Sarina Wiegman soll England ins Finale führen.

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EM-Halbfinale im Ticker: England vs. Schweden, Di., 21 Uhr

Vor dem Traumfinale im Wembley gegen Deutschland oder Frankreich am Sonntag baut sich am Dienstag (21 Uhr, ORF 1) vor 30.000 Fans an der Bramall Lane in Sheffield in Schweden das erfolgreichste europäische Team der vergangenen Jahre vor den Engländerinnen auf. Die Schwedinnen sind mit Ausnahme der erst im Elfmeterschießen erlittenen Niederlage gegen Kanada im olympischen Finale von Tokio seit März 2020 ungeschlagen.

Die Mühe, die die Truppe von Coach Peter Gerhardsson beim 1:0 über Belgien im Viertelfinale hatte, relativiert sich bei Betrachtung der Statistik: 34 Torschüsse gaben die Schwedinnen in nervenaufreibenden 94 Minuten ab. "Es wird eine interessante Herausforderung für uns, sagte Gerhardsson vor der Partie in Sheffield und ließ damit anklingen, dass er die Favoritinnen zu coachen vermeint.

Andererseits sind die Engländerinnen, die mit drei Siegen und 14:0-Toren durch die Vorrundengruppe mit Österreich fegten und im Viertelfinale die starken Spanierinnen mit 2:1 in der Verlängerung niederrangen, auch schon 18 Länderspiele en suite ungeschlagen. Eine andere Serie gibt dem Verband FA noch mehr Zuversicht, den ersten Titel bei internationalen Meisterschaften seit dem WM-Heimtriumph der Männer 1966 einfahren zu können.

Löwin auf der Bank

Trainerin Wiegman hat ihre letzten zehn Turnierspiele gewonnen, schließlich führte die Niederländerin ihre Landsfrauen zum Titel bei der Heim-EM 2017. Die Welttrainerin aus Den Haag führte die "Oranje Leeuwinnen" danach auch noch ins Finale der WM 2019, in dem sich die USA rund um Kapitänin Megan Rapinoe und Starstürmerin Alex Morgan doch als zu stark erwies und in Lyon mit 2:0 siegte. Im September 2021 zog Wiegman weiter und löste Phil Neville in der Betreuung der Three Lionesses ab. Das Ziel: Erster Titel im dritten EM-Finale nach 1984 (Niederlage in Hin- und Rückspiel gegen Schweden) und 2009 (2:6 gegen Deutschland).

Wiegman wusste um die Größe der Aufgabe. "Es gibt viele Favoriten bei der EM, wir sind nur einer davon. ", sagte die 52-Jährige, die als erste Niederländerin selbst mehr als 100 Länderspiele bestritten hatte. Erst 2001 und nach 104 Partien war für die langjährige Kapitänin Schluss gewesen.2003 trat sie infolge ihrer zweiten Schwangerschaft vom aktiven Sport zurück. Danach trieb die mit dem Trainer Marten Glotzbach verheiratete Mutter zweier Töchter die Entwicklung des Frauenfußballs in ihrer Heimat voran. Bei ihrem früheren Klub Ter Leede stieg sie mit dem Gewinn des Doubles aus Cup und Meisterschaft erfolgreich ins Trainergeschäft ein – noch in Teilzeit neben ihrem Beruf als Sportlehrerin.

Kühler Kopf

Es folgte der Wechsel zu Den Haag und 2012 das nächste Double. 2014 engagierte sie der niederländische Verband KNVB als Assistentin für das Nationalteam, das sie Anfang 2017 als Chefin übernahm. Zu diesem Zeitpunkt war sie bereits im Besitz des Uefa-Pro-Lizenz, die Ausbildung hatte sie 2016 als erst dritte Niederländerin abgeschlossen, um als erste Frau in ihrer Heimat im Männerfußball arbeiten zu können – als Assistenztrainerin bei Sparta Rotterdam.

Wiegman, die nach einem positiven Coronatest erst seit dem Wochenende wieder das Training der Engländerinnen leitet, ist dem Erwartungsdruck der Nation locker gewachsen. Ein kühler Kopf im heißen Sheffielder Halbfinale ist auch Sara Telek zu wünschen. Die 33-jährige Wienerin unterstützt wie schon im Vorrundenspiel zwischen Deutschland und Dänemark die Schweizer Schiedsrichterin Esther Staubli als Assistentin an der Linie. (Sigi Lützow, 25.7.2022)