Daniil Medwedew gewann im Dezember 2019 das Einladungsturnier in Saudi-Arabien. Geht es nach den Reichels, soll es künftig weitere Events geben – und um Ranglistenpunkte gehen.

Foto: APA/AFP/FAYEZ NURELDINE

Im kommenden Spätherbst soll wieder ein Tennis-Einladungsturnier in Saudi-Arabien stattfinden. Die Vermarktungsagentur Reichel Business Group der Oberösterreicherin Sandra Reichel und deren Vater Peter-Michael Reichel plant die Veranstaltung. "Wir sind kurz davor, es zu finalisieren", sagte Sandra Reichel am Rande der Hamburg European Open dem STANDARD.

Bereits vor drei Jahren fand die erste Auflage des Diriyah Tennis Cup östlich der Hauptstadt Riad statt. "Dann kam Covid. Jetzt sind wir wieder im Spiel", sagte Reichel: "Im Tennis liegt Potenzial, der Sport ist in Saudi-Arabien noch kaum bis gar nicht präsent."

Demnach soll es ernsthafte Bestrebungen seitens des Sportministeriums in Saudi-Arabien geben, in Zukunft auch ein Ranglistenturnier auszutragen. Reichel: "Wir arbeiten daran, dass wir in Zukunft auch die Frauen nach Saudi-Arabien bringen." Möglich ist in jedem Fall, zumindest Frauenmatches bei der Exhibition im Spätherbst zu inkludieren.

Gespräche über Ranglistenturniere

Peter-Michael Reichel bestätigte der "New York Times", sich für die Verlegung eines bestehenden Männerturniers nach Saudi-Arabien eingesetzt zu haben. Dies habe zunächst nicht funktioniert, "hoffentlich schaffen wir es nächstes Jahr", sagte Reichel. Zudem stehe er inmitten von Diskussionen mit der WTA-Tour.

Dass die Frauentour tatsächlich nach Saudi-Arabien geht, wäre zumindest politisch eine interessante Entscheidung. Zuletzt kehrte der Verband nach der Causa Peng Shuai China den Rücken. Die chinesische Spielerin erhob Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen ein ranghohes Mitglied der Kommunistischen Partei. Bis heute sorgt sich die WTA um die Sicherheit Pengs. Bis auf weiteres will sie deshalb keine Turniere in China abhalten, obwohl das Land mit hochdotierten Events in den vergangenen Jahren ein zentraler Markt war. Peter-Michael Reichel sieht keine politischen Bedenken, sollten ausgefallene Turniere in Saudi-Arabien stattfinden.

"Ich will den Vergleich nicht ziehen, weil China ein Spezialfall ist, es geht um sexuellen Missbrauch einer unserer Spielerinnen", sagte er. "Saudi-Arabien ist ein Markt, der sich für Frauen öffnet und Frauen unterstützen möchte. Das ist ein gutes Zeichen."

Linz im Februar

Jedenfalls fix scheint, dass es im kommenden Herbst kein WTA-Turnier in Linz geben wird. Die Upper Austria Ladies Linz sollen auf einen Termin im Februar verlegt werden, sagte Sandra Reichel dem STANDARD. Bis spätestens Anfang August soll es von der WTA die Bestätigung für den Termin geben.

Das Linzer Turnier soll nun zwei Wochen nach den Australian Open stattfinden und damit Teil einer kurzen Hallen-Saison in Europa werden. Im Jahr 1998 fand das Turnier in Linz bereits im Februar statt, damals wurde anstatt auf Hartplatz noch auf Teppich gespielt.

Der Termin im Oktober, den Linz seither hatte, sei nicht ideal gewesen, sagte Reichel. Weil zuvor Events in Asien stattfanden, gab es viele kurzfristige Absagen. "Die Zeitumstellung am Ende der Saison war einfach zu heftig für die Spielerinnen. Für uns ist der Februar besser."

WTA

Die feine und die finanzielle Art

Absagen sind für Turnierveranstalter häufig ein Problem. Zunächst werden prestigeträchtige Namen verpflichtet, kurzfristig sagen sie aber ab, obwohl mit ihren Gesichtern Werbung für das Turnier gemacht wird und Tickets verkauft werden. Zuletzt sagten beim ATP-Turnier in Kitzbühel mit Casper Ruud und Matteo Berrettini zwei Grand-Slam-Finalisten und die beiden Topgesetzten ab.

Auch Reichel musste bei den Hamburg European Open etwa die verletzungsbedingte Absage der Nummer eins Danielle Collins hinnehmen. Nur äußerst kurzfristig, 15 Minuten vor Nennschluss, gelang ihr mit der Weltranglisten-Zweiten Anett Kontaveit eine Top-Verpflichtung.

Manche Spielerinnen und Spieler zeigen die feine Art, melden sich persönlich bei Reichel, um ihr abzusagen. Häufig kommt die Info über deren Management. Die trockenste und unpersönlichste Option ist eine offizielle Meldung an ATP oder WTA, die Verbände nehmen dann den Namen von der Liste.

Hinter der Verpflichtung von Topspielerinnen und Topspielern steckt viel Arbeit. Sie setze sich schon lange im Voraus Ziele, sagte Reichel, welche Aktiven sie für ihr Turnier gewinnen möchte. "Man muss ganzjährig in Kontakt bleiben." Dies war aufgrund der Corona-Pandemie zuletzt schwer möglich. Im Frühjahr reiste Reichel aber zum Turnier nach Miami, um persönliche Gespräche zu führen. "Das war sehr wichtig", sagte sie, fügte aber hinzu: "Am Ende des Tages zählt auch das Geld: Man muss ein Angebot machen." Wie hoch die Angebote für Hamburg lagen, will sie nicht verraten. Nur so viel: Für Männer müsse man eine höhere Antrittsprämie zahlen als für Frauen.

Tennis TV

Bestes Produkt für Fans

Über die Hamburg European Open zog Reichel, Turnierdirektorin seit 2019, zufrieden Bilanz. Bei den Frauen setzte sich die formstarke US-Amerikanerin Bernarda Pera durch, bei den Männern überraschte Lorenzo Musetti im hochklassigen Endspiel gegen Carlos Alcaraz. Rund 55.000 Zuschauerinnen und Zuschauer kamen an neun Turniertagen auf die Anlage am Hamburger Rothenbaum. Die Resonanz von Fans, Sponsoren und Partnern sei "überwältigend" gewesen. Finanziell laufe es "auf eine schwarze Null hinaus", sagte Reichel.

Bernarda Pera schlug im Finale die Weltranglistenzweite Anett Kontaveit.
Foto: IMAGO/Mathias Schulz

Turnierbotschafterin Andrea Petkovic sagte mit einem Augenzwinkern: "Die zwei megaheißen Tage (mit neuen Rekordtemperaturen, Anm.) halfen niemandem. Aber wir arbeiten daran, auch meteorologisch besser zu werden." Das gemischte Turnier mit Frauen- und Männerbewerb sei "das beste Produkt für Tennisfans".

Im nächsten Jahr ist ein weiteres Combined Event geplant, danach dürfte Reichels Agentur wohl die Lizenz am Männerturnier verlieren. Der Deutsche Tennis Bund ist Lizenzhalter, dem Vernehmen nach bemüht sich dieser um ein ATP-Masters-Turnier auf Rasen. (Lukas Zahrer, 25.7.2022)