Der frühere Vizekanzler Michael Spindelegger ist Präsident der AED.

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Hausdurchsuchungen in zwei Ministerien, eine Rechnungshofprüfung und eine Anzeige der Finanzprokuratur rund um Zahlungsströme der Agentur für europäische Integration und wirtschaftliche Entwicklung (AEI) haben den Umgang mit EU-Fördergeldern in Österreich vorige Woche ins Rampenlicht gestellt.

Kerngeschäft der AEI sind sogenannte Twinning-Projekte, bei denen Know-how der österreichischen Verwaltung in andere Länder exportiert wird. Die EU fördert das mit hohen Summen. Bei der AEI besteht der Verdacht, dass die Fördergelder missbraucht worden seien. Die Beschuldigten bestreiten das, es gilt die Unschuldsvermutung.

Wobei der St.-Georgs-Orden, aus dessen Reihen wie berichtet zwei frühere AEI-Aufsichtsratsmitglieder stammten, Wert darauf legt, nichts mit der Sache zu tun zu haben. Es gebe weder Naheverhältnis noch Zusammenarbeit, betont Ordensprokurator Vinzenz Stimpfl-Abele.

Ein ähnliches Geschäftsmodell wie die AEI verfolgt die Agency for Economic Cooperation and Development (AED); die Agentur war aufgrund ihrer ÖVP-Nähe bereits mehrfach Thema im aktuellen Untersuchungsausschuss. In ihrem Vorstand sitzt unter anderem Werner Suppan, der Rechtsanwalt der ÖVP. Und AED-Präsident ist der frühere ÖVP-Parteiobmann Michael Spindelegger.

Ministeriumsrücklagen

Wodurch die AED auffiel: Im Sommer 2020 soll Spindelegger bei mehreren Ministerien für eine Förderung geworben haben, wie aus Befragungen im U-Ausschuss hervorging. Das Wirtschaftsministerium habe den Antrag der AED mangels Budgetmitteln zunächst abgelehnt, räumte Michael Esterl, Generalsekretär im Wirtschaftsressort, vor den Abgeordneten ein. Daraufhin habe Spindelegger direkt im Finanzministerium vorgesprochen, und das dürfte auch Wirkung gezeigt haben. Jedenfalls wurde dem Wirtschaftsressort in der Folge eine "Mittelverwendungsüberschreitung" erlaubt, das heißt, es durfte mehr als vorgesehen ausgeben. Tatsächlich griff es dann auf seine Rücklagen zu, um die AED mit fast einer Million Euro zu fördern. Diese Fördersumme hat sich bis heute verdoppelt.

Das vom Ministerium geförderte AED-Programm heißt Best Practice Austria. Es sei "erfunden worden, um ein Mäntelchen für die Förderungen zu bekommen", sagt einer, der mit den Unterlagen vertraut ist. Esterl freilich lobte bei seiner Befragung die "großen Wertschöpfungseffekte", die die Arbeit der AED erzeuge.

Vom Ministerium beauftragte Wirtschaftsprüfer hatten am Gebaren der Agentur allerdings einiges auszusetzen, wie interne Akten aus dem Herbst 2021 zeigen. Zwar sei Best Practice Austria laut Prüfern "im Wesentlichen ordnungsgemäß und erfolgreich abgewickelt" worden; eine "uneingeschränkte Bestätigung der Vertragserfüllung" konnten sie jedoch nicht aussprechen. Das hatte mehrere Gründe: Unter anderem lag es an "Schwächen bei den Leistungsnachweisen" wie "fehlenden Zeitaufzeichnungen".

Fehlende Vergleichsanbote

Es sei auch "bemerkenswert, dass sich im Jahresbericht ein Projekt findet, welches vor der Förderperiode bereits unterschrieben wurde", merkten die Prüfer an. Außerdem seien nicht bei allen größeren Aufträgen Vergleichsangebote eingeholt worden.

Aus Sicht der Opposition ist vor allem pikant, dass einige gut dotierte Aufträge an die FAA Holding GmbH gingen, an der wiederum AED-Obmann Dieter Hampel früher beteiligt war. Auch an das Consulting-Unternehmen eines weiteren Vorstandsmitglieds flossen mehrere Tausend Euro. Kritik gab es von der Opposition auch am Gehalt des Obmanns, verdiente Hampel laut Prüfbericht in den ersten sechs Monaten 2021 doch fast 80.000 Euro. Hampel und FAA-Geschäftsführer Dieter Biron hatten einst laut eigenen Angaben die nun beschuldigte AEI gegründet und sie dem Vernehmen nach wegen Differenzen verlassen, um die AED aufzubauen. Eine Anfrage beantwortete Hampel nicht, da er auf Geschäftsreise sei.

Die AED sieht sich laut Eigendefinition jedenfalls als "gemeinnütziger Verein", der ein "Serviceprovider der österreichischen Verwaltung" sei, was EU-Projekte betrifft. Mitglieder sind fast alle Ministerien, dazu staatsnahe Unternehmen wie die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) und Organisationen wie die Industriellenvereinigung.

AEI und AED sollen miteinander jedenfalls jahrelang im Clinch gelegen haben. Dank der Ermittlungen gegen die AEI, der ein Entzug der Lizenz für EU-Projekte droht, könnte sich die AED womöglich über viele neue Aufträge freuen. (Renate Graber, Fabian Schmid, 26.7.2022)