Fällt die Quarantäne weg, wird Masketragen als Schutzmaßnahme wieder deutlich wichtiger.

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Das Aus der Quarantäne ruft recht unterschiedliche Reaktionen hervor. Aus virologischer und epidemiologischer Sicht ist es aber wenig ratsam, eine Schutzmaßnahme aufzuheben, wenn die Zahlen gerade auf einen neuen Sommerhöhepunkt zusteuern. "Das ist eine rein politische Entscheidung", betont Herwig Kollaritsch, Infektiologe und Mitglied des Nationalen Impfgremiums (NIG).

Wie sich das auswirken wird, kann er nur vermuten, vor allem da man noch nichts Konkretes über die Umsetzung weiß. "Irgendetwas muss aber anstatt der Quarantäne kommen, wieder mehr testen oder verstärktes Masketragen, anders kann ich mir das nicht vorstellen. Sars-CoV-2 ist ja immer noch eine hochansteckende Infektionskrankheit. Und so wie bei anderen Krankheiten auch müssen wir die Verbreitung überwachen, damit wir wissen, was in der Bevölkerung geschieht."

Das bestätigt auch Simulationsforscher Nikolaus Popper: "Wenn ich eine Maßnahme zurückfahre, muss ich etwas anderes zusätzlich tun, um die vulnerablen Gruppen zu schützen." Er pocht deshalb auf eine Gesamtstrategie, aus der ersichtlich wird, wo wir epidemiologisch stehen. "Nur dann kann man Prognosen im Modell gut rechnen." All das soll im Variantenmanagementplan festgeschrieben sein, der wiederum ist für morgen, Mittwoch, im Sommerministerrat angekündigt.

Was kann man aber tun, wenn die Quarantäne tatsächlich abgeschafft wird? Diese Frage ist vor allem für jene wichtig, die einer vulnerablen Gruppe angehören. Der einzige Schutz ist, noch mehr Maske zu tragen und größere Menschenansammlungen zu meiden. "Letzteres halte ich aber für sehr bedenklich, weil damit die soziale Isolation noch stärker wird", warnt Kollaritsch.

Keine Ländervergleiche

Den Vergleich mit anderen Ländern hält der Infektiologe in Bezug auf die Quarantäne für nicht zulässig: "Solche Vergleiche hinken immer. Portugal etwa hat eine deutlich höhere Impfquote als Österreich." Tatsächlich haben nur rund 60 Prozent hierzulande drei Impfungen und damit eine abgeschlossene Grundimmunisierung erhalten, bei vielen liegt der dritte Stich auch schon länger zurück. "Das heißt, wir sind in der unglücklichen Situation, dass wir zu wenige Impfungen haben bei gleichzeitig sehr hohen Infektionszahlen. Wenn man schon über das Aufheben der Quarantäne diskutiert, sollte man das in epidemiologisch ruhigeren Zeiten tun."

Die Aussage, man möge Sars-CoV-2 endlich wie jede andere Krankheit behandeln, wie die Influenza etwa, weist Kollaritsch sehr bestimmt zurück: "Das hieße, Äpfel mit Birnen zu vergleichen. Die Influenza ist deutlich weniger infektiös und weniger letal als Sars-CoV-2. Influenza-Wellen sind darüber hinaus konstant saisonal, kurz und heftig im Winter, dann hören sie auf. Das ist bei Corona völlig anders." Dazu komme weiters, dass man mit der Influenza über hundert Jahre wissenschaftliche Erfahrung habe. "Auch das ist bei Sars-CoV-2 völlig anders. Und wir wissen nicht, was eine neue Mutation bringen wird. Wir hinken dem Virus einfach immer hinterher, und das wird sich so schnell auch nicht ändern." (Pia Kruckenhauser, 25.7.2022)