entwickelt und sich an einige der extremsten Umgebungen der Erde angepasst", schreiben die Autoren. "Mittlerweile aber wurden sie zum Symboltier für die Verwundbarkeit der kälteangepassten Fauna in einer sich rasch erwärmenden Welt." (tberg, 25.7.2022)